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57 - J

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2017

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eportage

die Tiere spüren, dass wir ih-

nen nichts Böses wollen. Wir

wollen zeigen, wie schön sie

sind, wie gut sie in ihre Um-

gebung passen und wie scha-

de es wäre, wenn es sie nicht

mehr gäbe.

9. Das Geheimnis der guten

Zusammenarbeit und deren

Vielfalt?

Sofern man mit jemandem

zusammenarbeitet, mit dem

man sich gut versteht, auch

in Ausnahmesituationen, ist

es eine schöne Sache. Das

ist bei mir und Ramona der

Fall. Da wir schon seit lan-

gem befreundet sind und

auch schon andere gemein-

same Projekte gemacht ha-

ben, ahnten wir, dass es gut

klappen wird. Jeder hat seine

Aufgaben bei den Reisen und

keiner versucht dem anderen

irgendetwas zu beweisen. Wir

sind beide gerne in der Natur,

schrecken nicht vor Unge-

wissem zurück und können

uns gut auf neue Situationen

und Menschen einlassen. Das

ist bei dieser Arbeit eine nicht

zu unterschätzende Aufgabe!

Je besser man sich mit den

Bauern, bzw. den Verantwort-

lichen versteht, desto besser

funktioniert das Arbeiten vor

Ort. Dann treiben die Bauern

gerne mal eine ganze Herde

in eine andere Weide, wo es

uns besser gefällt oder sepa-

rieren die Reinrassigen von

den gemischten Kühen. Eine

Arbeit, die sie sonst nicht ma-

chen würden und die natür-

lich Zeit kostet. Drei Tage bei

diesem Bauer, die nächsten

zwei beim nächsten und so

weiter. Wir versuchen schnell

eine Beziehung aufzubauen

und respektieren den Ort,

die Tiere und die Menschen.

Schließlich sind wir zu Gast

und dankbar, dass sie uns

Fremde so „nah“ an sich her-

anlassen. Oft schliefen wir

nämlich direkt am Hof, aus

organisatorischen Gründen,

da wir so schneller auf der

Weide sind. Ramona foto-

grafiert meist zu Sonnenauf-

und -untergang, da dann die

schönsten Lichtstimmungen

sind. Ich bin sehr froh und

glücklich darüber, dass ich

Teil des Projekts wurde und

werde diese Reisen nie wie-

der vergessen. Eine wertvolle,

unvergessliche und lehrreiche

Zeit in vielerlei Hinsicht.

10. Sind Vergleiche zu euro-

päischer industrieller Tier-

haltung möglich?

Da kann ich eigentlich kei-

nen Vergleich ziehen, da wir

für dieses Projekt nicht direkt

mit industrieller Landwirt-

schaft in Berührung gekom-

men sind. Wir suchten ja

überall entweder wildleben-

de oder seltene Rassen auf.

Diese sind bekanntermaßen,

kurzsichtig betrachtet, nicht

so wirtschaftlich wie „Al-

lerweltsrassen“

(Holstein,

Brahmen…) und deshalb

waren wir auf eher kleine-

ren Betrieben. Wobei „klein“

natürlich von den Gegeben-

heiten vor Ort abhängig ist.

Was beispielsweise in Ko-

lumbien klein ist, wäre bei

uns ein riesengroßer Betrieb.

Bei uns rechnet man ca. 1

Kuh/ha; je nach Vegetation

rechnet man aber bis zu 50

ha/Kuh; (so z. B. in Patago-

nien in der Steppe). Was uns

aber schon überall auffiel, ist,

dass das Enthornen bzw. das

Züchten auf Hornlosigkeit

der Rinder weltweit „boomt“.

Oftmals war es tatsächlich

schwierig, überhaupt noch

behornte Tiere einer Rasse

zu finden. Traurigerweise so-

gar bei Rassen, die das Wort

„Horn“ im Namen tragen.

(„costeno con cuernos“ -

„costenos mit Hörnern“ oder

„Shorthorn“ - „Kurzhorn“…)

Viele Landwirte, die alte Ras-

sen aus Überzeugung hal-

ten und nicht unbedingt nur

auf Profit, Wachstum und

Höchstleistung aus sind, sind

auch schockiert über diesen

„Trend“. Das Credo „Wach-

sen oder Weichen“ ist leider

Gottes überall auf der Welt

präsent und spürbar. Umso

wichtiger ist es zu zeigen,

welch unmessbaren Wert das

Altbewährte hat. Dieses Buch

versucht genau das und ich

hoffe, es regt die/den eine(n)

an, darüber nachzudenken

und vielleicht auch umzu-

denken. Artensterben passiert

nicht „nur“ in der Wildnis

und weit weg, sondern auch

vor unserer Haustüre und im

Nutztierbereich.

11. Erkennt Ihr (k)ein ge-

nerelles Umdenken in der

Beziehung Mensch/Natur/

Schöpfung?

Es gibt überall jene, die die

Natur schätzen und auf sie

achten und versuchen, so gut

wie möglich im Einklang mit

ihr zu wirtschaften und zu

leben. Mittlerweile gibt es

Ramona bei der Arbeit.

In Kolumbien sind Pferde das gängige Fortbewegungsmittel

für die Fotoshootings.

Karoline auf einem Geländefahrzeug in Patagonien.

Fotos: Ramona Waldner