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FODN - 62/01/2016

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LANDWIRTSCHAFT, UMWELT & NATUR

Von Zeitzeugin Maria Eder

geb. Huter vom Hensa

D

as Unglück geschah am 23.

August 1957. Ich kann mich

noch gut an diesen Tag vor 60

Jahren erinnern. Mein Bruder Jörgl

und ich haben auf unserer Bergwie-

se „Zentlödis“ in den steilen „Ge-

reitlen“ gemäht. Weit unter uns lag

der Steig der in die höhergelegenen

Wiesen führte. Staller Kaspar kam

diesen Steig herauf und rief laut zu

uns herauf: „Geht’s a Fleisch trogn,

a poar Rindlan hent gekugelt, von

Zelox öecha, nembs mit wosses hot, a

Hackle, a Strickle Messa, Körble,….“

Wir gingen hinunter zum Stadelen,

suchten zusammen was da war und

marschierten los, ca. ½ Stunde ging

es bergauf.

Was wir da zu sehen bekamen, war

einfach schrecklich. Es waren schon

etliche Leute da und es kamen im-

mer noch einige nach. Es herrschte

richtige Trauerstimmung und man

hat geweint. Es hätte bald schlimmer

nicht sein können, wären es Men-

schen gewesen. 17 Tierkörper lagen

da, zerschmettert, stinkend, weil die

Pansen teilweise aufgeschlagen wa-

ren. Fürchterlich, da lagen sie ver-

streut im teilweise unwegsamen Ge-

lände, da 3 Tiere, dort 2,…

Die Kadaver wurden geborgen,

ausgenommen und mit dem Pferd,

das Kristner Nane (Hanser Anna)

führte, zusammengesammelt und

zur steilen Heuriese gebracht, wo

man sie dann händisch ins Tal hinun-

ter gezogen hat. Es war nicht einfach,

es brauchte mehrere Leute einen 300

- 400 kg schweren Ochsen herunter

zu ziehen und man musste auch noch

sehr aufpassen, dass sie nicht noch

einmal kugelten. Dort, wo sich heute

die Wasserfassung des Lesachbach-

Kraftwerk befindet, ist man herausge-

kommen. Unten am Lesachbach war-

tete dann der Küenza Hans mit seinem

Traktor (einer der Ersten in Kals) und

der Luckner mit dem Unimog. Die Ka-

daver wurden auf die Hensa-Diele ge-

bracht. Dort versuchte man noch einiges

Fleisch zu retten, aber diese Arbeit war

umsonst. Es war ja alles zerschlagen,

blutig und hat gestunken. Man hat dann

letztlich doch alles entsorgt. Im Lesach-

Gries, nahe dem Bach wurde eine große

Grube ausgeschaufelt und die Kadaver

darin vergraben.

Es war ein sehr großer finanzieller

Schaden, die Ochsen waren ja die Jah-

reseinnahme der Bauern und hätten ca.

1 Monat später verkauft werden sollen.

Bei uns (Hensa) waren es 4 Ochsen,

beim Oberweißkopf 6, beim Kristner

2 und die restlichen Ochsen weiß ich

nicht genau. Allesamt ein sehr großes

Unglück für die betroffenen Bauern.

In der Nacht auf den 23. August hatte

es stark gewittert und oben geschneit.

Die Tiere sind dann wohl am frühen

Vormittag unterhalb der Schönleiten-

spitze über die verschneite Leite los-

gegangen und der Reihe nach im sehr

steilen und felsigen Gelände abgestürzt.

Vor 60 Jahren:

Das Tier-Drama von Zelox

Das Weiskopf Moidele, Sennerin auf der

Bacha Alm, hat etwas Rumpeln gehört

und ging dann nachschauen, was das

war. Erst glaubte sie, es seien nur Steine,

hat dann aber ein paar Rinder im Gra-

ben liegen gesehen. Sie ist sofort nach

Lesach hinunter gegangen und meldete

ihre Beobachtung. Das Ausmaß hat sie

nicht gesehen, sie war der Meinung, es

wären 2 - 3 Stück Ochsen.

Die Verantwortung für die Tiere hatte

der Ochsner, ein junger Mann aus Kals.

Er ist am Vorabend des Unglücks mit

2 Begleiterinnen auf eine in einem an-

deren Tal gelegene Alm gegangen und

sind dort verblieben. Nichtsahnend des

plötzlichen Wetterumschwungs war er

daher nicht vor Ort, um die Tiere sicher

herunter zu bringen. Der junge Mann

hatte sich wegen dieser Tiertragödie

den großen Unmut seines Vaters zuge-

zogen und hat daraufhin seinen Heimat-

ort den Rücken gekehrt. Es ließ sich in

Nordtirol nieder, wo er vor einigen Jah-

ren verstarb. Die verbliebenen 6 Stück

Tiere hat der Vater des Ochsners geholt

und versorgt.

Diese Begebenheit werde ich wohl ein

Leben lang nicht vergessen.

Am 23. August 1956 sind 17 Tiere auf der Ochsenalm Zelox im Lesachtal in den Tod gestürzt.