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Neuerungen im Erbrecht

Aktuelles

Bisher waren für im Ausland leben-

de österreichische Staatsbürgerin-

nen/österreichische Staatsbürger,

die auch dort versterben, österrei-

chische Gerichte unter Anwendung

österreichischen Rechts zuständig.

Aufgrund der EU-Erbrechtsverord-

nung wird nicht mehr an die Staats-

bürgerschaft der Verstorbenen/des

Verstorbenen angeknüpft; Kriterium

für die Zuständigkeit der Gerichte

sowie für die anwendbare Rechts-

ordnung ist dann der gewöhnliche

Aufenthalt dieser Person im Zeit-

punkt ihres Todes. Lebt und verstirbt

eine Österreicherin/ein Österreicher

beispielsweise in Frankreich, sind

daher ab 17. August 2015 grund-

sätzlich französische Gerichte für

die Verlassenschaft zuständig. Die-

se müssen französisches Recht an-

wenden.

Soll stattdessen das Erbrecht

des Staates angewendet werden,

dem die Person angehört, kann

dies durch ausdrückliche „Rechts-

wahl“, z.B. in einem Testament, er-

folgen.

Neuerungen ab 1.1.2017

Pflegevermächtnis

Pflegeleistungen durch nahe Ange-

hörige werden ab 1. Jänner 2017

erstmals im Erbrecht berücksich-

tigt. Der pflegenden Person ge-

bührt künftig ein gesetzliches Ver-

mächtnis, wenn die Pflege an der

Verstorbenen/dem Verstorbenen in

den letzten drei Jahren vor ihrem

Tod/seinem Tod mindestens sechs

Mit 1. Jänner 2017 wird der überwiegende Teil des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 in

Kraft treten. Die neuen Regelungen sind bei Todesfällen ab dem 1. Jänner 2017 anzuwen-

den. Durch die Reform werden nicht nur veraltete Formulierungen sprachlich angepasst

und überholte Bestimmungen abgeschafft, sondern auch neue Regelungen geschaffen.

Monate in nicht bloß geringfügigem

Ausmaß (in der Regel durchschnitt-

lich mehr als 20 Stunden im Monat)

erbracht wurde. Weitere Voraus-

setzung ist, dass die Pflege unent-

geltlich durchgeführt wurde. Die Er-

füllung des Pflegevermächtnisses

wird von der Gerichtskommissärin/

dem Gerichtskommissär (das ist die

Notarin/der Notar) durch einen Eini-

gungsversuch gefördert.

Außerordentliches Erbrecht von

Lebensgefährten

Nach geltender Rechtslage werden

Lebensgefährtinnen/Lebensgefähr-

ten erbrechtlich als Fremde be-

trachtet. Sie haben somit keinerlei

Erbansprüche, auch keine Pflicht-

teilsansprüche, können aber in ei-

nem Testament bedacht werden.

Ab 1. Jänner 2017 kommt Lebens-

gefährtinnen/Lebensgefährten un-

ter bestimmten Voraussetzungen

ein außerordentliches Erbrecht zu,

nämlich vor dem Erbrecht von Ver-

mächtnisnehmerinnen/Vermächt-

nisnehmern und der Aneignung

durch den Bund (bisher sogenann-

tes „Heimfallsrecht“ des Staates).

Gibt es also keine (durch Testament

eingesetzten oder gesetzlichen) Er-

ben, erbt die Lebensgefährtin/der

Lebensgefährte. Voraussetzung ist,

dass sie/er mit der Verstorbenen/

dem Verstorbenen zumindest in den

letzten drei Jahren im gemeinsa-

men Haushalt gelebt hat und dass

die Verstorbene/der Verstorbene im

Zeitpunkt des Todes weder verhei-

ratet war noch in einer eingetrage-

nen Partnerschaft gelebt hat.

Automatische Aufhebung von

Testamenten durch Scheidung

Derzeit wird eine letztwillige Ver-

fügung, z.B. ein Testament, das

zugunsten der Ehepartnerin/des

Ehepartners errichtet wurde, nicht

automatisch mit der Scheidung auf-

gehoben. Es muss nach geltender

Rechtslage widerrufen werden, da-

mit sie/er im Todesfall nicht erbt.

Durch die Erbrechtsreform wird die

Vermutung eines stillschweigenden

Widerrufs solcher letztwilliger Verfü-

gungen gesetzlich festgelegt: Künf-

tig werden Testamente zugunsten

der früheren Ehegattin/des früheren

Ehegatten, der eingetragenen Part-

nerin/des eingetragenen Partners

oder der Lebensgefährtin/des Le-

bensgefährten automatisch aufge-

hoben, wenn die Ehe, eingetragene

Partnerschaft oder Lebensgemein-

schaft aufgelöst wird. Gleiches gilt

bei Aufhebung der Abstammung

oder Adoption. Möchte die Verstor-

bene/der Verstorbene, dass das

Testament gültig bleibt, so kann sie/

er letztwillig ausdrücklich das Ge-

genteil vorsehen.

Pflichtteilsberechtigte Personen

Nach geltendem Recht haben die

Nachkommen, die Ehegattin/der

Ehegatte, die eingetragene Part-

nerin/der eingetragene Partner und

die Eltern von Verstorbenen An-

spruch auf den Pflichtteil. Dieser si-