Previous Page  32 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 32 / 36 Next Page
Page Background

Mai 2014

Gemeindezeitung Kartitsch

Seite 32

den

Einrückungsbefehl

für den

nächsten Tag

zu überbringen

, ein

Fußmarsch von gut vier Stunden.

Ähnlich erging es anderen. Für

die anstehende

Bergmahd

fehlten

oft bereits Bauer oder Knecht und

in wenigen Wochen begann die

Herbsternte

. Weitaus tr agi-

scher noch waren die Eingriffe

und

plötzlichen Veränderungen

in

den Familien. Die Sorge um täg-

liche Arbeitsabläufe in Haus und

Hof und um die Kinder

lastete

plötzlich bei der

Bäuerin

oder den

Großeltern

. Der Abschied war

schmerzlich und bei einigen für

immer.

Doch folgen wir nochmals

Oswald Sint. Demnach wurde die

Einberufung wie anderswo auch

in Kartitsch in den drei Gasthöfen

des Tales von den ledigen Ein-

zurückenden

gefeiert

.

Er

schreibt:

„Sie waren alle guter

Dinge“.

Und später:

„Einige

Burschen waren schon ziemlich

beduselt, jauchzten und jodelten

und waren voller

Begier, die Serben

niederraufen

zu

dürfen

Die

Männer und

Väter

saßen viel-

fach daheim bei

der

Frau

und den

Kindern

, ber ieten

mit ihnen, dem

alten Vater oder

einem

Knecht

Notwendiges

für

die nächste Zeit.

In vielen Höfen

kamen die Haus-

leute spät zu Bett.

„Es war viel zu

regeln und reden

gewesen. Bauern,

die

einrücken

mussten, hatten da

und dort Schulden

zu zahlen, auch

Geld für Vieh oder

Holz abzuholen.

Mancher

junge

Mann suchte noch

seine Verlobte auf,

mancher

Bursch

verabschiedete sich von seinem

Mädchen. Jahrelange Zwistig-

keiten zwischen Nachbarn wur-

den bereinigt. Sie gaben sich

zum Abschied die Hände und

sprachen miteinander, was sie

schon lange nicht mehr getan

hatten.“

(

Oswald Sint: Buibn und

GitschnbeinandoiskaZoig… S 171 )

Gedämpfter Abschied - der

Marsch in den Krieg:

Am Sonntag, 2. August

(Ablasstag) besuchten die

einrü-

ckenden Soldaten

die Fr üh-

messe, bei der noch viele zu den

Sakramenten

gingen, ander e

hatten bereits am Vorabend zur

Beichte die Kirche aufgesucht.

Anschließend wurden sie vom

alten

Ortspfarrer

Josef Herrneg-

ger

verabschiedet

und gesegnet,

seine Abschiedsrede wurde

durch

seinen Schmerz

abgebro-

chen.

Die ausziehenden Burschen, und

Männer, viele mit nelken- oder

rosmaringeschmückten

Hüten

verabschiedeten sich von ihren

Frauen, Kindern, Bräuten, Ver-

wandten, Freunden, Bekannten,

viele Tränen flossen

, der

Ab-

schied war schmerzlich

und

bitter. Sint erwähnt Hansl, den

jüngsten

der Einr ückenden:

Beim Abschied von seiner alten

Mutter

konnte er die

Tränen

nicht verbergen, trotzdem er in

das Jauchzen eines altgedienten

Kaiserjägers einstimmen wollte,

was jedoch nicht recht gelang.

Bereits

wenige Monate später

galt er als

vermisst

, ein Opfer

dieses sinnlosen Krieges.

Mit klingendem

Spiel

der noch

verbliebenen

Musikanten

wurden

die Einrückenden durch das Tal

hinaus begleitet, bis „zöberscht

die Monögge“, eher unwahr-

Waffentaugliche Kartitscher feiern Musterung.

Hinten von links: Lenzer Franz und Jörgl (Strassen)

Vorne von links: Köck Georg Angerer, Moser Georg

Mattler, Egger Leonhard Birgl (damals)

Ortspfarrer Josef Herrnegger 1845-

1917