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Gemeindezeitung Kartitsch
August 2015
Historisches Historisches Historisches
Primiz an der Front 1915
(Tiroler Volksbote vom 25. Au-
gust 1915: „Kartitsch, Pustertal,
19. August)
Man hat hier viel Schönes und
Erbauliches gelesen vom Feldgot-
tesdienst an der Front, der wie
nichts anderes dient, unsere Sol-
daten immer wieder mit neuem
Mute zu beleben. Etwas aber hat
man nie gelesen oder gehört, dass
an der Front, ganz bei den vor-
dersten Schützengräben, eine Pri-
miz stattgefunden hätte. Dies
Glück wurde hier auf den Bergen
von Kartitsch den Standschützen
zuteil. Es war auf der Höhe von
fast 2700 Metern. Unter dem Bal-
dachin einer überhängenden Fel-
senwand war der Altar errichtet.
Rundum lag eine Kompagnie
Standschützen und Teile anderer
Truppengattungen auf den Knien
vor dem allmächtigen Schlach-
tenlenker, der hier auf den Wink
eines neugeweihten Priesters
aus Liechtenstein auf die blutge-
tränkte Erde niederstieg. Die
Bedeutung dieser Feier, welche
zugleich als Kaiserfeier gelten
sollte, legte in begeisterten, den
Kanonendonner übertönenden
Worten der bekannte Primizpre-
diger, Pfarrer Dr. Stemberger,
dar. Zum Schlusse erscholl aus
hundert Kehlen das Herz-Jesu-
Bundeslied und das Kaiserlied.
Das verkündete den gegenüber-
liegenden Feinden den erneuten
Schwur der braven Soldaten,
treu zu kämpfen für Gott und
Kaiser gegen welsche Nieder-
tracht.“
Zur Verfügung gestellt von
Ludwig Wiedemayr
Die 1915 verunglückte Noburga Sint
(links) mit ihrer Schwester Barbara.
die italienischen Verluste lagen
zwischen 1.450 und
1.700 Gefal-
lenen
, ca.
1.000 Verwundeten
und
400 Gefangenen
. Zu den
Kämpfen vom 12. - 14. August
liegen keine Zahlen auf.
Einige österr./ungarische Gefal-
lene wurden im Pfarrfriedhof von
St.Oswald
begraben, vier Kriegs-
tote liegen auf dem Friedhof von
Hochgränten
, die allermeisten
wurden im Nemes-Alm-Friedhof
und später in den beiden
Sexte-
ner
Kriegerfriedhöfen beerdigt,
die während der Faschismuszeit
aufgelassen wurden.
Ab Juli 1915 wurden Kartitsch
und Hollbruck wiederholt von der
Italienischen Artilleriebeschos-
sen,
die Schäden waren jedoch
eher unbedeutend. Wesentlich
intensiver und gefährlicher waren
die Kanonenfeuer jedoch auf
Obertilliach.
Groß war die
Trauer und An-
teilnahme
der Dorfbewohner,
als am 16. August 1915 durch
das unglückliche Hantieren ei-
nes Offiziersdieners mit einer
Pistole die 23jährige
Notburga
Sint
von Außerschmirfer,
Dienstmagd zu Greter in St. Os-
wald, plötzlich zu Tode kam.
Erfreulich und wohl auch außer-
gewöhnlich war hingegen die
Primizfeier
eines Neupriesters
aus Liechtenstein auf der
Fil-
moorfront am 18. August
1915
. Ein patriotischer Zei-
tungsbericht hierüber im dama-
ligen Tiroler Volksboten ist auf
dieser Seite links unten zu lesen.
Ludwig Wiedemayr
Neues Kriegerdenkmal
in Kartitsch (1964)
An der Westseite unserer
Pfarrkirche wurde kürzlich
das neue Kriegerdenkmal
für die Gefallenen beider
Weltkriege errichtet. Un-
ser Künstler Oswald Koll-
reider hat das in Sgrafitto
gearbeitete Mal geschaf-
fen. Obwohl die moderne
Art sonst den Menschen
im einfachen Volk nicht
zusagt, wird dieses Kunst-
werk doch von den meis-
ten verstanden und gewür-
digt und wird dabei auch
von Sachverständigen der
modernen Kunstrichtung
voll anerkannt.
Das Kriegerdenkmal wur-
de im heurigen Gedenk-
jahr 2015 erneuert und
restauriert.