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Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

Chronik

Vor 90 Jahren - 22. Juli 1928

Nachprimiz von Franz Unterkircher

Berichte des Ortschronisten Franz Wibmer

Grund für dieses Fest in Gra-

fendorf: Die Eltern des Pri-

mizianten waren nach der

Pensionierung des Vaters als

„Oberlehrer“ (heute VSD)

von St. Jakob i. D. nach

Gaimberg gezogen, wo sie im

Untergeschoß des damaligen

Schulhauses wohnten. Vater

Vinzenz Unterkircher leitete

bis zu seinem überraschend

frühen Tod den hiesigen Kir-

chenchor, wobei Frau Mari-

anne die Orgel spielte - ins-

gesamt mindestens 25 Jahre.

Gedenktafeln am sogenann-

ten Grüftl erinnern an die ver-

dienstvollen Jahre in unserer

Pfarre. Vinzenz Unterkircher

war den damaligen Bürger-

meistern auch als Sekretär

behilflich.

In den „Lienzer Nachrichten“

wurde von der Nachprimiz

geschrieben und vom reich-

geschmückten Gotteshaus ge-

schwärmt - mit den schönen

„Tax-Verzierungen“, weiters

vom „Sängerchor mit den

schönen Gesängen“ (wobei

die Eltern des zu Feiernden

den wichtigsten Teil beige-

tragen haben werden) und

von der feierlichen Prozes-

sion und der überaus großen

Teilnahme der Bevölkerung.

Am Nachmittag fand noch

eine feierliche Vesper mit

anschließendem Primizsegen

statt.

Der Lebenslauf des Neu-

priesters (auch im Internet zu

finden) liest sich ziemlich in-

teressant:

Geboren in St. Jakob i. D.

als einziges Kind nach 15

Ehejahren, wobei die Mutter

bei der Geburt schon das 39.

Lebensjahr erreicht hatte. Es

ist gut vorstellbar, dass dem

Sohn der Weg zum Priester

durch die lang ersehnte Er-

füllung des Kinderwunsches

vorgegeben war, was aus St.

Jakob stammende Einheimi-

sche als so gegeben erzählten.

Bald anschließend an die

Primizfeiern wirkte der Neu-

priester nur ganz kurz in

Kals, bevor er im Realgym-

nasium in Innsbruck Religion

unterrichtete. Der Vater starb

schon in dieser Zeit, bevor

Sohn Franz nach Wien zog,

wo er 1939 allerdings aus

politischen Gründen (Nazi-

Regime) in den Ruhestand

versetzt wurde, den er für

das Studium der Kunstge-

schichte nützte, das er 1942

mit seinem 2. Doktorat

abschloss. In der Kriegszeit

feierte er auch noch Hochzeit

und nach Kriegsende trat er

in den Staatsdienst ein, wobei

er nach einer Zwischenstation

auf seiner Karriereleiter die

Österreichische Nationalbib-

liothek (die heuer ihr 650-jäh-

riges Bestehen feiert) erreich-

te. Als Oberstaatsbibliothekar

leitete er dort 19 Jahre lang

die Handschriftensammlung.

In diesem Zusammenhang

befasste er sich u. a. auch mit

seiner ehemaligen Heimat

Osttirol.

So erforschte und schrieb

er die Geschichte der Pfar-

re St. Jakob i. D., weiters

übersetzte er das Urbar der

Herrschaft Lienz (Verzeich-

nis der Besitzrechte der

Grundherrschaft und der zu

erbringenden

Leistungen

der Untertanen) vom Jahre

1583 in die allgemein lesba-

re Schrift. Dort kommt auch

Gaimberg vor, weil dort „die

vier obersten Bauern zu Hil-

fe kommen müssen, wenn in

der Alm böses Wetter kommt,

um das Vieh vor Schaden zu

bewahren. Die Gaimberger

sind auch schuldig, den Zaun

zwischen der Hofalm und der

Gaimberger Alm instandzu-

halten“.

Zumindest Sommerurlaube

mit seiner Familie führten

auch wieder in den Gaimber-

ger Bereich. Es ist mir nicht

bekannt, wie viel Zeit er in

den letzten Studienjahren und

bis zum Sterben der Mutter

(1952) hier verbracht hat.

Ein Foto, das ich von Frau

Maria Karré erhalten habe,

zeigt seine vier Kinder bei

bzw. in einem Brunnen auf

der Schlossherrenalm, welche

damals der „Leitner Sepp“,

ihr Vater, ein gebürtiger St.

Jakober, in Pacht hatte.

Überleitung zum nächsten

Beitrag

Vom eventuellen Anlass, über

die Nachprimiz des „Kaum-

Gaimbergers“ Franz Unter-

kircher zu schreiben, wusste

ich schon länger. Ich hab sei-

ne „Geschichte“ dann für in-

teressant genug gefunden, vor

allem, weil es eine besondere

Gemeinsamkeit am Lebens-

weg zu einem „echten Gaim-

berger“ gibt, der 40 Jahre spä-

ter seine Primiz hier feierte;

nämlich der Peter Webhofer,

vom vulgo Untermesner.

Weil ein Bericht über seine

Franz Unterkircher - wie da-

mals üblich auch als Bub mit

„Kittele“ - und seine Eltern

in St. Jakob.

Begrüßung durch den St. Jakober Bürgermeister vor der Pri-

miz.

Die Kinder des Ehepaares

Unterkircher

auf

der

Schlossherrenalm.

Fotos: Ortschronik