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ummer
57 - J
uli
2017
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eportage
wir gute Fotos von den Tieren
machen konnten. Das war für
sie ganz selbstverständlich.
Dass Freundschaften im ei-
gentlichen Sinn entstanden
sind, würde ich nicht sagen.
Schließlich waren wir ja
kaum mehr als zwei bis drei
Tage auf einem Hof. Aber
ich denke gerne an diese ver-
schiedenen, am Erdball weit
verstreuten Menschen zurück
und weiß, dass uns das ge-
meinsam Erlebte verbindet.
Irgendwann lachen wir über
den gleichen Witz, denken
an das gleiche Ereignis, die-
sen schönen Moment. Nur
halt in anderen Ländern oder
Kontinenten. Die Erinnerung
verbindet uns und das reicht
mir! Natürlich war es oft
schwierig, sich voneinander
zu verabschieden. Manchmal
bin ich ungern weitergezo-
gen und wäre lieber noch auf
diesem Hof geblieben. Hätte
gerne noch mehr erfahren und
gesehen. Man hatte einfach
eine sehr kurze, intensive
Zeit miteinander. So schnell
wie wir aufgetaucht sind, so
schnell sind wir auch wieder
verschwunden. Und in der
Zeit dazwischen wollte ich
ganz viel über den Hof und
vor allem über die Kühe er-
fahren. Wir waren ja meist
bei Bauern, die aus Leiden-
schaft diese alten Rinder-
rassen halten, und deshalb
waren es oft sehr persönliche
und intensive Gespräche. Die
Tatsache, dass ich auch in der
Landwirtschaft arbeite, wenn
auch nur saisonal, brach das
Eis zwischen uns und so
fanden wir schnell eine Ge-
sprächsbasis.
6. Wie hast Du das Kennen-
lernen der verschiedenen
Mentalitäten erfahren? Er-
kennst Du eine neue Mei-
nungsbildung bei uns?
Ich kann nur sagen, ich habe
mir immer wieder gedacht,
egal wo wir waren, eigentlich
geht’s immer ums selbe. Es
gibt überall solche und solche,
große und kleine Probleme,
Arme und Reiche und jeder
versucht, das Beste aus sei-
nem Leben zu machen. Klar
sind die Mentalitäten teilwei-
se sehr konträr. Aber dadurch,
dass wir ja mit einem klaren
Fokus auf einen neuen Platz,
in ein fremdes Land gekom-
men sind, war gleich mal
eine „Ebene“ aufgebaut. Für
mich war es ganz interessant,
so viel verschiedene Bewirt-
schaftungsformen bzw. Höfe
und Ställe zu sehen. Das
Leuchten in den Augen der
Bauern, wenn sie von ihren
geliebten Tieren erzählen,
überall auf der Welt, macht
Mut zur Hoffnung und gibt
mir Zuversicht für den Wei-
terbestand der „unwirtschaft-
lichen“ Rassen. Niemand
ist alleine damit, auch wenn
es manchmal den Anschein
macht. Ich glaube, dass wir in
naher oder ferner Zukunft auf
diese Rassen angewiesen sein
werden und die kleinstruk-
turierte Landwirtschaft wie-
der eine existenzielle Rolle
spielen wird. Unabhängigkeit
sollte meiner Meinung nach
nicht unterschätzt werden.
7. Sicher hattet Ihr auch be-
sonders berührende Erleb-
nisse?
Allen voran ganz einfach der
Blick der Kühe. Immer wieder
waren Ramona und ich faszi-
niert von deren Ausdruck und
Tiefe in den Augen. Natürlich
ist aber rundherum auch viel
passiert. In Kolumbien zum
Beispiel, war das Reiten das
gängigste
Fortbewegungs-
mittel, aufgrund der Gefahr
vor Schlangen und anderen
Beutetieren in der Dämme-
rung. Es war ein Erlebnis, bei
Sonnenaufgang mit diesen
starken Pferden zu den Kühen
zu reiten.
Beindruckend ist es für mich
generell Wildtiere zu sehen,
wie etwa diesen Winter im
Yellowstone Nationalpark.
Dort konnten wir Wölfe beo-
bachten, die ein Bison erlegt
haben. Natürlich taten wir
das aus sicherer Entfernung.
Es gab viele besondere Mo-
mente auf diesen Reisen.
Diese werde ich erst so rich-
tig realisieren, wenn das Pro-
jekt für mich beendet ist und
Ruhe einkehrt. Ich freue mich
schon aufs Zurückerinnern
von zu Hause aus und erlebe
dann alles nochmal Stück für
Stück.
8. Gab es auch gefährliche
Situationen; Ihr habt Angst,
Unbehagen und Bedrohung
gespürt?
Natürlich ist es grundsätz-
lich nicht ungefährlich, wenn
man mit wertvollem Equip-
ment und vor allem als Frau
umherreist. Manchmal war
schon die Auto- oder Boots-
fahrt zu abgelegenen Orten
das reinste Abenteuer! In
exotischeren Ländern und je-
nen, in denen wir der Sprache
nicht mächtig waren, hatten
wir bzw. Ramona und ihr
damaliger Assistent, immer
Guides und Dolmetscher vor
Ort. Das gibt einem natür-
lich Sicherheit. Diese Leute
kennen sich aus und warnen
vor möglichen Gefahren und
Besonderheiten, wie zum
Beispiel giftigen Tieren oder
Eigenheiten der dortigen
Kultur. Teilweise waren die
letzten Überlebenden einer
Kuhrasse in abgelegenen,
nicht touristischen Gebieten,
wo noch nie zuvor ein Euro-
päer war. Gerade in solchen
Gegenden war es wichtig mit
Leuten zusammenzuarbeiten,
denen man vertraut. Schließ-
lich legt man sein Leben in
deren Hände. Wir waren an-
gewiesen auf deren Kennt-
nisse und konnten nur hoffen,
dass alles gut geht. Bei der
Arbeit mit den Kühen selbst
ist es schon das eine oder
andere Mal zu gefährlichen
Situationen gekommen; aber
verhältnismäßig selten. Man
muss sich vorstellen, wir ken-
nen ja die Tiere nicht, müssen
aber sofort so nah wie mög-
lich an sie heran, um gute
Fotos zu machen. Die Kühe
werden, soweit geduldet, he-
rumgetrieben, manchmal be-
leuchtet und ins „rechte Licht
gerückt“. Das ist Teil meiner
Aufgabe als Assistentin. Ra-
mona ist, sobald sie durch
die Linse schaut, natürlich
sehr fokussiert aufs Foto-
grafieren und bekommt vom
Umfeld nicht mehr alles mit.
Deshalb habe ich ein Auge
auf mögliche „Rempler“ von
der Seite. Es ist nie etwas
Ernsthaftes passiert und wir
hatten manchmal das Gefühl,
Ramona und Karo - ein eingespieltes Team.