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onnseiten
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ummer
52 - D
ezember
2015
C
hronik
Die Gegend um Lienz, be-
sonders der Bereich der Li-
enzer Dolomiten, war schon
einige Jahre vor dem Beginn
des 1. Weltkrieges wiederholt
Übungsgebiet der k. & k. Ar-
mee. Trotz des Bündnisses
mit Italien galt das damalige
Königreich im Süden als der
wahrscheinlichste Kriegsgeg-
ner, was sich 1915 mit der
Kriegserklärung Italiens als
zutreffende Einschätzung he-
rausstellte.
Auch in einer Alpenver-
einszeitung wird zum Kriegs-
geschehen am Rande des heu-
tigen Osttirol geschrieben:
Vor 100 Jahren hielten Tod
und Verderben Einzug in das
friedliche Tal. Nach dem Ein-
tritt Italiens in den 1. Welt-
krieg wurde der Karnische
Kamm praktisch über Nacht
zur Frontlinie. Es entbrannte
ein erbitterter Stellungskrieg
mit einem schier unglaubli-
chen Materialaufwand und
hohen Verlusten auf beiden
Seiten. Gut drei Jahre sollte
das Leiden dauern und zahl-
reiche Soldaten fielen nicht
der Waffengewalt, sondern
in ungewöhnlich schneerei-
chen Wintern den Lawinen
zum Opfer. Diese Gescheh-
nisse sind ins gemeinsame
Bewusstsein des Tales einge-
graben, und seit vielen Jahren
bemüht man sich um Völker-
verständigung und Versöh-
nung. Ein schönes Beispiel
dafür ist das sogenannte Eu-
ropakreuz auf der „Großen
Kinigat“. Das Bild mit den
zwei Händen bei der Unter-
tilliacher Kirche ist auch ein
sehr gut passendes Symbol
der Erinnerung und Versöh-
nung.
Auch Soldaten aus unse-
rer Gemeinde fielen den
Kämpfen an der Südfront
zum Opfer. Vom gesamten
Kriegsgebiet werden am
Kriegerdenkmal für 1914
Folgende genannt (zeitlich
gereiht): Alois Baur, Gregor
Mattersberger, Bartlmä Un-
teregger, Josef Unteregger.
1915: Matthias Müller, Alois
Mattersberger, Franz Girst-
mair, Johann Wegscheider,
Johann Ortner, Peter Matters-
berger, Franz Tscharnig, Josef
Tscharnig. Die zwei zuletzt
Genannten waren Brüder,
wie die beiden Unteregger-
Soldaten, und stammten vom
ehemaligen
Tscharnighof.
Beim vulgo Leitn waren die
drei Brüder Mattersberger
daheim. Diese Tragödie (drei
Söhne innerhalb von zwei
Jahren zu verlieren), so viel
Leid zu ertragen, war sicher
ein Grund für den relativ
frühen Tod der Eltern, nach-
dem ihnen 1916 auch noch
der vierte Sohn durch diesen
Krieg genommen wurde.
Einer der glücklichen Heim-
kehrer, damals allerdings nach
Tessenberg, von wo seine El-
tern stammten, war der „Putz-
Tatte“, Josef Jeller. Bereits
1915 war er als 16-Jähriger
zur Anlage von Schützengrä-
ben in Bannberg und auf der
Leisacher Alm eingezogen
worden. Im Winter 1916/17
war er beim Bau von Wegen
zur Front im Wolayertal in
eine Lawine geraten, wobei
zwei seiner Kameraden ums
Leben kamen. Im Frühjahr
1917 folgte die Einberufung
zum 4. Regiment der Tiroler
Kaiserjäger. Er wurde dann
an so berühmt-berüchtigten
Abschnitten der Südfront wie
dem „Heldenberg“ Pasubio
eingesetzt. Dabei geriet er in
italienische Gefangenschaft,
aus der er erst im August
1919 zuerst nach Tessen-
berg zurückkehrte und zwei
Jahre später ins Elternhaus
beim Putz in Untergaimberg,
wo er als Hoferbe 1939 eine
Familie gründete. Nun war
aber schon der nächste, der 2.
Weltkrieg ausgebrochen und
die Einberufung zum Kriegs-
dienst in Oberkrain und dann
beim Volkssturm waren die
Folgen. Gottseidank konn-
te er auch aus diesem Krieg
unverletzt - aber mit einem
Ischiasleiden - zu seiner Fa-
milie heimkehren.
Wer heute gern und viel über
die EU schimpft, sollte zu-
mindest bedenken, dass es
mit der EU wohl nicht mehr
vorkommen kann und wird,
dass sich benachbarte Mit-
gliedstaaten bekämpfen. Wer
zumindest ein wenig Einblick
in diese fürchterlichen Kriege
hat (und dazu sollen auch die-
se Beiträge dienen), wird sei-
ne Kritiklust leichter bremsen
können. Übrigens könnte der
Besuch der betreffenden Aus-
stellung auf Schloss Bruck,
die nächstes Jahr fortgesetzt
wird, ein wenig als Nachhilfe
dienen.
Vor 100 Jahren - 1915
Der 1. Weltkrieg tobt
Berichte des Ortschronisten Franz Wibmer
k. & k. (kaiserlich u. könig-
lich) Truppenübung in den
Lienzer Dolomiten.
Friedenssymbol am Kirchplatz von Untertilliach.
Josef Jeller
Foto: privat
Foto: Franz Wibmer
Foto: TAP-Ausstellung Schloß Bruck