![Page Background](./../common/page-substrates/page0072.jpg)
72
FODN - 65/01/2017
BUNT GEMISCHT
Können auf der Klarinette.
Am Abend fand dann im Kulturcenter
der Stadt Canoinhas der nächste Auf-
tritt der Großglocknerkapelle statt. Vor-
her ein kurzer Soundcheck, die üblichen
Strom- und Tonprobleme wurden um-
gehend behoben und dann wieder die
bange Frage von Eike, wie viele Besu-
cher würden wohl kommen? Es standen
Stühle für ungefähr 500 Besucher be-
reit. Bereits lange vor Beginn herrschte
ein reges Kommen und Eikes Gesicht
wurde immer entspannter. Die Stühle
reichten bei Weitem nicht aus, alle Be-
sucher zu fassen. Die Gäste, viele davon
deutschstämmig, waren überwältigt
von der Musik der Kalser, klatschten
eifrig mit und forderten lauthals Zuga-
ben. Nach dem Auftritt kamen viele Zu-
hörer auf die Bühne und baten um ein
Foto mit der Großglocknerkapelle.
Am nächsten Tag hatte Eike zu einem
musikalischen Reigen in sein Restau-
rant geladen. Dieser Abend sollte ein
besonderes Highlight werden. Unser
Gastgeber hatte all seine Freunde und
Bekannten eingeladen und in dem klei-
nen, aber feinen Saal war eine beson-
dere Atmosphäre spürbar. Hingerissen
von der schwungvollen Musik ließen es
sich die Gäste nicht nehmen und tanz-
ten den einen oder anderen alpenländi-
schen Tanz mit. Wenn die Tanzschritte
oft auch etwas ungewohnt waren, so war
die brasilianische Freude an der Musik
spürbar und heraus kam brasilianischer
Samba gepaart mit tiroler Eleganz.
Es hat sich herumgesprochen, dass da
eine österreichische Musikgruppe un-
terwegs ist und so wurde kurzfristig der
Wunsch geäußert, ob es wohl möglich
wäre, einen kleinen Auftritt in einem in
der Nähe gelegenen Seniorenheim zu
absolvieren. Selbstverständlich tat die
Gruppe den Gefallen. Es wurde ein sehr
rührender und herzlicher Auftritt. Viele
der Besucher war europäischer Abstam-
mung und etliche davon sprachen noch
ein wenig deutsch. Bei einigen Melodi-
en sah man die Wehmut und Erinnerun-
gen in den Augen der Besucher und es
floss auch die eine oder andere Träne.
Dreizehnlinden - Treze Tilias
Am nächsten Morgen fuhren wir
weiter ins ca. 300 km südlich gelegene
Dreizehnlinden - Treze Tilias, für uns
ein mit besonderer Spannung erwar-
tetes Reiseziel. Dreizehnlinden wurde
1930 von Tiroler Auswanderern gegrün-
det. Auch die gesamte Familie Hanser
vom Rantschner in Staniska mit insge-
samt 14 Personen wanderte 1934 dort-
hin aus. Erhalten hat sich bis heute bei
den tirolstämmigen Einwohnern der
Tiroler Dialekt, für unserer Ohren sehr
ursprünglich und auch sehr ungewohnt.
Von den ca. 8000 Einwohnern haben
heute noch ca. 30% Tiroler Wurzeln.
Als wir dann in Dreizehnlinden ein-
fuhren, kamen wir aus den Staunen
nicht mehr heraus: Viele Blumen an der
Ortseinfahrt, Häuser im Tiroler Baustil –
oftmals mit kleinen Glockentürmen auf
dem Dach, vorbei an der Edelweißbar
und dem Gemeindehaus, weihnachtlich
geschmückten Palmen und im Zentrum
Hotels im alpenländischen Stil.
Bis vor 35 Jahren fristete der Ort ein
kärgliches Dasein, erst mit der Anbin-
dung ans Straßennetz im Jahr 1975 er-
hielt die Gemeinde einen wirtschaftli-
chen Aufschwung. Auch die Gründung
der Molkerei Tirol durch einen Vor-
arlberger Pfarrer trug wesentlich zum
wirtschaftlichen Erfolg bei. Heute ist
die Molkerei Tirol eine der Größten in
ganz Brasilien. Das zweite Standbein
der Gemeinde Treze Tílias ist, - wie
sollte es auch anders sein - der Tou-
rismus. Standesgemäß stiegen wir im
Hotel Tirol ab, die Begrüßung erfolgte
natürlich auf tirolerisch.
Wir erkundeten uns nach den Kal-
ser Auswandererfamilie Hanser vom
Rantschner und es wurde uns ein Tref-
fen mit Theresa Moser arrangiert. Die
Mutter von Theresa war eine geborene
Hanser und wanderte 1934 nach Drei-
zehnlinden aus. Wir trafen uns dann
abends im Hotel und es herrschte sofort
eine sehr herzliche Atmosphäre. Sie lud
Toni und mich am nächsten Tag zu ihrer
Familie nach Hause ein. Wir hatten ein
sehr interessantes und ausgiebiges Ge-
spräch. Sie erzählte uns viel von ihrer
Familie und den Mühen und Plagen des
Alltags, die die Kalser Auswanderer in
Dreizehnlinden erleben mussten.
Ihre beiden Töchter sind in der Wild-
schönau verheiratet und sie war dort
auch schon öfters zu Besuch. Von ihren
noch lebenden Geschwister ist nur mehr
eine Schwester in Dreizehnlinden an-
sässig, alle anderen sind über ganz Bra-
silien verstreut, es herrscht aber noch
regelmäßiger Kontakt zwischen den
Eike Bach (4. v.r.) mit Gattin und der Großglocknerkapelle
Denkwürdiges Gastspiel im Lindenhof [Dreizehnlinden]