![Page Background](./../common/page-substrates/page0041.jpg)
41
Dorfleben – Menschen
Virger
Zeitung
Später in ihrer Jugend hat sich
Anna viel um alte und kranke
Nachbarn gekümmert, auch als
Entbindungshelferin wurde sie ge-
rufen, da Männer früher nicht
dabei sein durften. Nachher hat sie
die Wöchnerin gepflegt und den
Haushalt geführt, bis die Frau wie-
der selber dazu in der Lage war.
Zwei Jahre vor ihrer Heirat hat die
rüstige Virgerin bei Dr. Winkler in
Matrei gearbeitet und dort das
erste Mal in ihrem Leben einen
richtigen Lohn erhalten. Sie war
dort für alles zuständig, sie hat den
Haushalt geführt, hat in der Ordi-
nation mitgeholfen, schlussendlich
sogar Spritzen gegeben, Einläufe
gemacht und Bandagen angelegt.
Mit 25 Jahren hat sie dann ihren
Gatten Josef, den „Jaggla Josl“, ge-
heiratet und ist zu ihm nach Göri-
ach gezogen.
„Wir durften erst heira-
ten, sobald wir unsere Komma einge-
richtet hatten“,
schmunzelt Anna.
Das arbeitsreiche Leben ging auch
beim Jaggla weiter – es gab viel zu
tun am Hof, im Stall und im Haus.
Anna hat sechs Kinder zur Welt ge-
bracht, fünf davon zu Hause.
„Das
Krankenhaus war zu dieser Zeit selbst
zu bezahlen“,
erklärt Anna.
„Nach
dem vierten Kind haben wir die erste
Waschmaschine gekauft, vorher wurde
die Wäsche im Kessel ausgekocht und
im Brunnen vor der Tür ausgewa-
schen“,
erinnert sich Anna an die
Erleichterung, die eine Waschma-
schine mit sich gebracht hatte.
maria raffler, vlg. „rössa“.
um die Kinderbetreuung etwas zu erleichtern, bekam nanne einen Ziehwagen.
in tracht auf demweg zur Prozession.
Im Jahr 1974 hatte ihr Mann Josl
einen schweren Herzinfarkt, von
dem er sich nie mehr richtig erholt
hat. Somit musste Anna noch zu-
sätzliche Arbeit übernehmen. Zum
Glück bekam sie Hilfe von ihren
Verwandten, worüber sie noch
heute dankbar ist.
„Vor allem mein
Schwager Valentin, der ledig war, hat
mir viel geholfen.“
Ihr Gatte verstarb
im Jahr 2001 mit 79 Jahren. In der
Zwischenzeit hatte bereits Sohn
Alfons den Hof übernommen und
mit seiner Gattin Annelies eine
Familie gegründet. Anna wohnt
mit ihnen gemeinsam am Hof und
erfreut sich noch guter Gesund-
heit.
Obwohl die rüstige 89-Jährige auf
ein entbehrungs- und arbeitsrei-
ches Leben zurückblickt, hat sie
ihre Lebensfreude und ihren Sinn
für Humor nicht verloren. Auch
den neuen Medien ist sie durchaus
aufgeschlossen. Anna informiert
sich übers Internet und kommuni-
ziert mit ihren Kindern auch via
E-Mail. Zudem bringen die neun
Enkelkinder und mittlerweile drei
Urenkel Freude und Kurzweil in
ihr Leben.