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ummer

58 - D

ezember

2017

C

hronik

Gemüse als wir verbrauchten,

so verkauften wir es in Mount

Hagen auf dem Markt. Auch

das Krankenhaus Mount Ha-

gen nahm uns Gemüse ab. So

konnten die Aufwendungen

für die Station selbst bestrit-

ten werden.

Ein kleiner Verkaufsladen mit

einem sehr eingeschränkten,

aber interessanten Angebot

machte die Station für die

Buschmenschen

wertvoll.

Man konnte dort österreichi-

sche Feuerzeuge, Salz, japa-

nischen

Dosen-Thunfisch,

Reis und Maultrommeln aus

Österreich erwerben. Ebenso

verkauften wir „Laplaps“ in

verschiedenen Farben. Das

waren einfache Baumwoll-

stoffe, geeignet für einen

Lendenschurz.

Womit wir bei der Beklei-

dung wären. Die Buschleute

trugen traditionell wenig. Der

Oberkörper war bei Mann

und Frau frei, die Hüftparti-

en schmückten je nachdem

Röcke und Gürtel aus Busch-

gras. Die Lendenschürzen

waren aus handgemachten

Naturfasern, die die Frauen in

aufwändiger Netztechnik zu

textilen Vorhängen knoteten.

Die Gürtel waren aus gefloch-

tenem Buschgrass. Kleine

textile Kunstwerke!

In genetzten Taschen, die sie

sich um die Stirn hängten,

trugen vor allem die Frauen

ihre Habe durch den Busch,

auch die Babys waren im-

mer in einem Tragenetz am

Rücken mit dabei, aus denen

sie nur herausgeholt wurden,

wenn sie an die Brust durf-

ten. „me trinken susu belong

me“ bedeutet auf Pidgen so

viel wie „Bruder/Schwester“

- „wir haben dieselbe Milch

getrunken“.

Als Haustiere gab es nur

Schweine. Sie wurden um

die Hütten gehalten. Und sie

waren kostbar. Nicht selten

erhielten auch die Ferkel Zu-

gang zu einer Mutterbrust.

Nur einmal im Jahr wurde

geschlachtet. Beim Singsing

- einem großen Volksfest,

bei dem sich die Männer mit

Federn der Paradiesvögel

geschmückt zeigten, und wo

sie mit rhythmischem Tanz

zu Trommelmusik auftraten.

Dann wurden dutzendweise

Schweine geschlachtet und

als Mumu (=Kochtechnik)

mit heißen Steinen in den

Erdgruben gegart.

Wir Redskins durften etwas

europäischer leben und haben

uns in Mount Hagen öfter mit

Fleisch versorgt. Die Station

war sehr weitläufig und ich

legte die Wege zwischen In-

ternat, Schule, Garten und

Verwaltung mit einem Fahr-

rad zurück.

Im Jahr 1968 erhielt ich so-

gar einen von der MIVA ge-

spendeten VW-Käfer, was

das Leben sehr viel einfacher

machte.

Auch die Eingeborenen nah-

men schon am Geldverkehr

nach westlichem Muster teil.

Sie besaßen Dollars, kauften

und verkauften. Auch auf die

Bank brachten sie ihre Dol-

lars. Aber zur Sicherheit gin-

gen sie einmal im Jahr zum

Schalter und ließen sich vom

Bankbeamten zeigen, ob der

Betrag ihres Sparbuchs auch

in echt vorhanden war. Sicher

ist sicher!

Und wenn sie etwas Größeres

anschaffen wollten, so legten

die Clans ihre Beträge zu-

sammen. So traf man durch-

aus auch Eingeborene, die

mit Autos unterwegs waren.

Durch die wilde Fahrweise

landeten die Fahrzeuge dann

aber oft irgendwo im Busch.

Meinen Führerschein mach-

te ich übrigens zuerst in Neu

Guinea.

Des Öfteren bekamen wir

Besuch von befreundeten

Entwicklungshelfern

und

durchreisenden Geschäfts-

leuten und Ingenieuren. Einer

der interessantesten Besucher

war Pater William Ross, ein

New Yorker „Steyler Pater“.

Der kleine Mann mit dem be-

eindruckenden weißen Bart,

war bereits 70 Jahre alt und

seit den 30er-Jahren in Neu

Guinea tätig. Er war ein Pi-

onier bei der Erschließung

des Hochlandes. Und er hat

in seiner Tätigkeit nicht nur

den Glauben verkündet, son-

dern auch viel zur geistigen

und materiellen Entwicklung

der Bewohner des Landes

beigetragen. Die Queen hat

ihn 1971 sogar zum „Officer

of the British English Em-

Die Eingeborenen waren sehr hilfsbereit.

Eine „Brücke“ über den Fluss.

Der Zusammenhalt innerhalb der Familien war sehr beein-

druckend.

Fotos: privat