Gemeindezeitung - page 34

Seite 34
Dölsacher Dorfzeitung
Februar 2015
Anfangsphasen berichten. Über Geröllhänge, riesige
Gletschermoränen, Restgletscher und Büßereisfelder
ging es also jeden Tag aufwärts, und der Weg be-
scherte uns immer wieder Mal wunderbare Blicke auf
das gesamte Gipfelmassiv, den beeindruckenden
„Polen-Hängegletscher“ sowie nach Nordwesten hin
traumhafte Ausblicke in die stark vergletscherten
5.000er- und 6.000er-Berge der dort verlaufenden
Anden-Gebirgskette.
Die Nächte in den Zelten aller Hochlager (Camp 1: ca.
4.950 m; Camp 2: ca. 5.000 m; Camp 3: ca. 6.000 m)
verbringt man – falls noch Lust bzw. ausreichend
Konzentration besteht – mit Lesen oder Kartenspielen.
Wettertechnisch verlaufen sie meist stark windig,
einige davon mit stundenlangen Sturmböen mit Ge-
schwindigkeiten bis zu mindestens 90 km/h, in denen
man subjektiv glaubt, jetzt und in derselben Sekunde
bricht das Zelt in sich zusammen bzw. der Sturm bläst
das Zelt samt „Inhalt“ über den nächsten Felsen. Auch
tagsüber ist es ab ca. 5.000 m fast immer stürmisch/
windig, wenngleich wir insgesamt gesehen großes
Wetterglück hatten. Nachdem ab ca. 4.000 m weder
an einem geruhsamen Schlaf zu denken und ab
5.000 m auch keine echten Erholungsphasen des Kör-
pers mehr stattfinden, fordert die Höhe allgemein so-
wie die große Kälte und die nahezu ununterbrochene
Wind- und Sturmtätigkeit auch eine gehörige Portion
mentale Stärke. So dauerten vor allem die Nächte –
teils mit Graupelschauern und Sturm – immens lange,
nachdem nur mehr stundenweises „dösen“ oder „ru-
hen“ möglich war. In den Tagen des Errichtens aller
drei Hochlager hatte so ziemlich jedes Mitglied
unserer Expedition Erfahrung mit der großen Höhe
gemacht und so kämpfte immer wieder Mal einer der
Aspiranten in den Ruhetagen mit den erwähnten Be-
gleitsymptomen der großen Höhe. Im Zelt bzw. im
Schlafsack hatte „Mann“ sich dieser Tatsache zu stel-
len, die Reaktion des Körpers abzuwarten und dieses
zu akzeptieren, was nicht immer einfach und unkom-
pliziert war. Ein Mitglied unserer Expedition sowie
zwei andere Aspiranten mussten schon im Basislager
mit den oben erwähnten Symptomen und zusätzlicher
Lungenbeteiligung, eben mit beginnendem „Höhen-
lungenödem“, mit dem Hubschrauber ausgeflogen
werden. Auch wir Vier hatten unsere Probleme bei der
Anpassung, jedoch glücklicherweise ohne Lungen-
bzw. Gehirnsymptome. Die Nahrungsaufnahme ist in
diesen großen Höhen nicht mehr ganz vorrangig, es
kommen hauptsächlich Riegel, getrocknete Früchte
und Fertigmahlzeiten (im Wasserbad zubereitet) zum
Einsatz. Immens wichtig ist dagegen – und von uns
gegenseitig akribisch kontrolliert – die tägliche Flüs-
sigkeitsaufnahme, die so um drei bis vier Liter pro Tag
betragen sollte um einer drohenden Dehydration und
deren negative Folgen (Ödembildung) entgegenzu-
wirken. Dann begann endlich, nach langen und teil-
weise anstrengenden Tagen – insgesamt waren seit
dem Beginn der Expedition ja fast zwei Wochen ver-
gangen – der Gipfeltag, der sogenannte „summit day“.
Nach fast zweistündiger „Vorlaufzeit“ (Tagwache 3.00
– Abmarsch 5.30) im Zelt (an deren Innenwänden sich
in jeder Nacht ab 5.500 Metern dünne Eiskrusten ge-
bildet hatten und uns bei jeder Windböe die Eis-
flocken ins Gesicht fielen) schafften wir es unter
großer Anstrengung unsere Stunden vorher in den
Schlafsack gelegten Bekleidungsstücke (inklusive der
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