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Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

Pfarre

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Nummer 62 - April

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Wohin geht die Reise?

Gespräch mit MMag. Gernot Kacetl, dem neuen Chorleiter

des Kirchenchores Grafendorf

Gernot Kacetl (Jahrgang

1977) wuchs in Öblarn im

Ennstal auf und studierte

nach der Matura Kirchen-

musik und Instrumental-

pädagogik an der Kunst-

universität Graz und an der

Hochschule für Musik in

Weimar. Von 2005 bis 2009

war er Kirchenmusikreferent

in der Erzdiözese Salzburg,

seit 2010 ist er Musikschul-

lehrer in Dellach, Greifen-

burg und Spittal/Drau für

die Fächer Klavier, Orgel

und Chorleitung. Als Mit-

glied des Osttiroler Vokalen-

sembles

SINGMAZOMM

lernte er die Landschaft und

Menschen kennen und schät-

zen. Er lebt mit seiner Fami-

lie nun seit 2011 in Lienz.

Vom Kirchenmusikreferenten

der Erzdiözese Salzburg zum

Musikschullehrer in Ober-

kärnten...Siehst Du darin die

Unterbrechung in einer kir-

chenmusikalischen Karriere

oder eher das Erkennen an-

derer/wichtigerer Agenden

(Entwicklungen) in der röm.-

kath. Kirche?

Ich bin Kirchenmusiker und

Musikpädagoge zugleich und

merke, wie sich diese beiden

Tätigkeiten gegenseitig er-

gänzen und bereichern. Ich

sehe meine musikalische Ar-

beit an der Basis und bin da-

mit sehr glücklich. Das strahlt

auch auf die Menschen aus,

mit denen ich zusammenar-

beiten und musizieren darf.

Ein „höheres“ Amt, z. B. als

Domorganist oder Domka-

pellmeister, habe ich nie an-

gestrebt. Meine „Karriere“

passiert gerade vor Ort.

Ich lernte Dich und Deine

Frau Katharina - ebenfalls

ausgebildete Organistin - an

einem verregneten Novem-

bervormittag im Jahre 2014

in unserer Kirche kennen,

als Ihr an unserer neuen

Orgel geübt habt. Die neue

„Linder-Orgel“ allein wird

es aber nicht gewesen sein,

die Euch zum Einstieg in den

„Kirchenchor Grafendorf“

bewogen hat - weist der doch

einen relativ hohen Alters-

durchschnitt auf. Macht es da

nicht mehr Sinn, den Fokus

in Bezug auf kirchenmusika-

lische Gestaltungen der LI-

TURGIEN vermehrt auf den

„Seelsorgeraum Lienz Nord“

auszuweiten? Im Sinne von

„ZOMMEWOCHSN“?

Der Altersdurchschnitt eines

Chores sagt überhaupt nichts

über dessen Qualität aus. Da

liegt der Kirchenchor Gra-

fendorf mittlerweile im gu-

ten Durchschnitt. Mir ist ein

verlässlicher 70-jähriger Bass

lieber als ein unzuverlässiger

30-jähriger. Ein weises Zitat

sagt: „Ein Chor ist nur so gut

wie sein Chorleiter.“ Ich habe

also als Chorleiter sehr wohl

die Möglichkeit qualitativ

einzugreifen! Jede funktio-

nierende Gemeinde hat ihre

Feuerwehr und Blasmusik-

kapelle. Sie lebt von und mit

den Vereinen. Da gehört ein

Chor auch dazu. Wir sollten

die Kirche hier sprichwörtlich

im Dorf lassen. Man muss

nicht in allen Dingen zusam-

menwachsen, darf sich aber

natürlich auch nicht komplett

isolieren. Dass z. B. die Grün-

donnerstagsliturgie heuer für

den Seelsorgeraum Lienz

Nord in St. Andrä stattfindet,

finde ich eine sehr schöne

Idee. Da kann man dann auch

sagen, dass man sich zukünf-

tig als Kirchenchor Grafen-

dorf auch einmal musikalisch

miteinbringt. Das lässt sich

aber aus praktischen Gründen

nicht eins zu eins aufs ganze

Kirchenjahr anwenden.

Ein „Kirchenchor“ sah sich

durch Jahrhunderte mit der

Begleitung der verschiedenen

Feste durch das Kirchenjahr

„beauftragt“. Das fällt nun

zusehends weg, u.a. durch

diverse „Gestaltungen“, die

wenig mit dem „liturgischen

Auftrag“ zu tun haben. Ich

sehe daher die Zusammen-

arbeit zwischen Priestern/

Pastoralwirkenden/Kirchen-

musikern in Sachen Glau-

bensverkündigung/Zeugnis

- auch via Kirchenmusik -

nötiger denn je! Erkennst

du darin Deine besondere

Chance & Verantwortung als

katholischer Christ?

Selbstverständlich ist diese

Zusammenarbeit

wichtig,

auch um liturgischen Wild-

wuchs in jeglicher Hinsicht

zu unterbinden. Es ist aber

schon ein Unterschied, ob

man diese Arbeit hauptamt-

lich oder (so wie ich) neben-

amtlich ausführt. Da sind die

zeitlichen Ressourcen schon

begrenzter.

Wir erleben gerade die Firm-

vorbereitung. Um es (als

Großmutter!) klar zu sagen:

es ist die übliche - wohl pu-

bertätsbedingte - „Ächz- &

Stöhn-Partie“, die wenig mit

dem „Heiligen Geist“ zu tun

zu haben scheint! Ich erlebte

meine eigene Firmung (1964)

noch mit feierlichem lateini-

schem Chorgesang (z. B.Veni

creator spiritus) durch den

„Stadtpfarrchor St. Andrä“,

was natürlich zum beson-

deren Ambiente und daher

zum bleibenden Eindruck

beigetragen hat. Frage: Ist

einer Firmspendungsliturgie

anno 2019 eigentlich kein

lateinischer Gesang/feierli-

ches Orgelpräludium etc...

zumutbar? Muss alles eng-

lischsprachig in einer Art

„Hillsong-Church“ münden?

Es freut mich für Dich, dass

Du Deine Firmung so erlebt

hast. Seit 1964 hat sich aber

sowohl liturgisch als auch

musikgeschichtlich sehr viel

geändert bzw. weiterentwi-

ckelt. Das Zweite Vatika-

nische Konzil hat uns die

Möglichkeit gegeben, in der

jeweiligen

Muttersprache

Liturgie zu feiern. Englisch

ist das neue Deutsch unserer

Jugend und ich wäre naiv,

das nicht zu nützen. Ein gu-

ter englischsprachiger (Lied-)

Text kommt beim jugendli-

Tabea, Katharina, Mirjam und Gernot Kacetl.

Foto: Mag. Georg Webhofer