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Die ersten Schi-
fahrer von Sillian
dürften wohl die
Offiziere des hier
stationierten Feldjä-
ger-Bataillons Nr. 6
gewesen sein, wel-
ches 1910 unter dem
Komm a n d a n t e n
O b e r s t l e u t n a n t
Franz von Kahler
gestanden
hatte.
Kahler ließ für seine
drei Kinder einen
eigenen Hauslehrer
aus Innsbruck kom-
men, Herrn Josef
Alton. Dieser war
ein ausgezeichneter
Schifahrer, und bald
führten er und die
Familie des Oberst-
leutnants den Sillia-
nern diese neue
Sportart vor.
Beginn des Schifahrens auch für
Einheimische
In den Reihen des damaligen Landes-
schützenbataillons waren Alpine-Deta-
chements eingeordnet, welche spezielle
Truppen in Innichen und Cortina statio-
niert hatten, die erstmals mit Schi Pa-
trouillengänge im Hochgebirge durch-
führten, was bald auch von Zoll und Gen-
darmerie übernommen wurde. Somit gab
es die ersten einheimischen Schifahrer in
Sillian.
Die Ausrüstung der ersten
Schifahrer
Der Jugend von damals war es aus finan-
ziellen Mitteln nicht möglich, sich Schi zu
beschaffen. Man begnügte sich vorerst mit
gebogenen Fasselbrettern (= Fassdauben).
Fasselbretter standen allerorts zur Ver-
fügung, weil man nicht nur alle Arten von
Flüssigkeiten sondern auch Zement u. a. in
Fässern aufbewahrte. Als Schistock diente
ein langer Haselnussstock (ca. 1,7 – 2 m
lang), welcher „Alpenstange“ genannt
wurde.
Studenten, die meist aus besser situierten
Familien stammten, brachten dann die Bil-
geri-Bindung mit heim. Diese Bindung
trug den Namen seines Erfinders, Oberst-
leutnant Georg Bilgeri (Referent des
Alpine-Detachements der österreichisch-
ungarischen Armee). Diese Bindung er-
möglichte es, den ganzen Fuß auf die
Zehenspitze zu stellen, was beim damals
üblichen Telemark-Schwung auch not-
wendig war.
Entwicklung der Schitechnik
während des Ersten Weltkriegs
von 1914 – 1918
Besonders im Tiroler Frontabschnitt
wurden Schikurse abgehalten, wozu von
jedem Bataillon einige Männer dazu ab-
gestellt wurden. So gab es 1916 am Kar-
nischen Kamm einen Schikurs für Mili-
tärs. Das war ein wesentlicher Impuls für
den Schisport in Sillian nach Kriegsende.
Sillians
Schipioniere
„Superpionier“
Karl Webhofer sen.
„Es muss für die
Beobachter ein gar
eigenartiges Bild ge-
wesen sein, als sie
Karl durch den
Schnee sausen sahen,
mit einer Bilgeri-
Riemen-Bindung lose
mit zwei Eschenschi
verbunden, in den
Händen einen Ski-
stock, sprich ‚Alpen-
stange‘, haltend.
Hin und wieder, als
das Gewühle durch
den tiefen Schnee zu
allzu verwegenen
Stürzen führte, zog
er ein kleines, hand-
liches Büchlein, das
er sich eigens zu
diesem Zweck aus Kitzbühel zuschicken
ließ, aus der Hosentasche, um die Technik
des Skifahrens auf diese autodidakte Art zu
erlernen. Von Herrn Karl Webhofer sen.,
Kaufmann in Sillian, ist hier die Rede. Er
dürfte in den ersten Jahren nach dem
1. Weltkrieg wohl der erste einheimische
Skiläufer in der Marktgemeinde Sillian
gewesen sein, wenn auch früher schon
Angehörige der k. u. k. Armee hier in
unserem Gebiet Ski gelaufen sind.“
1
Wie sah die Dorfbevölkerung
diesen „Neusport Schilauf“?
„Wie halt bei jeder Pionierleistung wur-
den auch hier die Skifahrer verlacht und
verspottet. So erzählte man u. a., daß eine
kleine Gruppe Skifahrer an einem Sonntag
Nachmittag über das Rieser-Eck hinauf-
ging, während gerade der Gschwendtbrun-
ner-Bauer zur Nachmittagsandacht her-
überkam und dieser anführte: Ihr Dummen!
Wäre es nicht gescheiter, ihr würdet an der
Nachmittagsandacht teilnehmen?! […]“
2
NUMMER 1-2/2015
83. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Herbert Lukasser
Der Beginn des Schisports in Sillian
Sillian – ein Ort mit langer schiläuferischer Tradition
Die Kinder des k. u. k. Bataillons-Kommandanten Franz von Kahler als eine der ersten
„zivilen“ Schifahrer im Sillianer Raum, Winter 1913/1914.
(Sammlung Franz von Kahler – TAP)
Foto: Franz von Kahler
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