![Page Background](./../common/page-substrates/page0025.jpg)
Seite 25
Gemeindezeitung Kartitsch
Februar 2015
te ein. Jetzt
wird
das
Schneeflucht-
recht in An-
spruch
ge-
nommen. Mit
lauten Kom-
mandos wer-
den die Rin-
der auf den
Boden, einige
hundert Hö-
henmeter tie-
fer, von den
Bauern und
Sepp getrie-
ben. Eine ge-
fährliche und
anstrengende
Arbeit auf rutschigen,
s c h n e e b ed e c k t e n ,
steilen Gebirgsflanken! Die Tiere
sind hungrig und nervös, immer
wieder versucht eines auszubre-
chen! Doch der Abtrieb gelingt.
Die Bauern leisten Großartiges.
Schustertal - Obstans
Umtreiben Vorderalbl -
Hinteralbl
Heute wird die Herde nach
Obstans ins Hinteralbl getrieben,
denn das Futter im Vorderalbl
wird knapp. Nebel umspielen die
Bergflanken und hell leuchten die
steilen Zacken der Lienzer Dolo-
miten aus der Ferne zu uns her.
Ein Teil der Herde weidet hoch
oben auf ebenen Wiesen, die zwi-
schen steilen Schrofen eingebettet
sind. Ein seit Jahrhunderten be-
nützter Hirtensteig führt von die-
sen Wiesen durch ein Steinlaby-
rinth bis auf den Kamm, der auf
der anderen Seite zu einem groß-
flächigen Almboden hinunter lei-
tet. Diesen Teil der Herde versu-
chen wir über den Steig hinauf
und auf der anderen Seite hinun-
ter zu führen. Sepp geht voraus,
hinter ihm springen unsere drei
Geißen flink bergan. Saanenziege
Amalia weicht ihm nie von der
Seite. Sepp lockt die Rinder.
„Geh lei her― ertönt sein melo-
disches Auf und Ab. Auch
spricht er leise und freundlich
auf sie ein. Alte, ´ehrwürdige`
Kühe schreiten im Gänsemarsch
langsam hinauf, setzen vorsich-
tig und fest Schritt vor Schritt.
Kalbinnen und Kälber stürmen
übermütig nach oben, Körper
dicht gedrängt an Körper, eine
wogende Masse, die wir bändi-
gen und beruhigen. Ich gehe
hinter der Herde, versuche die
Tiere am richtigen Weg zu hal-
ten und bringe einzelne Ausrei-
ßer zur Herde zurück - ein
Schritt, danach der nächste
Schritt. Ich streichle warme
Flanken, freundliche Kälber
schnauben und drängen sich eng
an mich, feuchte Mäuler schup-
sen an Hosen und Jackenärmel.
Die Schrofen rücken zusammen,
der Hohlweg wird immer
schmäler, jetzt marschieren alle
vorsichtig im Gänsemarsch bis
zum Grat. Dort steht ein Wande-
rer. Später erzählt er: „Ich bin
am Kammrand gestanden. Plötz-
lich ist unter mir eine menschli-
che Gestalt
au f ge t auch t
und hinter ihr
ein Tierkopf
nach dem an-
deren. Ich hab
geglaubt, das
ist
unmög-
lich,
denn
dort
unten
war nur stei-
les,
Fels
durchsetztes
G e l ä n d e ― .
Weite Alm-
böden
mit
saftigen Grä-
sern warten
auf der ande-
ren Seite des Grates auf
die Tiere. Wir müssen
aufpassen, dass sie nicht zu
schnell zu den Almböden hinun-
ter stürmen. Wie ein blauer Dia-
mant funkelt der Obstansersee
und aus dem Kamin der Obstan-
sersee -Hütte dringt Rauch.
Hollbrucker Alm
Geräusche in der Nacht
Sepp und ich nächtigen knapp
unterhalb des Karnischen Kam-
mes auf dem Albl. Ein Bett, ein
Tisch und ein kleiner Herd fin-
den in der kleinen Unterkunft
Platz. Die Rinder grasen im Um-
kreis der Hütte. In der Nähe geht
ein Gewitter nieder. Der kleine
Raum wird von Blitzen erhellt,
Donnergrollen folgt kurz darauf.
Doch bald beruhigt sich die Na-
tur. Wir wissen, dass die Tiere
bei Wetterstürzen und Gewitter
die Hüttennähe suchen und
schlafen ein. Plötzlich schrecke
ich auf: Ich höre Schnaufen,
schweres Atmen. Das Gebälk
zittert. Lautes Glockengebimmel
ertönt knapp neben meinem Ohr.
Was ist das? Wo sind wir? Wie-
der lautes Schnaufen ! Rhythmi-
sche Geräusche! Hellwach bin
ich auf einmal und begreife: Ein
Eine Aufnahme oberhalb des Kriegerfriedhofs in Obstans