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gesetzt und lernte bei dieser Tätigkeit auch
ihren späteren Mann, den Andalusier Miguel
Soler kennen. 1969 schloss sie die Kranken-
pflegeschule mit dem Diplom ab und im
gleichen Jahr heiratete sie. Die nächsten neun
Jahre arbeitete Burga an einer Privatklinik für
Geburtshilfe und Frauenheilkunde in der
Nähe von Wuppertal, daneben als Dolmet-
scherin für Portugiesisch und Spanisch bei
Gericht und bei Ärzten. Bei der Industrie- und
Handelskammer Düsseldorf hatte sie die
Prüfung für das Diplom als Übersetzerin für
Wirtschafts-Spanisch abgelegt.
Besonders stark gefordert war sie, als es
1973 nach dem Militärputsch in Chile zu
einer Flüchtlingswelle in Deutschland kam.
Burga arbeitete in ihrer Freizeit für Amnesty
International als Dolmetscherin und Sozial-
arbeiterin. Damals war der ältere Sohn Miguel
bereits auf der Welt, Pedro wurde 1974 ge-
boren. Geplant war eine Übersiedlung nach
Spanien, wo das junge Ehepaar in der
Heimat des Mannes ein Haus baute. 1978
zog Burga mit den beiden Söhnen dorthin, ihr
Mann blieb noch an seinem Arbeitsplatz in
Deutschland. Um ihr Diplom nostrifiziert zu be-
kommen, musste sie in Madrid die Prüfung zur
Medizinisch-Technischen Assistentin ablegen,
was sie nach intensivem Heimstudium auch
schaffte. Trotzdem erhielt sie keine Arbeitser-
laubnis, weil sie dazu die österreichische
Staatsbürgerschaft aufgeben hätte müssen.
Ihre Dienste wurden zwar in Anspruch genom-
men, sie durfte aber kein Honorar verlangen.
Diese unbefriedigende Situation und der
Putschversuch in Spanien im Jahre 1981 be-
wogen sie dazu, nach österreich zurück-
zukehren. Ihre Eltern hatten inzwischen eine
geräumige Eigentumswohnung in Leisach
erstanden, in der auch Platz für Burga und ihre
beiden Söhne war. Miguel und Pedro fühlten
sich hier sehr wohl. In der Volksschule wurden
sie bestens gefördert und integriert. Burgas
deutsches Krankenpflege-Diplom wurde in
österreich problemlos nostrifiziert und sie
fand gleich einen Arbeitsplatz in der Dialyse-
Station des Lienzer Krankenhauses, wo sie bis
zu ihrer Pensionierung im Jahre 2005 blieb.
Parallel dazu legte sie an der Innsbrucker
Universität eine Prüfung ab, die es ihr ermög-
lichte, als Dolmetscherin für die Polizei zu
arbeiten und Spanisch-Kurse am BFI zu halten.
Diese Tätigkeiten erlaubten es ihr auch, ihre
zunehmend pflegebedürftiger werdenden
Eltern zu betreuen. Die Söhne wechselten
nach der Hauptschule an die HTL für Flugtech-
nik in Eisenstadt und studierten danach weiter.
Miguel schloss sein Studium der technischen
Physik in Granada ab und arbeitet jetzt als
Experte für Hafenanlagen für eine große inter-
nationale Firma in Madrid. Er ist mit einer
Madriderin verheiratet und hat drei Kinder.
Eva, die mittlere, sieht Burga so ähnlich, dass
sie von ihren spanischen Verwandten „La Tiro-
lesa“ (die Tirolerin) genannt wird. Pedro hat
die Fachhochschule für Wirtschaftswissen-
schaft in Wien abgeschlossen und arbeitet
jetzt in Wien in leitender Position bei UPC. Ihn
kann Burga leichter besuchen als die Familie
von Miguel, die sie nur alle zwei Jahre sieht
und mit der sie vorwiegend über Skype in
Kontakt steht.
Es ist kaum zu glauben, dass Burga in ihrem
so arbeits- und ereignisreichen Leben noch
Zeit fand für ein sehr intensives Hobby: Sie
nennt die Malerei ihre „Parallelwelt“. Schon
in Dreizehnlinden zeigte sich ihr künstleri-
sches Talent und sie wollte dort als Pferde-
züchterin und Malerin ihren Unterhalt
verdienen. Nach ihrer Rückkehr nach Europa
standen zunächst andere Dinge im Vorder-
grund, aber bereits während der Pflegeaus-
bildung nahm sie die Malerei wieder auf.
Ihre Art zu malen fand viel Anerkennung,
und ihre Bilder wurden bei verschiedenen
Kollektivausstellungen in Deutschland und
sogar in Madrid gezeigt. Ihre erste Einzel-
ausstellung gab es 1983 in der Lienzer Spar-
kasse, eine weitere im Jahr 2001. Sogar in
Wien wurden ihre aussagestarken, farb-
intensiven Gemälde in einer Einzelausstellung
im Spanischen Kulturinstitut einer breiten
öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Mit ihrer Pensionierung hat sich Burga noch
lange nicht zur Ruhe gesetzt. Nach wie vor
arbeitet sie als Übersetzerin für Hotels und
international tätige Betriebe, wo sie auch
Spanisch-Unterricht gibt. Und als im vergan-
genen Herbst der Flüchtlingsstrom auch Ost-
tirol erreichte, erklärte sie sich spontan bereit,
den Asylsuchenden in Leisach regelmäßig
beim Deutschlernen und beim Eingewöhnen in
einen neuen Kulturkreis zu helfen. Ihre Moti-
vation bezieht sie aus ihren eigenen Erfah-
rungen und aus ihrem Leitsatz „Hör nie auf
anzufangen und fang nie an aufzuhören“.