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FODN - 68/01/2018
MENSCHEN AUS KALS
Von Petra Tembler
A
m 10. Jänner erwarteten mich
dann Inge und ihre Tochter Re-
nate in ihrem Haus in Unterburg
1, um nicht nur mir, sondern auch den
LeserInnen des Fodns die interessante
Geschichte einer Kalserin zu erzählen,
die ein Dreiviertel Jahrhundert in unse-
rer Gemeinde verbracht hat.
Wie ich gleich am Anfang unseres
Interviews erfuhr, ist Inges Dialekt ein
Relikt aus ihren frühesten Jahren, denn
sie wurde in Dresden (Sachsen) geboren.
Sie war ein Einzelkind und hatte schon
(vor fast einem Jahrhundert!) das frühe
Vergnügen, einen Kindergarten in der
Stadt zu besuchen. Es folgte die Volks-
schule bis zu ihrem 14. Lebensjahr, da-
nach eine Gewerbe- und Handelsschule.
Wer einmal nachrechnet, dem fällt auf,
dass Inges Jugend in die dunkle Epoche
der Hitler-Herrschaft fällt. Dies spiegelt
sich in ihrem Lebenslauf wider, denn
nach der Schule musste sie das soge-
nannte „Pflichtjahr“ antreten. In diesem
Jahr mussten die jungen deutschen Da-
men ihren Dienst am Vaterland leisten,
beispielsweise bei einem Bauer oder in
einer Fabrik. Inge arbeitete auf einer
Biberfarm, sie kümmerte sich um die
Tiere, deren Pelz damals als sehr wert-
voll galt.
Mit 15 Jahren kam Inge das erste Mal
nach Kals und hat dort ihren späteren
Mann Hermann Mussack (*1915) ken-
nengelernt, er war Kellner beim Ober-
wirt. Seine Schwester Julia war damals
die Pächterin des Gasthofs, bis deren
Mann Alois Schnell mit dem Bau der
Pension Alpenrose begann (1941). Her-
manns Vater kam als Oberlehrer nach
Kals und zog mit der Familie 1919 von
Wiesing hierher. Hermann hatte neben
Julia noch eine Schwester, nämlich
Anna (*1924, verheiratete Bacher, „Ba-
cher-Mame“).
Hermann versprach Inge, getrock-
nete Edelweiß mit der Post zu ihr nach
Dresden zu schicken und so entwickel-
te sich ein reger Briefverkehr zwischen
den jungen Leuten. Bald danach musste
Hermann zu Militär. Inge und ihre El-
tern besuchen ihn noch einmal in Ber-
lin, von wo aus er dann an verschiedene
Frontabschnitte (u.a. Frankreich, Grie-
chenland) geschickt worden ist.
Auch während dieser schweren Zeit
ebbte der Briefverkehr nicht ab und
so kam das eine zum anderen: Im Mai
1943 bekam Hermann Fronturlaub, um
seine Inge zu heiraten. Das junge Paar
verbrachte sechs gemeinsame Mona-
Zu Gast bei der an
Jahren reichsten Kalserin
Viele kennen die Mussack Inge (*12. Juni 1924) von ihren Spaziergängen in der Ködnitz. Bei
einem unserer gelegentlichen Wortwechsel ist mir aufgefallen, dass sie einen wenig typischen
„Kalser“ Dialekt spricht… und auch der Nachnahme „Mussack“ ist wohl kein gängiger in un-
serer Gemeinde. So nahm ich mir vor, diesen kleinen Rätseln der Mussack Inge auf den Grund
zu gehen.
Inge und ihre Tochter Renate in ihrem Haus in Unterburg