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FODN - 68/01/2018

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INFORMATION AUS DER GEMEINDE

Die Wetterbeobachter

- eine unverzichtbare Spezies Mensch

Mit der Gründung der staatlichen Messdienste wie Zentralanstalt für Meteorologie und Geody-

namik (1851) oder Hydrographischer Dienst in Österreich (1893/94) wurden die „Beobachter“

vor Ort eine unverzichtbare Notwendigkeit.

(Ich möchte zum Zweck der besseren Lesbarkeit in diesem Bericht für „Beobach-

ter“ das generische Maskulinum verwenden, wenn auch Vertreter beiderlei Geschlechts im Beobachtungsdienst tätig sind.)

Von Dr. Wolfgang Gattermayr

A

uslöser für die Gründung dieser

Dienststellen waren wiederkeh-

rende Naturkatastrophen in der

Mitte des 19. Jahrhunderts, die für die

Bevölkerung mit Hochwasser, Dürreka-

tastrophen u.dgl. eine existentielle Be-

drohung darstellten. Es wurden daher

Messnetze eingerichtet, die über Land

verteilt für die Beobachtung des Wet-

ters mit seinen Erscheinungen und den

Folgen wie Hochwasser, aber auch Erd-

beben zuständig waren.

Diese „Wetterstationen“ und „Pegel-

messstellen an den Gewässern“ wurden

von Beobachtern vor Ort betreut, d.h. es

wurden diverse Messgeräte regelmäßig

beobachtet, abgelesen und kontrolliert

und die Messwerte und Wettererschei-

nungen in einem Protokoll vermerkt

und monatlich an die zentrale Dienst-

stelle auf dem Postweg versendet.

Die ehrenamtlichen Beobachter

Betreut wurden und werden diese

Messstationen von Menschen aus der

Bevölkerung, die an dieser Tätigkeit in-

teressiert waren bzw. sind und sich für

dieses Ehrenamt von Mitarbeitern der

Dienststellen einschulen ließen.

Männer wie Frauen sind für diese Tätig-

keit gleich gut geeignet und wohnen meist

ganz in der Nähe „ihrer“ Messstation.

Gewisse Voraussetzungen müssen die

Beobachter allerdings erfüllen, damit

sie sich für diese Tätigkeit qualifizieren.

Dazu zählen folgende Eigenschaften:

„Bodenständigkeit“

Die Messungen und Beobachtungen

sind an den Standort der Messstelle

gebunden. Ein Beobachter, der viel auf

Reisen ist, wäre für diese Tätigkeit un-

brauchbar, da zu viele Messausfälle die

Folge wären. Aber wenn ein geeigneter

Vertreter einspringen kann – wie dies in

einer Familie häufig der Fall ist – lässt

sich diese Aufgabe ohne weiteres über-

nehmen, wenn damit die lückenlose Be-

obachtung gewährleistet ist.

Zudem sollte „der Beobachter, die

Beobachterin“ nicht nur zu bestimm-

ten Zeitpunkten die Messwerte ablesen,

sondern auch den Verlauf des Wetterge-

schehens protokollieren.

Wie z.B.:

die Art des Niederschlags (Regen,

Schnee, Graupel, Niesel, Hagel usw.)

Intensität des Niederschlags

(Stufenskala)

Beginn und Ende des Niederschlags,

Pausen, unter Angabe der Uhrzeit

- usw.

„Pünktlichkeit“

Die Messungen durch den Beobach-

ter dürfen nicht „irgendwann“ erfolgen,

sondern zu bestimmten Zeitpunkten

(„Messterminen“); andernfalls wäre die

Vergleichbarkeit der Messwerte von ver-

schiedenen Stationen nicht gegeben. So

wäre eine regionalisierte Betrachtungs-

weise von einzelnen Klimaelementen

kaum möglich oder auch die Ursachen-

forschung (Niederschlag-Hochwasser,

Lufttemperatur – Schneeschmelze,

Sommertemperatur - Gletscherverhal-

ten) nicht zielführend.

„Genauigkeit“

Das ist eine persönliche Eigenschaft,

die das zeitliche Protokoll ebenso be-

trifft wie die Ablesegenauigkeit von

Skalen an Messgeräten oder die Ein-

schätzung von Naturerscheinungen z.B.

Stärke des Windes, Niederschlag (Dau-

er und Intensität), Schneehöhe, Wasser-

stand am Pegel, Vereisung des Gewäs-

sers, Bewölkung, Sichtweite, usw.

„Naturwissenschaftliches Interesse“

Ein guter Beobachter ist fast immer

ein naturverbundener Mensch. Die viel-

fältigen und oft unscheinbaren Ände-

rungen in der Natur entgehen ihm nicht,

wie z.B. das erste Aufblühen von Zei-

gerpflanzen.

Diese angeborene Neugier ist der An-

trieb für seine erfolgreiche Tätigkeit

als Beobachter. Mit dieser natürlichen

„Grundausstattung“ wird dem Beob-

achter dieses freiwillige Amt quasi zu

einem zweiten (unbezahlten) Beruf bzw.

zur Berufung.

„Vertrauenswürdigkeit und

Verlässlichkeit“

Der Beobachter vor Ort ist der ver-

längerte Arm der Dienststelle, die in

Innsbruck (Hydrographischer Dienst

Tirol) bzw. in Klagenfurt (ZAMG/Zen-

tralanstalt für Meteorologie und Geo-

dynamik) ihre regionale Zentrale hat.

Auf den örtlichen Beobachter muss sich

die vorgesetzte Dienststelle verlassen

können. Seine Protokolle mit den Mess-

werten und handschriftlichen Eintra-

gungen sind Grundlage für sämtliche

weiterführenden Auswertungen und

Berechnungen. Auch in diversen Ge-

richtsverfahren kann auf diese Unterla-

gen zurückgegriffen werden.

Die regionale Verschiedenheit der

Wettererscheinungen darf ein Beobach-

ter nicht ausnützen um zu schwindeln,

wenn er z.B. Messtermine nicht einge-

halten hat. Auch wenn die zuständigen

Fachleute in Innsbruck oder Klagenfurt

sitzen „und vielleicht eh nicht drauf-

kommen“.