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Seite 31

Gemeindezeitung Kartitsch

Feber 2014

dorf mit seinem Vater dessen Ge-

schäft, dem Markt- und Hausier-

gewerbe nach, das an diesem Tag

aber nicht recht laufen wollte. Zu

sehr waren die bäuerlichen Kun-

den durch den

Thronfolgermord

am Vortage abgelenkt und auf

dem Heimweg trafen die beiden

in der Monegge zudem den Töll-

Peter, einen Kar-

titscher Klein-

bauern, der gerne

plauderte

und

bereits den be-

fürchteten Ver-

tragsbruch Itali-

ens prophezeite.

Anderntags stand

alles Wichtige

über das ver-

werfliche Ver-

brechen von Sa-

rajevo

im

„Kleinen Anzei-

ger“, der vom

Nachbarn, dem

Messner Schnei-

der

abonnierten

Tageszeitung

,

welche dieser den beiden Außer-

schmirferbuben Oswald und

Franz Sint auslieh. Zugleich lie-

fen bereits die

Kriegspropagan-

da

und Ser bien-Beschimpfung.

Meinung und Wunsch auch der

Kartitscher Bevölkerung war

demnach,

„der Kaiser solle ein-

greifen und diese Mörderbrut

züchtigen“.

Neben dem Politisieren gingen

die Kartitscher und Hollbrucker

in diesen Julitagen aber wie im-

mer der Heuernte nach und ge-

gen Ende Juli wurden bereits die

ersten Bergwiesen gemäht.

An die Gemeindeämter und

Gendarmerie-Posten der Monar-

chie ergingen in den

Vorkriegs-

wochen

eine Fülle von Ver or d-

nungen, Bestimmungen, Erlässe

und Anweisungen für den

Kriegsfall

, zusätzlich wur den

an

den

Gendarmerie-

Dienststellen die

Einberufungs-

befehle

für die Mobilmachung

deponiert.

Mancherorts

, etwa in

Innsbruck sowie in verschiede-

nen Bezirksstädten und größeren

Orten

wurde

der zu erwartende

Krieg gefeiert.

Mobilmachung in Kartitsch

Die allgemeine Mobilmachung

erfolgte am 31. Juli 1914 mit

dem Befehl zur

Einrückung

be-

reits am

2. August

. Im Gendar-

merieposten von Kartitsch ging

um 1 Uhr morgens des Samstag,

1. August telegraphisch der Auf-

trag zur Zustellung der bereits

deponierten Einberufungsbefeh-

le ein. Nach Verständigung der

Gemeindevorsteher von Kar-

titsch und Hollbruck wurden sie

noch am gleichen Tag durch die

Gendarmerie

und mittels

Ku-

rier

zugestellt.

Nach übereinstimmenden Anga-

ben

mussten

am folgenden 2.

August,

Portiunkula-Sonntag

allein

von Kartitsch und Holl-

bruck

r und

100 Burschen und

Männer

zum Kr iegsdienst bei

den verschiedenen Truppenkör-

pern

einrücken

, zu den Kaiserjä-

gern, Landesschützen (ab 1917

Kaiserschützen), Gebirgsschüt-

zen, Feldjägern, Landsturm-

Truppen und weiteren, ohne den

Standschützen. Die Einberufung

galt für alle

ausgemusterten

und

tauglichen, teilweise auch un-

tauglichen Jungmänner und Män-

ner zwischen 20 und 40 Jahren,

später für alle von 18 bis 45 Jah-

ren, gleichgültig, ob sie im örtli-

chen Schießstand einrolliert wa-

ren und unabhängig davon, ob

sie den Waffendienst bereits ge-

leistet hatten oder gerade beim

Militär in Ausbildung waren.

Von manchen Familien mussten

drei oder mehr Männer einrü-

cken,

zu Kofler

im Innerland wa-

ren es

später sieben

und zu

Schmirfer

in St. Oswald wahr -

scheinlich

sechs

.

Schon der zu kurzfristige Einrü-

ckungstermin führte zu großen

Problemen. Oswald Sint erzählt

von seinem Vater, der vom

Nachbarn, dem alten, gehbehin-

derten Messner zu St. Oswald

gebeten wurde, den beiden bis

jetzt untauglichen Söhnen auf der

Bergwiese im äußeren Schöntal

Propaganda für den Krieg - auch mit Kindern

Wappen der Doppelmonarchie Öster-

reich-Ungarn