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Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

Chronik

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Nummer 62 - April

9

Vor gut 40 Jahren - November 1978

Aconcagua-Expedition mit Sepp Mühlmann

V

or 40 Jahren wurde in

einigen Frühjahrsaus-

gaben des „Osttiroler Boten“

vom „Abenteuer am Aconca-

gua“ berichtet, an dem auch

Sepp Mühlmann teilnahm.

Ich habe ihn gebeten, selber

von diesem - zu einem gro-

ßen Teil nicht nur abenteuer-

lichen, sondern dramatischen

Unternehmen - zu erzählen.

Ungern, aber doch, hat er die-

sen spannenden Bericht für

die „Sonnseiten“ geschickt:

Mitte der 1970er-Jahre wurde

in der Alpenvereinssektion

Lienz die HG (Hochgebirgs-

gruppe) Neandertaler ge-

gründet. Das vorrangige Ziel

dieser leistungsstarken Trup-

pe war, Bergsteigen in der

extremeren Richtung. Bald

war auch Bergsteigen in grö-

ßeren Höhen und außerhalb

der heimatlichen Berge ange-

sagt. Das erste große Projekt

außerhalb Europas war im

Jänner 1977 in Kenia die Er-

steigung der beiden Mt. Kenia-

gipfel Nelion u. Batian. Das

sind Kletterberge von 4.800

- 5.200 m im IV. Schwie-

rigkeitsgrad. Anschließend

gelang uns noch in Tansania

die Besteigung des Kilimand-

scharo-Hauptgipfels Uhuru

Peak, mit 5.895 m. Da diese

Bergfahrt bei besten Wetter-

bedingungen voll geglückt

ist, wurden bald Pläne für

eine größere Unternehmung

geschmiedet. Nach einem

Jahr Vorbereitung und hartem

Training der Teilnehmer, u. a.

Besteigung von Westalpen-

Viertausendern, war es dann

im November 1978 so weit.

Der höchste Berg Nord- u.

Südamerikas, der 6.960 m

hohe Aconcagua in den An-

den, an der Grenze zwischen

Argentinien und Chile, war

als unser großes Ziel auser-

koren. Zuerst waren noch alle

möglichen Impfungen und

ein EKG zu absolvieren.

Am 5. November starteten

wir - acht Osttiroler und ein

Kärntner - in Lienz, voller Er-

wartung auf die kommenden

Wochen in Südamerika. Die

Anreise von Lienz nach Salz-

burg mit demAuto, Salzburg-

Zürich mit einer DC 9 und

dann mit einem Jumbo-Jet

mit Zwischenlandungen in

Rom, Madrid und Rio nach

Buenos Aires, der argentini-

schen Hauptstadt, die damals

schon an die 10 Mio. Ein-

wohner hatte. Nach einer kur-

zen Stadtbesichtigung und ei-

nem richtigen argentinischem

Halb-Kilo-Steak waren wir

froh, ein Bett zu sehen. Am

nächsten Tag ging es per In-

landflug weiter Richtung chi-

lenischer Grenze nach Men-

doza. Dort trafen wir auch

den für die Organisation vor

Ort (Verpflegung, Transport,

Behörden usw.) zuständi-

gen Mann, hauptberuflich

Polizeioffizier. Der nächste

Vormittag ging mit der Be-

sorgung der notwendigen

Genehmigung für die Bestei-

gung drauf. Für jeden Teil-

nehmer wurde ein kompletter

Akt inklusive Fingerabdrücke

angelegt. Am Abend waren

wir noch beim österreichi-

schen Ehrenkonsul und sei-

nem Freund eingeladen. In

der Früh um acht stand schon

der Bus mit 250 kg Proviant

und Zeltausrüstung für die

nächsten 2 Wochen bereit.

Nach 3-stündiger Fahrt ka-

men wir auf 2.700 m, nahe

der chilenischen Grenze bei

der Militärstation in Puente

del Inka an. Es stellte sich

nach einigen Diskussionen

heraus, dass wir gar nicht bei

den Militärs, sondern ein paar

Kilometer vorher bei einem

privaten Hüttenwirt über-

nachten sollten. Am nächsten

Tag absolvierten wir die erste

Akklimatisierungstour auf über

4.000 m. Nach dem Mittag-

essen schikanierten uns noch

die Militärs mit Rundläufen

in der Kaserne und Blutdruck-

messungen, obwohl wir alle

Unterlagen von Österreich

mithatten. Tags darauf ging‘s

dann mit dem Gepäck - ver-

laden auf die bereitstehenden

Mulis - los ins 37 km lange

Horcones-Tal zum Basisla-

ger. Kurz vor dem Nachtwer-

den war auf ca. 4.000 m für

die Mulis Schluss, da zu viel

Altschnee lag. Wir schlugen

unsere Zelte auf und kochten

jede Menge Tee und Suppen.

Am nächsten Morgen muss-

ten wir die gesamten Lasten

auf das eigentliche Basislager

Plaza de Mulas auf 4.250 m

in mehreren Anstiegen hin-

auftragen. Oben gab es einen

verlotterten Bretterverschlag,

der uns als Gemeinschafts-

raum dienen sollte. Nachdem

er halbvoll mit Schnee und

Eis war, musste ich ihn erst

einmal in stundenlanger Ar-

beit freipickeln. Frühmorgens

begannen wir einen Teil unse-

rer Ausrüstung zum nächsten

vorgesehenem Lager auf ca.

5.400 m zu tragen. Reinhold,

einer unserer Teilnehmer,

Der Aconcagua ist mit 6.961 m der höchste Berg Südame-

rikas und des amerikanischen Doppelkontinents sowie der

höchste Berg außerhalb Asiens und auf der Südhalbkugel.

Zeltreste nach einem Sturm im Basislager.

Fotos: Sepp Mühlmann