Previous Page  66 / 84 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 66 / 84 Next Page
Page Background

66

FODN - 69/02/2018

planung. Dafür besuchte Michl Amraser

Hans in seiner Alm im Dorfertal. Für

Hans stand nach dieser Besprechung

fest: Es wird der Normalweg sein, über

den er den Gipfel erreichen möchte.

Wie man munkeln hörte, hatten seine

Begleiter Michl Amraser, Sohn Michl

und Neffe Bernhard, von Anfang an

„Größeres“ für ihn geplant und so kam

es, dass nach einer weiteren Bespre-

chung nach der Ankunft in Chamonix

am 12.7.2018 doch ein technisch schwie-

rigerer Aufstieg, den Bionnassay-Grat,

ins Auge gefasst wurde.

Bernhard und Michael setzen Berg-

führer Michl und Hans am Ausgangs-

punkt in „Les Contamines“ auf 1.164 m

ab – die beiden hatten eine andere Tour

geplant. Von da an starteten Hans und

Michl Richtung Refuge des Conscrits,

eine Hütte auf 2.602m, wo sie die erste

Nacht verbrachten.

Am nächsten Tag ging es um 07:00

Uhr los, da nur ein Aufstieg bis zur

nächsten Hütte geplant war, erschien

das den beiden Bergfexen früh genug.

Ziel war die Durier Hütte auf 3.340 m.

In dieser Etappe passierte nun das Miss-

geschick, das die Tour bis zu allerletzt

überschatten sollte: Beim Austreten ver-

letzte sich Hans mit dem Steigeisen am

rechten Bein durch den Schuh hindurch

an der Achillessehne. Beim Abklettern

Richtung Durierhütte bekam er zusätz-

lich Probleme mit der Schulter, die ihn

seit geraumer Zeit plagt, und so dachte

Hans, dass die Tour für ihn gelaufen sei.

Trotzdem erreichten sie ihr Tagesziel,

vor der Hütte entledigte Hans sich sei-

nes Schuhs und musste feststellen, dass

die Wunde blutig war.

Sie versorgen die Verletzung und

nach einer Jause kehrten sie in der Hüt-

te sein. Wer jetzt aber an Almidylle und

eine zünftige Brettljause denkt, liegt

falsch: Die Hütte Durier wird von einer

einzigen Mitarbeiterin bewirtschaftet,

die nicht einmal in ihrer 2x3 m gro-

ßen Küche ihre Daunenjacke ausziehen

kann. Es gibt keine Heizmöglichkeit in

der Hütte! Die Lagerplätze sind rund

um einen Tisch, an dem max. 10 Per-

sonen sitzen können, angeordnet. So ist

es auch mit der Ruhe nicht weit her. Es

gibt keine Trockenmöglichkeit für nas-

se Schuhe oder Jacken, und Hans‘ Schil-

derungen der „Toilette“ sind nichts für

zart Besaitete. Kälte, Nässe, Höhenluft,

ungewohnte Gegend und ungewohnte

Gesellschaft machten die Nacht nicht

gerade zum Erholungsurlaub, so war

niemand besonders traurig, als es um

03:00 Uhr hieß: Tagwache.

Die erste positive Überraschung war

dann, als Hans feststellte, dass seine

Verletzung im Schuh nur in erträgli-

chem Maß schmerzte. „Hetz gemma

amol und schaugen wos da Tog bringt!“,

meinte Michael Amraser beim Wegge-

hen und so begann dieser Tag zwar früh,

Michl im Refuge Durier Biwak

Berühmt berüchtigter Schneegrat am Aiguille

de Bionnassay

Bei Dämmerung sind die schwersten Stellen der

gesamten Tour schon hinter uns

Michl am Aiguille de Bionnassay im Hintergrund unser Weg bis ganz nach rechts, dem Mont Blanc

MENSCHEN AUS KALS