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FODN - 65/01/2017
MENSCHEN IN KALS
Von Petra Tembler
J
asmin ist im Dezember 1987 gebo-
ren und hat hier in Kals die Volks-
und Hauptschule besucht. Gleich
zu Beginn unseres Gesprächs macht
sie klar, dass sie diese Tatsache sehr
schätzt. „Ich glaube, dass man als Kind
eine ganz besondere Bindung zum Ort
und den Menschen aufbaut, wenn man
bis zum 14. Lebensjahr hier in die Schu-
le gehen kann. Es ist immer noch früh
genug, wenn man dann mit 14 Jahren
in eine weiterführende Schule oder an
einen Lehrplatz kommt und dort neue
Eindrücke gewinnt. Bis dahin hat man
ein bisschen Zeit, sich zu erden. Ich
habe das sehr geschätzt und bin auch
noch heute froh darüber, dass ich diese
Möglichkeit hatte.“
Im Jahr 2002 wechselte Jasmin nach
Lienz und besuchte dort die HBLA, auch
diese Entscheidung bereut sie keines-
wegs. Die Fertigkeiten, die sie sich dort
zu eigen machte lernte sie spätestens
2007 nach ihrer Matura schätzen. Sie
begann ein Studium der Rechtswissen-
schaften an der juridischen Fakultät in
Innsbruck. Durch die Bodenständigkeit,
die sie in der Grundschulzeit mitbekom-
men hatte und die Fähigkeit, sich selbst
zu verköstigen und auf sich zu schauen,
machten es ihr einfach, in Innsbruck
schnell Fuß zu fassen und sich in ihrem
neuen Leben zu orientieren. In weniger
als der Mindeststudienzeit machte sie
ihren Abschluss. Dies gelang ihr, ob-
wohl es nie ihr erklärtes Ziel war, Ju-
ristin zu werden. „Eigentlich wollte ich
Sportmedizinerin werden, aber nach der
Matura wurde daraus ein Jus-Studium.“
Schmunzelnd gibt sie zu, dass ihr schon
während ihrer Zeit an der Universität
aufgegangen ist, dass die Juristen ein
eigenes Volk sind, doch obwohl sie sich
auch heute nicht als „Vollblut-Juristin“
bezeichnet, die „nichts anderes als das
Gesetz kennt“, entwickelte sie spätes-
tens beim Arbeiten am Gericht eine
Leidenschaft für die Materie. Nachdem
sie 2011 ihre Magisterarbeit fertigge-
stellt hatte, trat sie das Gerichtsjahr an.
In dieser Zeit lernte sie sowohl das Be-
zirks- und Landesgericht Innsbruck so-
wie die Staatsanwaltschaft kennen.
Begonnen hat sie beim Bezirksgericht
in der Abteilung Zivilrecht. In dieser
Phase der Ausbildung durfte sie Beisit-
zerin bei den Verhandlungen sein und
für den Ausbildungsrichter die Urtei-
le im Prozess schreiben. Dieser prüfte
sie dann und übernahm sie gegebenen-
falls – sofern das Urteil nachvollziehbar
war. Danach wechselte Jasmin in die
Außerstreit-Abteilung, wo Scheidun-
gen, Obsorge oder Sachwalterschaften
verhandelt wurden. Nach zwei Monaten
durfte sie das Landesgericht kennen-
lernen, wo bereits größere Fälle auf sie
warteten. In der Strafabteilung schrieb
sie die Urteile der Richter zu Tatbestän-
den wie Körperverletzung, Betrug und
Sexualdelikten.
Danach konnte Jasmin noch zwei Mo-
nate lang die Staatsanwaltschaft Inns-
bruck kennenlernen. Dies ist im Ge-
richtsjahr nicht zwingend vorgesehen,
doch es war ihr eigener Wunsch, nicht
nur zu sehen, wo entschieden wird, son-
dern auch den Ermittlern bei der Arbeit
über die Schulter zu schauen. In die-
sem Metier hat sich Jasmin etwas mehr
daheim gefühlt. „Bei Gericht kommt
man sich oft vor wie in einem Spielfilm.
Wenn eine Seite erzählt, denkt man sich
nur – oh mein Gott! – wenn aber dann
die andere Seite berichtet, erscheint al-
les wieder in einem total anderen Licht.
Wem glaubt man? Als Richter ist es
deine Aufgabe, die goldene Mitte zu
finden und eine richtige Entscheidung
zu treffen.“ Sie gibt zu, nicht besonders
entscheidungsfreudig zu sein, weshalb
sie nicht die besten Voraussetzungen für
das Richteramt mit sich bringt. Ihr sei
es lieber, ein Ziel vor Augen zu haben
und für dieses zu kämpfen.
Eigentlich war sie als Übernahme-
werberin fürs Gericht gelistet, also als
Bewerberin um eine Ausbildungstelle
bei Gericht. Im Laufe der Zeit erkannte
sie aber, dass dies nicht die Laufbahn
ist, die sie einschlagen wollte, sondern
dass die Tätigkeit als Rechtsanwältin
viel eher ihren Berufswünschen ent-
sprach. Dies setzt allerdings 5 Jahre
Praxis voraus und hier hatte Jasmin
großes Glück: Sie bekam eine Anstel-
Sicherlich haben schon einige unserer LeserInnen erfahren, dass es seit 1. September 2016
eine selbstständige Kalser Anwältin gibt: Jasmin Oberlohr, Tochter von Anna und Sepp Oberl-
ohr vlg. Weiskopf, hat ihre eigene Kanzlei in Innsbruck eröffnet.
Jasmin Oberlohr -
der Schritt in die Selbstständigkeit
Jasmin Oberlohr