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54 - J
uli
2016
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hronik
Vor 50 Jahren - Sommer 1966
Vermurungen und Todesfall durch den Grafenbach
In der Gemeindechronik habe
ich einen Bericht der dama-
ligen Chronistin Frau VSL
Claudia Oberhofer gefunden,
der die Dramatik jener Nacht
vom 17. auf den 18. August
1966 schildert:
„Dieses Jahr wird man sich
in Gaimberg noch lange mer-
ken. Brachte schon die Verle-
gung der Pipeline viel Unru-
he in unser Dorf, so folgten
Angst und Schrecken und
ungläubiges Staunen beim
unerwarteten Ausbruch des
Grafenbachls in diesem Jahr.
Nach einem total verregneten
Sommer folgten drei Sonnen-
tage bei 35 Grad im Schatten.
Nach Maria Himmelfahrt
begannen dann die heftigen,
pausenlosen Niederschläge;
drei Tage und Nächte lang.
Man konnte in Lienz nun eine
Niederschlagsmenge von 232
mm messen, davon allein am
16. August 113 mm.
Am 17. August ging beim
Freimann die Sirene. Das
Grafenbachl, das im Vorjahr
bei der anderswo großen Flut
fast klar geblieben war, kam
diesmal als schmutzige, brau-
ne Brühe. Nahe der Brücke
von Lienz zur Zettersfeldbahn
(Anmerkung: damals knapp
unterhalb der Kurve neben
dem großen Parkplatz) waren
die Arbeiten an der Ölleitung
noch nicht abgeschlossen und
die Leitung an dieser Stelle
noch offen. Die Straßenunter-
führung für den Grafenbach,
noch ein Behelfsrohr, konn-
te das Schlammwasser nicht
mehr schlucken und der Bach
rann über die Straße direkt in
die Rohrleitung. Zwei Bagger
arbeiteten pausenlos.
Schon um 20:00 Uhr wurden
die Bewohner von Grafen-
dorf gewarnt. In der Nacht
um 01:00 Uhr war es so weit:
Beim Egger Brückele ergoss
sich der Wildbach schon über
den Weg zum Wachtlechner.
In großer Eile räumte man
alle Häuser rund um die Kir-
che: Schuster, Santner, Trat-
ner, Pfarrhaus, Ober- und
Untermesner,
Schulhaus,
Valazza, die Neubauten Am-
raser, Preßlaber, Tschurt-
schenthaler. Die Familie
Kollnig/Gutternig, vulgo An-
gerer, stellte großzügig das
gesamte Wohnhaus bis zum
Dachboden zur Verfügung.
Etwa 30 Frauen und 25 Kin-
der verbrachten dort mehrere
Nächte.
Eine halbe Stunde später wur-
de die Brücke mitgerissen
und das Unheil nahm einen
anderen Lauf. Der Bach brach
nach links aus, bahnte sich ei-
nen völlig neuen Weg durch
die Erlen hinunter zur Zet-
tersfeldbahn-Talstation. Hier
in der Nähe ereignete sich der
Todesfall. Der Weber Bartl
Jeller und sein Neffe (Anm.:
Rudolf Jaggler) arbeiteten
noch im Graben der Pipeline,
als ein Schwall Wasser kam
und beide mitriss. Jeller er-
trank in der reißenden Flut,
sein Neffe konnte schwerver-
letzt geborgen werden.
Pausenlos arbeiteten unse-
re einsatzfähigen Männer
oben im Graben und herun-
ten im Dorf. Die Fahrer der
Pipeline-Maschinen räumten
unerschrocken das Bachbett,
obwohl längst schon die Sire-
ne einen neuen Murbruch an-
kündigte. Unsere Studenten
bedienten das Funkgerät auf
der Dreierstütze der Zetters-
feld-Bahn. Immer neue Wege
bahnte sich das Wasser. Der
große Parkplatz wurde ein
Schlammsee, die Böschung
rutschte ab und der Schlamm
mit Geröll bewegte sich zwi-
schen der Weberei Jeller und
dem neurenovierten Anwesen
von Bürgermeister Rainer in
die Felder.
Am Abend des 17. August
war auch das Thurner Feld-
wabl-Bachl wieder da. Jah-
relang hatte niemand mehr
von seiner Existenz etwas be-
merkt, bis es über die Felder
beim Votz, Lehrer Lercher,
Langer, Grunewald auf die
Straße rann. Man konnte die
Straße bis zum Seeber nur mit
einem Fahrzeug passieren.
Das Wasser staute sich, Sand-
Die neue Egger-Brücke und die große Sperrmauer ver-
schlangen viel Geld.
In diesem Bereich passierte in der Nacht das Unglück mit
Todesfolge.
Fotos: Ortschronik
So sah es in der Nähe des Rohbaues des Hotel Stocker (heute
Holunderhof) aus.