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Virgen

Aktiv

36

I

Virger Lebensbilder

Virger Zeitung: Vor 60 Jahren bist du

von der Großstadt nach Osttirol ge-

zogen. Man kann sich vorstellen, dass

dies eine enorme Veränderung für

dich bedeutet hat. Wie ist es dir in der

ersten Zeit in Virgen ergangen?

Die Umstellung war für mich enorm. Ich

habe vorher noch in Wien in einem Ver-

lagshaus gearbeitet. Friedl war meine große

Liebe. Da er sich nur sehr schwer hätte von

seiner Heimat trennen können, bin ich

1956 zu ihm nach Virgen gezogen. Schon

bald hat sich der ersehnte Nachwuchs ein-

gestellt. Das hat mir das Einleben sehr er-

leichtert. Da ich über einen Handelsschul-

abschluss und Bürokenntnisse verfügte, hat

man mir schon bald nach der Geburt von

Gottfried eine Arbeit im Tourismusbüro

angeboten. Diese Arbeit habe ich gerne an-

genommen, zum einen weil wir das Geld

notwendig gebraucht haben, zum anderen

konnte ich auch die Virger kennenlernen –

und sie mich. So habe ich bald hier Fuß

fassen können. Später wurde dann die

Stelle des Gemeindesekretärs frei. Der da-

malige Bürgermeister hat mich gefragt, ob

ich nicht diese übernehmen möchte. Ich

arbeitete dann sieben Jahre dort, und das

sehr gerne. Nach der Geburt unseres zwei-

ten Kindes war für mich die Gemeinde-

arbeit nicht mehr möglich, da ich zuhause

viel zu tun hatte. Ich war wahrscheinlich

davor schon als berufstätige Mutter eine

Ausnahme zu der Zeit. Zudem haben wir

im Haus Fremdenzimmer hergerichtet.

Die drei Kinder und die Gäste, das war

viel Arbeit, daher habe ich die Amtsleiter-

tätigkeit aufgegeben. Ich habe aber auch in

den Jahren danach immer wieder im Ge-

meindeamt ausgeholfen.

Virger Zeitung: Dein Gatte prof. Gott-

fried Fuetsch war ein berühmter Bild-

hauer. Inwieweit hast du deinen

Mann bei seiner Künstlerkarriere

unterstützen können?

Der Friedl war ein begnadeter Künstler

und ich konnte ihn durch meine Berufser-

fahrung als Sekretärin unterstützen. Der

Existenzaufbau eines Künstlers erfordert

Management, das konnte ich für ihn

erledigen. Von Kunst verstand ich wenig.

Gerade deshalb hat mich Friedl häufig um

meine Meinung zu seinen Kunstwerken ge-

fragt. Die Meinung von „Laien“ war ihm

sehr wichtig.

Nach seinem Tod habe ich den künstleri-

schen Nachlass verwaltet. Es freut mich

sehr, dass es mir gelungen ist, zu Friedl‘s

10. Todestag, zugleich auch 90. Geburts-

tag, ein Buch über sein Leben und künst-

lerisches Schaffen herauszugeben.

Virger Zeitung: Viele kennen dich von

deinen kulturhistorischen Führungen

in der Wallfahrtskirche Maria Schnee.

Welche Bedeutung hat diese Kirche

für dich persönlich?

Die Kirche in Obermauern bedeutet mir

sehr viel. Die Führungen habe ich immer

gerne gemacht. Dabei habe ich viele

unterschiedliche Menschen kennengelernt,

und es hat mich gefreut, ihnen über unser

kulturhistorisches Kleinod zu erzählen. Die

Kirche hat für mich persönlich eine wich-

tige religiöse Bedeutung. Durch die einge-

hende Betrachtung der wunderschönen

Fresken habe ich erst so richtig zum Glau-

ben gefunden. Die Szenen aus dem Leben

und Sterben Jesu haben mir unsere Reli-

gion näher gebracht.

Virger Zeitung: Kürzlich wurdest du

für dein Engagement um „Tanzen ab

der Lebensmitte“ ausgezeichnet. (Wir

berichten in dieser Ausgabe darüber.).

Wie hast du es geschafft, so viele per-

THERESIA FUETScH

Theresia Fuetsch ist in Wien aufgewachsen. In den Nachkriegsjahren hat sie

mehrmals mit ihrer Familie und Freunden in Virgen Urlaub gemacht. Dabei hat

sie den Bildhauer Gottfried Fuetsch kennen und lieben gelernt. 1956 heiraten die

beiden und zogen nach Virgen, wo sie sich ihre Existenz aufgebaut haben. Resi

hat das Management für ihren Mann erledigt und so einen ganz wesentlichen

Beitrag zu seinemBekanntwerden geleistet. Sie ist aber nicht nur die starke Frau

hinter einem erfolgreichen Mann. Sie hat sich selber aktiv ins Dorfleben einge-

bracht. Unter anderem hat sie die Frauenrunde gegründet und „Tanzen ab der

Lebensmitte“ initiiert und geleitet. In drei Jahrzehnten hat sie bei ihren Füh-

rungen wohl einige tausend Besucher durch die Wallfahrtskirche Maria

Schnee geleitet.

Im nachfolgenden Interview mit der Virger Zeitung spricht die 85-Jährige sehr

persönlich über ihr Leben.