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FODN - 69/02/2018

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Johann Gratz, vlg. Berger Hansl

Geb. am 4.12.1950 beim Berger (damals noch in Großdorf)

Seit 5. Juli 1968 bei der Bergrettung Kals (lt. Protokoll der Bergwacht)

1977 – 1995: Einsatzleiter

1995 – 2010: Obmann

1982 – 1989 und 1995 – 1999: Hundeführer

1986 - 1989: Flugretter

Seit 2016: Ehrenobmann der Kalser Bergrettung

aber motiviert und ohne Druck. Beim

Anlegen der Steigeisen einige Zeit später

merkte Hans, dass er mit dem verletzten

Fuß nicht mit den Frontzacken auftreten

konnte. Dies erschwerte das Gehen mit

den Eisen natürlich erheblich. Durch

Michaels besonnene Art und seine Er-

fahrung meisterten die beiden aber auch

die Schlüsselstelle des Aufstiegs rela-

tiv problemlos und erreichten bald den

ersten 4.000er der Tour. Beim Abstieg

über den messerscharfen Grat mussten

die beiden improvisieren: Erst gingen

sie links und rechts vom Grat, gesichert

durch das Seil, doch als diese Methode

sich als nicht besonders geschickt er-

wies, schlug Michl mit Pickl und Steig-

eisen Tritte in den harten Firn, die Hans

das Weiterkommen erleichterten.

Das Gelände rund um den Mount

Blanc ist sehr weitläufig, Kolonnen, wie

wir sie gelegentlich vom Eisleitl oder

der Glocknerscharte kennen, gibt es

hier kaum. Rund um den Berg waren ca.

100 Leute unterwegs, doch durch die

verschiedenen Geländestufen (es folg-

ten auf Aufstiege immer wieder kürzere

Abstiege, um zum nächsten Aufstieg zu

gelangen) nahm man die anderen Seil-

schaften kaum wahr.

Ca. 1 Stunde unter dem Gipfel des

Mount Blanc passierten sie eine Bi-

wakschachtel, bevor sie um ca. 10:00

Uhr den Gipfel erreichten. Endlich ge-

schafft! Lange verweilten die beiden je-

doch nicht am Ziel ihrer Bemühungen.

Beim Abstieg entledigte sich Hans so

schnell wie möglich seiner Steigeisen,

die Schmerzen waren jetzt schon an

der Grenze des Erträglichen. Zu allem

Überfluss begann es dann auch noch zu

graupeln und eine Rast in der Mount

Blanc Luxushütte „Refuge de Goûter“

schien unvermeidlich. Gott sei Dank

hörte es aber bald wieder auf und so

konnten Michl und Hans planmäßig ab-

steigen.

Schön langsam wurden die Schmer-

zen im Bein wirklich unerträglich und

so bekam es Hans eilig, die Bahn tal-

wärts noch zu erreichen. Um 16:30 Uhr

dort angekommen, fiel ihm ein Stein

von Herzen: Endlich geschafft! Er, der

geglaubt hatte, die Tour trotz der Vor-

bereitungen abbrechen zu müssen, hatte

doch den Gipfel erreicht und war auch

wieder im Tal angekommen. Zwischen-

zeitlich hatten ihn wirklich Zweifel

geplagt, ob die ganze Aktion noch

glimpflich ausgehen würde. Doch mit

Bergführer Michl an seiner Seite konnte

nichts schiefgehen: Michls Professiona-

lität, seine Ruhe, sein Vertrauen in den

Im Hintergrund Aiguille de Bionnassay und der

schöne Schneegrat

Hans und Michl am Gipfel des Mont Blanc [4.810m]

Bergkameraden und seine Motivation

haben Hans sehr beeindruckt.

Wieder im Tal angekommen wurden

sie von Bernhard und Michl wieder

abgeholt. Nach einer letzten Nacht in

Chamonix ging es am 16. Juli wieder

heimwärts. In Huben verarztete Dr. Ob-

lasser Hans und versuchte ihn nach bes-

tem Wissen und Gewissen wieder auf

Vordermann zu bringen. Trotzdem war

er danach eine Woche außer Gefecht –

aber eines ist sicher: Das war die „Tour

seines Lebens“ auf jeden Fall wert!

Hans möchte sich bei allen bedanken,

die diese Tour ermöglicht haben: Seiner

Familie, die der Bergrettung den guten

Tipp gegeben hat; dem Ortsstellenleiter

Peter Tembler mit Ausschuss der Berg-

rettung; Sohn Michl und Neffe Bern-

hard für das Training; Georg Groder,

der derweil seine „Mädels“ in der Alm

versorgt hat; und last but not least, Mi-

chael Amraser, den er als echten Profi

und Meister seines Fachs bezeichnet.

MENSCHEN AUS KALS