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Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

3

Chronik

er 62 - April 2019

Vor 100 Jahren - 1919

Erste Möglichkeit zur Ausübung des Wahlrechtes für Frauen

Nach dem Ende der Mo-

narchie und der Ausrufung

der 1. Republik (zuerst als

„Deutsch-Österreich“) konn-

ten die Frauen in diesem Jahr

gleich dreimal wählen, näm-

lich auf Gemeinde-, Landes-

und Bundesebene. Die Folge

dessen war ein Ringen um die

Stimmen der Frauen - sogar

mit eigenen Wahlzeitungen

und Frauenversammlungen.

Spott über die „Wahlweiber“

war allerdings auch nicht zu

überhören.

Interessant ist in diesem Zu-

sammenhang, dass Frauen,

wenn sie Hofbesitzerinnen

waren, schon vorher wählen

durften. Einen solchen Fall

gab es laut der Wählerliste

von 1896 auch in Gaimberg.

Ebenfalls staunenswert und

sicher nicht allgemein be-

kannt ist, dass auch für Bur-

schen und Männer erst 1907

„das allgemeine und gleiche

Männerwahlrecht“ eingeführt

worden war. Vorher durften

sie nur wählen, wenn sie Bau-

ern oder andere Selbständige

waren. Nicht verwunderlich

also, dass auf der genannten

Wählerliste von 1896 nur 42

Wahlberechtigte standen; und

das, obwohl es kaum einen

Bauernhof ohne mindestens

einen Knecht gab. Bei der

letzten Wahl (2018) hatten in

unserer Gemeinde 680 Per-

sonen das Recht zu wählen.

Im Hinblick auf die genannte

Entwicklung werden wir all-

gemein wohl zugeben müs-

sen, dass wir unser Wahlrecht

inzwischen nicht mehr genug

zu schätzen wissen.

(Franz Wibmer)

Wo ist der Schreibname

Hintersteiner geblieben?

Am 2.2.1922 heiratete die

älteste Peheimtochter Anna

Walder den Freimannbauer

Josef Hintersteiner. Dieser

galt durch eine unbehandelte

Krankheit als „zeugungsun-

fähig“ (kirchliche bedingte

Voraussetzung, um eine soge-

nannte „Josefsehe“ eingehen

zu können...).

Am Freimannhof lebten da-

mals auch die Geschwister

von Josef Hintersteiner - Al-

fons und Aloisia. Beide star-

ben aus heutiger Sicht relativ

jung (ca. um die 50 Jahre) an

Herzleiden. Die Freimann-

bäuerin Anna Hintersteiner

hatte „den Laden voll im

Griff“ - würde man heute sa-

gen! Nachdem das Futterhaus

bereits im Jahre 1919 an der

heutigen Stelle erbaut wurde,

entschloss sich Anna Hinter-

steiner nach dem Tode ihres

Mannes das Wohngebäude

ebenfalls an der nunmehrigen

Stelle zu errichten. Grund

war die oftmalige Vermurung

durch den Grafenbach!

Wohl wegen ihrer Kinder-

losigkeit hatte sie seit je her

ein Augenmerk auf eine ver-

wandtschaftliche

Nachfol-

ge. In der ältesten Tochter

ihres Bruders Johann Wal-

der fand sich eine adäqua-

te Erbin. Anna Walder und

Peter Duregger bezogen im

Oktober 1950 als frischver-

mähltes Paar das neuerbaute

Wohnhaus. In diesem Zu-

sammenhang ist es beinahe

köstlich zu erwähnen, dass

ausgerechnet unter Bgm. Jo-

sef Hintersteiner (lt. Erzäh-

lungen meiner Vorfahren ein

PATRIARCH!), das Wahl-

recht für Frauen eingeführt

wurde und bis zum heutigen

Tage am Freimannhof das

MATRIARCHAT

besteht.

(=Gesellschaftsordnung, bei

der die Frau eine bevorzugte

Stellung in Staat und Familie

innehat und bei der in Erbfol-

ge und sozialer Stellung die

weibliche Linie ausschlagge-

bend ist). Oder vielleicht et-

was augenzwinkernd gesagt:

„Männer leben besser, wo

Frauen das Sagen haben“…

(Kaiserin Maria Theresia

würde in heutiger Zeit aber

wohl nicht uneingeschränkt

als Vorbild dienen!).

Der Peheimbauer Johann

Walder, mein Großvater, hat-

te neun Kinder, wovon der

älteste Sohn Peter im Zwei-

ten Weltkrieg gefallen ist.

Als bäuerlicher Nachfolger

war Sohn Andreas Walder

vorgesehen, er konnte sich

allerdings nie zu einer Hei-

rat entschließen. Auch alle

anderen Söhne blieben ledig.

Die Töchter gründeten eigene

Familien, wovon die älteste,

Anna Duregger „Freimann-

bäuerin“ fünf Kinder hatte.

Die Tochter Martha heiratete

auf den Nußdorferberg zum

vlg. Bödenler und wurde

Mutter von drei Söhnen und

einer Tochter.

Dem Peheimbauern Andreas

Walder war es wichtig, dass

es eine männliche „Erbfolge“

gab und so überschrieb er den

Hof seiner Nichte Martha,

da diese ja drei Söhne hatte.

Sohn Reinhold Lugger be-

treibt nun die Landwirtschaft

und hat bereits eine Familie

gegründet. So schließt sich

der Kreis um „Peheim &

Freimann“ nach 100 Jahren

im Zusammenhang mit Bgm.

Josef Hintersteiner, Frauen-

wahlrecht, Erbfolge...

Um es mit Worten von Peter

Rosegger zu sagen: „

Es geht

alles zu Ende und im Ende

keimt ewig der Anfang.“

Elisabeth Klaunzer

Der 1919 neu gewählte Bürgermeister Josef Hintersteiner

vlg. Freimann bei der Hochzeit am 2.2.1922.

Foto: Ortschronik