![Page Background](./../common/page-substrates/page0028.jpg)
28
28
Die Sonnseiten
Nummer 60 - August 2018
Pfarre
i
i
Nummer 62 - April
9
Wohin geht die Reise?
Gespräch mit MMag. Gernot Kacetl, dem neuen Chorleiter
des Kirchenchores Grafendorf
Gernot Kacetl (Jahrgang
1977) wuchs in Öblarn im
Ennstal auf und studierte
nach der Matura Kirchen-
musik und Instrumental-
pädagogik an der Kunst-
universität Graz und an der
Hochschule für Musik in
Weimar. Von 2005 bis 2009
war er Kirchenmusikreferent
in der Erzdiözese Salzburg,
seit 2010 ist er Musikschul-
lehrer in Dellach, Greifen-
burg und Spittal/Drau für
die Fächer Klavier, Orgel
und Chorleitung. Als Mit-
glied des Osttiroler Vokalen-
sembles
SINGMAZOMM
lernte er die Landschaft und
Menschen kennen und schät-
zen. Er lebt mit seiner Fami-
lie nun seit 2011 in Lienz.
Vom Kirchenmusikreferenten
der Erzdiözese Salzburg zum
Musikschullehrer in Ober-
kärnten...Siehst Du darin die
Unterbrechung in einer kir-
chenmusikalischen Karriere
oder eher das Erkennen an-
derer/wichtigerer Agenden
(Entwicklungen) in der röm.-
kath. Kirche?
Ich bin Kirchenmusiker und
Musikpädagoge zugleich und
merke, wie sich diese beiden
Tätigkeiten gegenseitig er-
gänzen und bereichern. Ich
sehe meine musikalische Ar-
beit an der Basis und bin da-
mit sehr glücklich. Das strahlt
auch auf die Menschen aus,
mit denen ich zusammenar-
beiten und musizieren darf.
Ein „höheres“ Amt, z. B. als
Domorganist oder Domka-
pellmeister, habe ich nie an-
gestrebt. Meine „Karriere“
passiert gerade vor Ort.
Ich lernte Dich und Deine
Frau Katharina - ebenfalls
ausgebildete Organistin - an
einem verregneten Novem-
bervormittag im Jahre 2014
in unserer Kirche kennen,
als Ihr an unserer neuen
Orgel geübt habt. Die neue
„Linder-Orgel“ allein wird
es aber nicht gewesen sein,
die Euch zum Einstieg in den
„Kirchenchor Grafendorf“
bewogen hat - weist der doch
einen relativ hohen Alters-
durchschnitt auf. Macht es da
nicht mehr Sinn, den Fokus
in Bezug auf kirchenmusika-
lische Gestaltungen der LI-
TURGIEN vermehrt auf den
„Seelsorgeraum Lienz Nord“
auszuweiten? Im Sinne von
„ZOMMEWOCHSN“?
Der Altersdurchschnitt eines
Chores sagt überhaupt nichts
über dessen Qualität aus. Da
liegt der Kirchenchor Gra-
fendorf mittlerweile im gu-
ten Durchschnitt. Mir ist ein
verlässlicher 70-jähriger Bass
lieber als ein unzuverlässiger
30-jähriger. Ein weises Zitat
sagt: „Ein Chor ist nur so gut
wie sein Chorleiter.“ Ich habe
also als Chorleiter sehr wohl
die Möglichkeit qualitativ
einzugreifen! Jede funktio-
nierende Gemeinde hat ihre
Feuerwehr und Blasmusik-
kapelle. Sie lebt von und mit
den Vereinen. Da gehört ein
Chor auch dazu. Wir sollten
die Kirche hier sprichwörtlich
im Dorf lassen. Man muss
nicht in allen Dingen zusam-
menwachsen, darf sich aber
natürlich auch nicht komplett
isolieren. Dass z. B. die Grün-
donnerstagsliturgie heuer für
den Seelsorgeraum Lienz
Nord in St. Andrä stattfindet,
finde ich eine sehr schöne
Idee. Da kann man dann auch
sagen, dass man sich zukünf-
tig als Kirchenchor Grafen-
dorf auch einmal musikalisch
miteinbringt. Das lässt sich
aber aus praktischen Gründen
nicht eins zu eins aufs ganze
Kirchenjahr anwenden.
Ein „Kirchenchor“ sah sich
durch Jahrhunderte mit der
Begleitung der verschiedenen
Feste durch das Kirchenjahr
„beauftragt“. Das fällt nun
zusehends weg, u.a. durch
diverse „Gestaltungen“, die
wenig mit dem „liturgischen
Auftrag“ zu tun haben. Ich
sehe daher die Zusammen-
arbeit zwischen Priestern/
Pastoralwirkenden/Kirchen-
musikern in Sachen Glau-
bensverkündigung/Zeugnis
- auch via Kirchenmusik -
nötiger denn je! Erkennst
du darin Deine besondere
Chance & Verantwortung als
katholischer Christ?
Selbstverständlich ist diese
Zusammenarbeit
wichtig,
auch um liturgischen Wild-
wuchs in jeglicher Hinsicht
zu unterbinden. Es ist aber
schon ein Unterschied, ob
man diese Arbeit hauptamt-
lich oder (so wie ich) neben-
amtlich ausführt. Da sind die
zeitlichen Ressourcen schon
begrenzter.
Wir erleben gerade die Firm-
vorbereitung. Um es (als
Großmutter!) klar zu sagen:
es ist die übliche - wohl pu-
bertätsbedingte - „Ächz- &
Stöhn-Partie“, die wenig mit
dem „Heiligen Geist“ zu tun
zu haben scheint! Ich erlebte
meine eigene Firmung (1964)
noch mit feierlichem lateini-
schem Chorgesang (z. B.Veni
creator spiritus) durch den
„Stadtpfarrchor St. Andrä“,
was natürlich zum beson-
deren Ambiente und daher
zum bleibenden Eindruck
beigetragen hat. Frage: Ist
einer Firmspendungsliturgie
anno 2019 eigentlich kein
lateinischer Gesang/feierli-
ches Orgelpräludium etc...
zumutbar? Muss alles eng-
lischsprachig in einer Art
„Hillsong-Church“ münden?
Es freut mich für Dich, dass
Du Deine Firmung so erlebt
hast. Seit 1964 hat sich aber
sowohl liturgisch als auch
musikgeschichtlich sehr viel
geändert bzw. weiterentwi-
ckelt. Das Zweite Vatika-
nische Konzil hat uns die
Möglichkeit gegeben, in der
jeweiligen
Muttersprache
Liturgie zu feiern. Englisch
ist das neue Deutsch unserer
Jugend und ich wäre naiv,
das nicht zu nützen. Ein gu-
ter englischsprachiger (Lied-)
Text kommt beim jugendli-
Tabea, Katharina, Mirjam und Gernot Kacetl.
Foto: Mag. Georg Webhofer