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ummer

56 - A

pril

2017

C

hronik

schulfreie Tage wegen Holz-

und Kohlemangel. Wer nicht

selber genug Heizmaterial

hatte, war arm dran.

Durch die Schweizergasse

wurde versucht, den ersten

Fahrweg zu eröffnen, obwohl

der Schneeboden noch ca. 1 m

über dem Erdboden lag.

Am 16. Feber wurde ge-

schrieben, dass es auf dieser

Schneestraße nun möglich

sei, mit Schlitten Lasten zu

transportieren. Es wird als

„drollig“ beschrieben, dass

man von dort auf die Leute

am Gehsteig hinunterschau-

en konnte und ebenso, dass

die, welche unten unterwegs

waren, die Füße der oben Ge-

henden in Gesichtshöhe hat-

ten. In gewissen Abständen

führten 3 bis 5 Schneestufen

auf die Gehsteige, die oft mit

schlüpfrigem Eis bedeckt

waren. Ein schneebeladener

Handschlitten nach dem an-

deren bewegte sich in Rich-

tung Iselsteg und Isel. Mit

unermüdlichem Ameisenfleiß

plagten sich Schulknaben und

70jährige beim Entfernen des

Schnees.

Interessant liest sich, was

die Münchner Zeitung vom

2.2.1917 schrieb: Die Schnee-

höhe in der Stadt Lienz be-

trägt vier Meter. Über der

Schneedecke auf den Straßen

wurden Fußwege hergestellt,

die 2 - 3 m über der eigentli-

chen Straße, also fast in Höhe

der 1. Stockwerke führen.

Viele höher gelegene Höfe,

besonders in den Seitentälern,

sind von jedem Verkehr abge-

schnitten. Das Wild kommt

bis in die Ortschaften.

In den „Lienzer Nachrichten“

vom 16. Feber wird beklagt,

dass wegen der eingerück-

ten Soldaten großer Mangel

an Arbeitskräften herrscht

und dass nun als Ersatz ge-

fangene Russen eingesetzt

würden. Als erste apere Flä-

che wird das Süddach der

Stadtpfarrkirche genannt, wo

der Schnee vom Dach nun

auf dem alten Friedhof einen

entsetzlichen Haufen bildete.

Zur Tür der Sakristei stieg

man zuerst über eine Leiter in

eine regelrechte Schlucht.

Am 23. Februar wurde von

Tauwetter geschrieben, wo-

durch die Gehstraße für die

Geher und Pferde gefähr-

lich wurde. Ein Beinbruch

war bekannt geworden. Das

Schmelzwasser wurde für

die Straßenanrainer nun das

nächste Problem. Durch den

Hauptplatz führte nun schon

eine breite Straße, und an der

Fortsetzung durch die Rosen-

gasse zur Messinggasse wur-

de fest gearbeitet. Über die

Russen, nun als mehrheitliche

Schaufler, stand geschrieben:

Es ist ein nettes Bild, wie

die Leute mit den fremden

Gesichtern, oft mit den sibi-

rischen weißen Pelzkappen

bedeckt, zu vielen Dutzenden

nebeneinander pickeln und

schaufeln. Gegen 20 Fuhr-

werke führten den Schnee in

die Wiere.

Am 9. März stand zu lesen:

Die ersten Blumen

Eisblumenblumen

blühten

den ganzen Winter und lei-

der noch jede Märznacht (bis

minus 8°). Der Erdboden ist

durchschnittlich noch mit

metertiefem Schnee bedeckt.

An sehr steilen Hängen auf

der Sonnseite ist an man-

chen Stellen der Schnee ab-

gerutscht, wo uns an diesen

aperen Stellen die Frühlings-

krokusse daran erinnern, wie

es um diese Zeit sein könnte.

Schlussbemerkungen

Gerade im heurigen Winter

sind solche Schneeberichte

u. ä. besonders erstaunlich.

Wenn man beim Lesen und

Vorstellen zwar absolut nicht

mit Neid erfüllt wird, so hat

sich der heurige Winter hin-

sichtlich Schneemenge bisher

aber als das andere Extrem

gezeigt. Laut Erzählungen al-

ter Gemeindebewohner/innen

gab es auch schon früher zu-

mindest ähnliche Winter, de-

nen aber ab und zu ein Früh-

ling mit meterhohem Schnee

(sogar im Mai) folgte.

Über den Bericht in der

Münchner Zeitung muss man

schmunzelnd feststellen, dass

auch schon vor 100 Jahren in

Zeitungen übertrieben bzw.

nicht immer ganz wahrheits-

getreu berichtet wurde. Dass

es nur eine Zeitung gibt, in

der sowas nicht passiert, wird

den Lesern der „Sonnseiten“

wohl klar sein?!

Und das waren die fleißigen Schneeschaufler mit dem zufrie-

denen Herrn Pfarrer nach getaner Arbeit.

Ungewohnte Schneemengen im Kirchenbereich im Winter

1974.

Fotos: Ortschronik

Auf der Straße zu den Bergbauernhöfen kam um 1970 „tie-

rische“ und auch schon technische Hilfe zum Einsatz.