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Februar 2015

Gemeindezeitung Kartitsch

Seite 24

Mehrere Jahre verbrachten mein

Mann Sepp Sint und ich als Hir-

ten in den Karnischen Alpen.

Heuer wird es eine „Almpause―

geben. Es ist Zeit, über diese

sechs Almsommer nachzudenken

und darüber zu berichten. Ich be-

schränke mich in diesem Artikel

auf einige wenige Szenen, um

einen kurzen, subjektiven Ein-

blick von den Tagen auf den Al-

m e n z u v e r m i t t e l n .

Das ,Nomadenleben` dauerte je-

weils drei Monate. Wie allgemein

in Kartitsch bekannt ist, wechsel-

ten wir im Laufe eines Bergsom-

mers mehrmals die Weidegebiete.

Unsere ,Routen` führten vom Tal-

boden bis zum Kamm und wieder

hinunter, in den ersten drei Jahren

mussten die Tiere sogar ins Ne-

bental wandern und dort wieder

auf - und absteigen. Wir erlebten

Ungewöhnliches, Abenteuerli-

ches, Schönes und Berührendes.

Die Tage auf den Almen waren

aber auch hart - von Romantik

keine Spur. Wir unterhalten uns

jetzt im nach hinein über die Wo-

chen mit den Tieren am Berg und

es hört sich, am winterlichen

Ofen sitzend, ungefähr so an:

„Weißt du noch, damals als ....―.

Schustertal -

Obstans

Wintereinbruch im Sommer

Es ist Juli 2011: Obmann Sepp

Bodner macht uns

telefonisch auf ei-

nen bevorstehenden

Wettersturz auf-

merksam. Ich kann

mir diesen Wet-

terumschwung nicht

vorstellen: Kein

Lüftchen regt sich,

die Sonne strahlt

den ganzen Tag

vom blauen Him-

mel. Bevor es dun-

kel wird, helfe ich

Sepp die Tiere in

den „Garten―, das

ist eine aus Steinen gebildete

Einfriedung oberhalb der Hütte,

zu treiben. Vollständig gelingt

es nicht, einige ´Viecher` blei-

ben außerhalb der Einfriedung.

Ich liege im Bett und lausche.

Regen trommelt auf das Hütten-

dach. Dann hört der Regen auf

und es wird still. Nichts ist zu

hören. Schneefall hat eingesetzt.

Jede Stunde steht Sepp auf, öff-

net die Tür, leuchtet mit der Ta-

schenlampe in den tanzenden

Schneeflockenreigen. Er kon-

trolliert die Situation. Am nächs-

ten Morgen erwarten uns

Schneetreiben und Windböen.

Wir können kaum etwas erken-

nen. Bleierne Stille liegt über

dem nebelverhangenen Land.

Eine Rindergruppe taucht sche-

menhaft auf. Tiere irren auf ei-

nem kleinen Plateau weiter un-

ten herum. Im Garten oberhalb

unserer kleinen Unterkunft sind

mehr als sechzig Tiere einge-

sperrt. Die Tiere in der Einfrie-

dung werden hungrig, immer

wieder tönt ihr Gebrüll durch

den Nebel. Obmann Sepp Bod-

ner kommt vom Tal herauf, stellt

sich stundenlang auf eine steile

Böschung, mitten in den kalten

Wind. Er versucht telefonisch

einen Hubschrauber aufzutrei-

ben, der Heu zu uns herauf

transportiert. Vergeblich! Auch

Hubschrauber können nicht im-

mer starten! Die ersten Bauern

kommen durch den Schnee her-

auf gestapft. Eine größere Schar

Bauern langt später bei der Hüt-

Auf Kartitscher Almen 2009-2014

Ein gemütlicher Nachmittag bei Sepp auf der Almhütte

Auf Kontrollgang in der Morgenstunde