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Leisacher

Gucklöcher

Franz Stöger –

ein vielseitiger Handwerker

Wenn man mit Franz Stöger, Jahrgang 1934,

ins Gespräch kommt, so ist das wie ein Ein-

tauchen in ein lebendiges Geschichtebuch.

Sein Dialekt verrät sogleich, dass er kein

gebürtiger Leisacher ist, sondern ein

„Zuagroaster“ aus Oberösterreich.

Eine seiner ersten Kindheitserinnerungen ist

das große Volksfest mit Feuerwerk, mit dem

sein Heimatort Waizenkirchen den Anschluss

Österreichs an Hitler-Deutschland feierte. Den

Zweiten Weltkrieg erlebte Franz als Schulbub,

der sich der Tragweite der Geschehnisse

noch nicht ganz bewusst war und viele Bedro-

hungen als interessante Abenteuer einstufte.

Wenn die Klasse wegen eines Bombenalarms

entlassen wurde um sich in einen Luftschutz-

keller zu begeben, legten sich die Buben oft

ins Gras um die Fliegerstaffeln zu beobach-

ten, die ihre tödliche Fracht nach Linz oder

Wels brachten. Minuten später verrieten dann

die Druckwellen und ein dumpfes Grollen,

dass die Flieger ihre Mission erfüllt hatten.

Nach Kriegsende freundeten sich die Kinder

und Jugendlichen bald mit den Besatzungs-

soldaten an, weil diese großzügig Schoko-

lade verteilten und interessante Fahrzeuge

hatten. Franz gelang es bald, den Amerika-

nern ein Dreigang-Rad abzukaufen, mit dem

er weite Strecken zurücklegte und sogar seine

Schwester in Zell am See besuchte.

Noch bevor Franz die acht Pflichtschuljahre

absolviert hatte, war es klar, dass er in dem

Betrieb, wo sein Vater als Maurerpolier

arbeitete, eine Maurerlehre antreten würde. Er

selbst wäre lieber Fleischer geworden, aber

gegen den Vater gab es kein Aufbegehren.

Der Vater war dann auch ein sehr strenger

Lehrherr, und nur dem Einfluss des älteren Bru-

ders war es zu verdanken, dass es Franz bis

zum Ende der Lehrzeit in dem Betrieb aushielt.

Bereits mit 17 Jahren legte Franz die Gesellen-

prüfung ab, aber ins Kino gehen durfte er

noch nicht. Das war damals erst ab 18 er-

laubt, und die Polizei wachte streng darüber.

Als Maurergeselle fühlte sich Franz endlich

frei und zog mit seinem Bruder nach Salz-

burg, wo die beiden tüchtigen Maurer sofort

beim Bau eines großen amerikanischen Mili-

tärgebäudes Arbeit fanden. Inzwischen war

seine ältere Schwester Mitzi mit ihrer Familie

aus Salzburg nach Burgfrieden übersiedelt

und Franz besuchte sie dort und wurde gleich

in Arbeit und Familienleben eingebunden.

Als Maurer fand er natürlich auch in Lienz so-

fort Arbeit und so blieb er hier. Der Entschluss

sich in Burgfrieden niederzulassen war auch

eine Herzensangelegenheit, denn er hatte sich

in die Nachbarstochter Hedwig verliebt, die

er im November 1956 heiratete. Die kirch-

liche Trauung fand im Wallfahrtsort Absam

statt, wohin die Hochzeitsgäste bei 50 cm

Neuschnee in einem angemieteten Bus chauf-

fiert wurden. Zur Überschreitung der Grenze

nach Italien war ein eigener Passierschein

nötig, und zwischen Arnbach und Brenner

war ein Carabiniere im Bus, um zu überwa-

chen, dass niemand aus- oder einstieg. Als

dann am Brenner der Carabiniere mitsamt

dem Passierschein verschwand, musste sich

Franz eilig um Ersatzpapiere bemühen und

hätte so fast seine eigene Hochzeit versäumt.

Trotz dieser Hindernisse wurde die Ehe ge-

schlossen und hält nun schon über 60 Jahre.

Zwei Jahre später übersiedelte das junge

Paar, verstärkt um die kleine Tochter Hedwig,

in das Elternhaus von Franz nach Waizenkir-

chen, weil die Eltern Betreuung brauchten.

Franz arbeitete zuerst beim Neubau des

Krankenhauses in Linz und dann für eine

Stukkateurfirma, die in ganz Oberösterreich

und auch in Wien Kirchen und Schlösser

renovierte. Er war sehr geschickt und fleißig

und verdiente nicht schlecht, so dass er sich

bald ein eigenes Auto leisten konnte. An den

Wochenenden renovierte und erweiterte er

das eigene Wohnhaus und engagierte sich,

soweit es die Zeit zuließ, im Sportverein. Drei

weitere Kinder kamen in Waizenkirchen zur