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Juni 2018

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Unsere Verstorbenen

W

altraud Geiger wurde am 7.10.1949 als dritte und

jüngste Tochter von Jakob und Anna Kutzer in Hohe-

nems (Vorarlberg) geboren. Sie wuchs in Götzis auf, wo sie die

Volks- und Hauptschule besuchte. Sie war eine gute Schüle-

rin und wollte gerne Lehrerin werden. Doch aus finanziellen

Gründen wurde ihr dies in diesen Nachkriegsjahren vom El-

ternhaus verwehrt.

Sie arbeitete als Wurstverkäuferin in Hohenems und lernte

dort einen jungen Lehrbub, ihren späteren Ehemann Norbert

Geiger, kennen. Die beiden zogen 1969 nach Lienz und heira-

teten. 1970 kam ihr erster Sohn Markus zur Welt. Die Familie

lebte vorerst in einer Wohnung am Hauptplatz in Lienz, Wal-

traud arbeitete mit ihrem Mann im Lebensmittelgeschäft ih-

res Schwiegervaters. 1977 übernahm Norbert den elterlichen

Betrieb und die Familie zog ins neu errichtete Wohnhaus in

Tristach. 1979 kam der zweite Sohn Thomas zur Welt.

Ihr Mann hatte ihr gesagt, dass man im Leben leider nicht al-

les planen könne. Waltraud sagte später immer wieder: „Und

dann ist es aber schon ganz anders gekommen …“.

Ihr Mann Norbert starb 1980 bei einem Verkehrsunfall am

unbeschrankten Bahnübergang in Lavant. Waltraud war nun

alleinerziehende Witwe, der ältere Sohn 10, der jüngere nicht

einmal 2 Jahre alt. Sein Tod hinterließ aber auch ein finanzielles

Desaster, das die folgenden Jahre von Waltraud prägen sollte.

Auch das Haus in Tristach war beliehen und sie wusste nicht,

ob sie nicht alles verlieren und nach Vorarlberg zurückgehen

müsste. Waltraud entschied sich aber, das Erbe anzunehmen

und zu kämpfen. Sie arbeitete ohne Unterlass in der Imbissstu-

be am Hauptplatz in Lienz, um sich und ihre Kinder durchzu-

bringen. Die Zeit für die Kinder wurde dabei leider oft sehr kurz.

Waltraud schaffte es über die Jahre, den Betrieb zu erhalten,

das Lebensmittelgeschäft war langfristig an die ADEG ver-

pachtet worden. Aufgrund von Rückenproblemen musste sie

Anfang der 90er-Jahre die Arbeit in der Imbissstube einstellen.

In der freien Zeit, die sie nun hatte, begann sie zu malen. Sie

durfte auch einige Bilder für Ausstellungen und den Adventka-

lender in Lienz zur Verfügung stellen. Sie war sehr stolz, dafür

ausgewählt worden zu sein.

Bei einem Leseabend im Messingstüberl lernte sie den Ass-

linger Josef Fuchs kennen, der seine Gedichte vortrug. Ei-

nes der gemeinsamen Ge-

sprächsthemen waren die

verstorbenen Ehepartner der

beiden und der Umgang mit

diesem Verlust. Sie lernten

sich in der Folgezeit näher

kennen und lieben und am

19.5.2007 gaben sie sich

kirchlich das Ja-Wort. Seppl

war ihr eine große Stütze

und ein äußerst liebevoller

Partner, sie harmonierten

sehr gut miteinander. Umso schlimmer war es für Waltraud,

als auch Seppl fünf Jahre später, im August 2012, bei einem

tragischen Bergunglück ums Leben kam. Waltraud haderte

mit dem Schicksal, fand keine Freude am Leben mehr.

Leider lebten ihre Kinder auswärts und konnten ihr kaum Bei-

stand geben. In der Folgezeit lernte sie Konrad Gasser kennen,

der ihr eine große Hilfe wurde.

2017 war geprägt von ihrer Krankheit. Im Februar erhielt

sie die Diagnose Brustkrebs, wurde erfolgreich behandelt,

bevor sie jedoch an Leukämie erkrankte und schließlich am

2.2.2018 verstarb.

Trotz ihrer Schicksalsschläge war Waltraud ein sozialer und

lebensbejahender Mensch. Sie brachte sich gern ein und

pflegte enge Freundschaften. Durch ihre Arbeit war sie wei-

tum bekannt und durch ihre offene und humorvolle Art bei

vielen Mitmenschen sehr beliebt. Am liebsten aber verkaufte

sie etwas – z. B. aushilfsweise am Stadtmarkt – und kam

dabei mit den Kunden ins Gespräch.

Ihr Gerechtigkeitssinn veranlasste sie oft, sich für andere ein-

zusetzen. Dabei war sie dafür bekannt, sich kein Blatt vor den

Mund zu nehmen. Als selbst ursprünglich „Zugereiste“, half

sie auch manchen Menschen, sich hier zuhause zu fühlen.

Sie hinterlässt ein tiefes Loch in der Familie – doch wir alle

glauben, dass sie dort gut aufgehoben ist, wo sie jetzt ist.

Ein großes Danke an alle, die sie begleitet haben verbunden

mit der Bitte, sie gut in Erinnerung zu behalten.

Waltraud Geiger,

geb. Kutzer,

† 2.2.2018