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FODN - 64/03/2016

MENSCHEN IM PORTRAIT

Von Petra Tembler

W

ahrscheinlich kennt sie ein jeder

Kalser… zumindest ihre Stim-

me ist sicher jedem bekannt.

Seit fast 20 Jahren ist die Hoara Thresl

als Vorbeterin in unserer Pfarre tätig.

Angefangen hat sie damit, als ihre Tan-

te Dora im Jahr 1997 verstarb. Hinter

dem immer freundlich lächelnden Ge-

sicht der Hoara Thresl verbirgt sich ein

erfülltes Leben, voll von zahlreichen

Schicksalsschlägen, die ihr aber nie die

gute Laune und das Vertrauen in Gott

genommen haben.

Thresl empfängt mich bei sich zu

Hause in Großdorf und beginnt gleich

mit den Worten: „Petra, stell da fia, 10

Kinder seima geweisen ben Hoara, und

hetz samma schon lamma ze viert – und

i bin die älteste!!“ Da merkt man schon,

der Tod hat in Thresls Leben einen be-

sonderen Stellenwert und sie erzählt mir

auch, warum das immer schon so war.

Theresia Koller wurde am 31. De-

zember 1939 beim Hoara in Großdorf

geboren. Sie war das älteste von zehn

Kindern von Maria und Johann Kol-

ler. Schon in sehr frühen Jahren lernte

sie Abschied zu nehmen. Ihre jüngere

Schwester Elisabeth verstarb im Al-

ter von drei Jahren an Diphterie. Nach

der kleinen Elisabeth bekamen die El-

tern noch weiteren Nachwuchs: Kaspar

(1944), Maria (1946), Hans (1947), Josef

(1949), Elisabeth (1951), Rupert (1953),

Magdalena (1954) und Peter (1956). Ich

wundere mich, warum die Eltern eine

weitere Tochter Elisabeth nennen. „Das

hatte den Grund, dass beim Simener

nicht nur eine Schwester so geheißen

hat, sondern auch die Frau, die der Hof-

übernehmer ein paar Jahre später ge-

heiratet hat.“ Jetzt kenne ich mich gar

nicht mehr aus. Thresl erklärt mir, dass

die „Simenere“ die „Voterleit“ von den

„Hoaras“ waren. Als zugezogene, Mitte

Zwanzig-Jährige aus dem Lienzer Tal-

boden bin ich jetzt ungefähr gleich klug

wie vorher. Thresl klärt mich auf, dass

es zur damaligen Zeit Brauch war, eine

Familie als „Votaleit“ zu bestimmen.

Die Kinder der eigenen Familie wurden

dann nach Lebenden und Verstorbenen

der „Votaleit“-Familie benannt. Diese

übernahmen auch die Patenschaft für

die Kinder. Jetzt dämmert es mir wie-

der… das hatte ich ja schon einmal ge-

hört…

Doch auch die zweite Elisabeth wur-

de nie erwachsen: An einem Herz-Jesu-

Sonntag, sie wollte gerade die Kirchen-

blätter austragen, wurde sie in der Nähe

vom „Weideter“ vomBlitz getroffen. Ich

bin ganz bedrückt von dieser Geschich-

te, aber Thresl meint: „Da Herrgott sog,

wonn’s umma isch. Und wenn er sog,

dann is vorbei – und nit ondasch isches.

Wenn’s sein will, nochant is aso!“ Ich

wundere mich über so viel Zuversicht,

aber auch dafür gibt mir Thresl eine

Erklärung. Zwei Jahre nach der Geburt

des jüngsten Sohnes Peter erkrankte die

Mutter schwer. Sie hätte noch ein weite-

res Kind erwartet, aber die Schwanger-

schaft verlief nicht nach Plan. Nach dem

„Auf der Arbeit war ein Segen...“

„Gott ist der Arzt, ich bin sein Knecht, wenn’s ihm gefällt, dann mach ich’s recht!“

Theresia Hanser, geborene Koller, berichtet im Interview mit Petra Tembler über ihre

Erfahrungen mit Familie, Beruf und einem Leben, in dem der liebe Gott immer einen Platz hat.

Theresia Hanser - „Hoara Thresl“