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FODN - 70/03/2018

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NATUR & UMWELT

Kalser Jäger 1980 eine Lebendfalle zur

Markierung von Steinwild errichtet.

Damit konnte bereits früh zusätzliches

Wissen über das Raumverhalten der

Tiere gewonnen werden.

Seit 2005 steht der Steinbock auch

länderübergreifend in der Forschung

des Nationalparks Hohe Tauern im Vor-

dergrund und unter anderem werden in

Zusammenarbeit mit dem Jagdverein

Kals weiterhin Tiere markiert und in der

Vergangenheit auch besendert. Doch

warum scheint es nach wie vor wichtig,

zu dieser Wildart Daten zu sammeln,

wo alpenweit bereits unzählige For-

schungsarbeiten existieren?

Dies hat vor allem einen Grund, denn

der Steinbock steht alpenweit gene-

tisch auf sehr wackeligen Beinen. Bis

zu den Wiederansiedlungen musste die

Art viele Flaschenhälse durchlaufen, da

nur etwa 60 bis 100 Individuen überleb-

ten. Sprich, die genetische Bandbreite

beim Alpensteinbock und damit ihre

Möglichkeit auf verschiedenste Ein-

flussfaktoren reagieren zu können, ist

sehr eingeschränkt. Und das bei einer

Wildart, die einen extremen Lebens-

raum besiedelt. Denn auch hier wird die

Klimaerwärmung mittel- bis langfristig

große Veränderungen in der Vegetation

nach sich ziehen und dadurch eine Ver-

änderung im Raumverhalten bewirken.

Zusätzlich muss mit dem verstärkten

Auftreten von (auch neuen) Krankheiten

gerechnet werden und die steigenden

Temperaturen allein können für das we-

nig hitzetolerante Steinwild allgemein

früher oder später zu Problemen führen.

Und obwohl das Steinwildvorkommen

der Hohen Tauern mit vergleichsweise

sehr vielen Tieren unterschiedlichster

Herkunft gegründet wurde, zeigten Un-

tersuchungen, dass sich die Population

betreffend ihrer genetischen Vielfalt so

gut wie nicht von anderen Vorkommen

unterscheidet.

Markierung von Steinwild

Wie bereits erwähnt, werden nach wie

vor Stücke mit Lauschermarken sicht-

markiert. Zwar können nur gemeldete

Beobachtungen zur Auswertung kom-

men, doch selbst dadurch ergeben sich

interessante Einblicke in das Raum-

verhalten. Immer wieder überraschen

die Tiere dabei mit raumgreifenden

Bewegungen. Interessant sind hier vor

allem die wanderfreudigeren Böcke, die

offensichtlich sehr früh, meist im Alter

zwischen zwei und sechs Jahren, ihren

Lebensraum großräumig erkunden, was

ihnen in späteren Jahren in den Wochen

vor und während der Brunft zu Gute

kommt, da sie dann zielgerichtete Wan-

derungen zu oft verschiedenen Geißen-

einständen unternehmen.

Derzeit sind in den Hohen Tauern

mindestens 22 mit Marken versehene

Stücke unterwegs. Der Vorteil von mar-

kierten Tieren ist, dass man ihr Raum-

verhalten, im Gegensatz zu den Daten

von Sendern mit beschränkter Laufzeit,

bis zu ihrem Tod mitverfolgen kann.

Streifgebiete von zwei sichtmarkierten Böcken, die sich zwischen den Kalser Tälern und dem

Wangenitzental in der Schobergruppe bewegten.

Im Nationalpark Hohe Tauern leben nach einer Wiederansiedlung in den 1960er-Jahren rund 1.200 Tiere,

inklusive der angrenzenden Gebiete kann man von rund 1.600 Stück Steinwild ausgehen.

Um weiterhin Einblicke in die Le-

bensweise dieser Wildart gewinnen zu

können, ergeht auch die Bitte, etwaige

Beobachtungen weiterzuleiten. Durch

die verwendete Markenkombination

(linker oder rechter Lauscher, Farbe auf

der Vorder- und Rückseite sowie Auf-

druck auf der Vorderseite, so erkennbar)

lässt sich das Individuum meist eindeu-

tig bestimmen.

Ein großer Dank gebührt auch den

Kalser Jägern für die Unterstützung

und aktive Mithilfe bei den Forschungs-

arbeiten zum Steinwild.