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er ein Kalenderblatt. Nach seinem Tod

übernahm 1910 Sohn Josef (1884 bis

1966) den Kreithof. Dieser heiratete

im gleichen Jahr Emma Wallensteiner

(1886 bis 1925), Tochter des Johann

Wallensteiner, Tischlermeister in Döl-

sach, und der Maria, geb. Kellner. Zu

Pfingsten 1911 eröffnete Josef sein

Gasthaus „Kreitmaier-Hof“ mit einem

Konzert der Tristacher Musikkapelle. Er

ließ bei Foto Fracaro eine Werbepostkar-

te drucken, und schon damals wurde in

der „Lienzer Zeitung“ ein Rodelweg vom

Kreithof zum Palösling empfohlen, mit

anschließendem Besuch des Gasthau-

ses Tagger, dem heutigen Dolomitenhof.

Sein Bruder Johann (Kreit Hans) baute

einen Weg in die Mitterwiesen, als Ro-

delweg und zur Holzbringung.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges

musste auch der Kreitmoar zu seiner

Einheit, dem Landesschützenregiment 1

Trient, einrücken. Diese Einheit kämpf-

te in Galizien, am Isonzo und im Ort-

lergebiet/Tonale. In diesen Kriegsjahren

mussten die Frauen auf Kreit die Verant-

wortung und einen Großteil der schwe-

ren Arbeitslast tragen. Josef konnte im

August 1917 heimkehren. Sein Bruder

Hans rückte zu Kriegsbeginn mit dem

Landsturm aus und fiel 1918 in Primo-

lano an der Brenta, Venetien. Emma

und Josef Mitterhofer hatten in den

Jahren von 1910 bis 1923 acht Kin-

der, drei Söhne und fünf Töchter, von

denen zwei Mädchen schon früh star-

ben. Im Frühjahr 1925 erkrankte Emma

Mitterhofer an Lungentuberkulose und

verstarb an dieser damals meist nicht

heilbaren Krankheit. Bald darauf hei-

ratete Josef Mitterhofer eine junge Frau

aus der Steiermark, Franziska Groicher

(1902 bis 1974), die in Lienz als Kell-

nerin arbeitete.

Bereits nach Kriegsende lebte in

Osttirol der Tourismus wieder auf und

Josef Mitterhofer hatte weiter die Ent-

wicklung des Kreithofes im Auge. Es

wird erzählt, dass er zur Erschließung

seines Hofes einen Fahrweg baute. Da-

für nahm er im Jahr 1927 von der Lien-

zer Bank Vergeiner & Jaufer Kredite im

Wert von 56.000 öS auf. Der Kreithof

war ein stattliches Anwesen und Josef

bezeichnete sich selbst gerne als „Fürst

von der Schattseite“. Er wurde mit Re-

spekt angesehen, aber aufgrund seines

„großmachtigen“ Auftretens auch mit

Missgunst und Neid bedacht. So wurde

auch mit einer gewissen Schadenfreude

beobachtet, wie der Kreitmoar in finan-

zielle Schwierigkeiten kam. Durch die

zunehmend schlechtere Wirtschaftsla-

ge war es ihm nicht mehr möglich, die

anfallenden Raten zu zahlen. So sah er

sich gezwungen, den Kreithof zu ver-

kaufen. Mit Kaufvertrag vom 3. Jänner

1928 ging der Kreithof für 100.000

öS an das Land Tirol. Inhaberin wur-

de die Landwirtschaftliche Lehranstalt

in Lienz, welche das Anwesen als Alpe

nutzte.

Josef Mitterhofer zog mit seiner Fa-

milie nach St. Lambrecht in die Oberstei-

ermark, woher seine zweite Frau Fran-

ziska stammte. Die Kinder trennten sich

schweren Herzens von der vertrauten

Heimat. In St. Lambrecht und später in

Kalsdorf versuchte er wieder als Gastwirt

Fuß zu fassen, was ihm für einige Jahre

mit wechselndem Erfolg gelang. Aber

schließlich kehrte er mittellos nach Ost-

tirol zurück. Der ehemalige Kreitbauer

arbeitete in Lavant als Landarbeiter und

verbrachte zufrieden seinen Lebens-

abend beim „Moar“. Er stellte des Öf-

teren fest, dass es ihm noch nie so gut

gegangen sei.

Seine Kinder gründeten allesamt

Familien, mit Ausnahme seines Soh-

nes Wilhelm, der im Alter von 22 Jah-

ren im Zweiten Weltkrieg gefallen war.

So leben seine Nachkommen in Ostti-

rol, Nordtirol, Kärnten, der Steiermark,

Ober- und Niederösterreich, Salzburg

sowie in Deutschland, England und in

den Vereinigten Staaten.

Helga und Andreas Knoch

Juni 2018

100 Jahre Fam. Mitterhofer auf Kreit

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Franz Mitterhofer, Kreitmoar

Dorothea, geb. Zoier

Emma, geb. Wallensteiner

Josef Mitterhofer, Kreitmoar