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Virgen

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500 Jahre „Leck mich …“

I

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Der unermüdliche Krieger ist auch als

„Ritter mit der eisernen Hand“ bekannt:

1504 wurde seine rechte Hand durch

Splitter einer Kanonenkugel so schwer

verletzt, dass sie amputiert werden

musste. Nachdem die Wunde verheilt

war, ließ er sich eine Prothese aus Eisen

mit beweglichen Fingern anpassen. So

konnte er weiterhin das Schwert führen

oder die Muskete laden und abschießen.

Eine zweite, später gefertigte, hatte so

raffinierte Feder-Mechanismen, dass

man jedes Fingerglied einzeln bewegen

und auch das „Handgelenk“ drehen

konnte.

Obwohl fast ständig kämpfend unter-

wegs, fand Götz von Berlichingen doch

Zeit, um zweimal zu heiraten und Vater

von 10 Kindern zu werden. Letztlich

war ihm das für jene Zeit „biblische“

Alter von 82 Jahren vergönnt; er starb

1562 daheim auf Burg Hornberg.

Quellen:

Georg Markus: „Der unfeine Gruß des

Herrn Götz von Berlichingen“

in der Tageszeitung „KURIER“

vom Mi., 3. 2. 2016

Internet:

https://de.wikipedia.org/wiki/

Schwäbischer_Gruß

https://de.wikipedia.org/wiki/

Götz_von_Berlichingen_(Goethe)

Bildnachweis:

Abb. 1:

https://de.wikipedia.org/wiki/

Götz_von_Berlichingen

Abb. 2 und 3:

https://de.wikipedia.org/wiki/

Eiserne_Hand_(Götz_von_Berlichingen)

Abb. 3: Erstaunliche Handwerkskunst jener

Zeit (ca. 1530 !) – die Mechanik in der

zweiten Prothese

Diesmal eine Geschichte, die in keinem

Zusammenhang mit Virgen steht –

außer, dass wohl jede/r von uns diese un-

feine Aufforderung wenn schon nicht

gesagt, so doch manchmal gedacht hat.

Gottfried (Götz) von Berlichingen ist

keine Fantasiegestalt, sondern war eine

schillernde Persönlichkeit des ausgehen-

den Mittelalters. 1480 geboren, wurde er

einerseits höfisch erzogen (er konnte,

wenn auch unbeholfen, schreiben und

lesen), andererseits erwarb er sich schon

im jugendlichen Alter den Ruf eines

Kämpfers, der keinem Streit aus dem

Weg ging. Viele dieser kriegerischen

Auseinandersetzungen hatten persön-

liche Gründe, bei unzähligen anderen

stand er als Söldner im Dienste dieses

oder jenes Landesherrn. Das Raubritter-

tum war ihm ebenfalls nicht fremd, des-

wegen wurde er zweimal verurteilt und

geächtet. Auf einem seiner letzten

Kriegszüge kam er 1540 – bereits 60

Jahre alt – bis in die Gegend von Wien,

um türkische Plünderer zu bekämpfen.

Wir wissen über Götz von Berlichingen

deshalb so gut Bescheid, weil er eine

Autobiographie verfasste und viele Be-

gebenheiten seines Lebens niederschrieb.

1516 – vor 500 Jahren – hatte er einen

„Wickel“ mit den Mainzer Domherren

und zündete nahe der Burg Krautheim

eine Scheune an. Als die Flammen auf-

loderten, beschimpfte ihn der Burgver-

walter von einem Fenster aus, doch

„...

da schriehe ich wider zu ime hinauff,

er soldt mich hinden leckhenn.“

(Ori-

ginaltext)

Die genauere „Ortsbezeichnung“ des

„hinden“ verdanken wir Johann Wolf-

gang Goethe; ihm waren die Aufzeich-

nungen von Götz bekannt, sodass er

Teile davon für sein 1773 geschriebenes

Theaterstück „Götz von Berlichingen“

verwendete. Im dritten Akt des Dramas

soll Götz verhaftet werden, weil er Kauf-

leute überfallen und ausgeraubt hat. Er

verschanzt sich jedoch in seiner Burg

und wird belagert. Als ihn ein Unter-

händler zur Aufgabe überreden will, lässt

der „Dichterfürst“ seine Hauptfigur die

derben Worte sprechen:

„... Sag deinem

Hauptmann: Vor Ihro Kaiserlichen

Majestät hab ich ... Respekt. Er aber,

sag‘s ihm, er kann mich im Arsche

lecken!“

(gekürzte Wiedergabe)

Dieser Spruch verbreitete sich als „Götz-

Zitat“ sehr schnell, brachte dem damals

erst 24-jährigen Goethe große Bekannt-

heit ein und wird heute noch im gesam-

ten deutschsprachigen Raum – laut oder

leise (siehe oben) – verwendet. Seine

„Urform“ geht jedoch auf Götz von Ber-

lichingen selbst und das Jahr 1516 zu-

rück.

500 Jahre „Leck mich ...“

Abb. 2: Die beiden „eisernen Hände“ des

Götz imMuseum der Burg Jagsthausen

(Deutschland).

Abb. 1: Götz von Berlichingen