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ummer
58 - D
ezember
2017
C
hronik
Weltreise mit Maria
Wie eine Gaimbergerin in den 60er-Jahren als
Entwicklungshelferin nach Papua Neuguinea kam
In den 50er-Jahren waren die
Osttiroler Dörfer noch nicht
mit Nachrichten aus aller
Welt überschwemmt. Aber
es gab Missionszeitschriften,
die von Missionsfahrten er-
zählten und die beim Spen-
densammeln in die Bauern-
häuser gelangten.
„Du
musst
jetzt
die
Missionsheftl‘n austragen“
meinte meine ältere Schwes-
ter Agnes, als sie nach ihrer
Heirat auf die Schattsei-
te zog. So verteilte ich das
„Millhiller Missionsheft“ im
Dorf. Und ich las die Be-
richte der Missionare, die in
unterschiedlichen Ländern
auf allen Kontinenten im Ein-
satz waren, selber sehr ger-
ne. Mein Lieblingsfach war
schon immer Geographie.
Maria Neumair hieß ich da-
mals und bin 1943 geboren,
ich war die jüngste Tochter
der „Ackerer“ Bäuerin Anna
Neumair. Nach dem frühen
Tod meines Vaters wurde
der damalige Gaimberger
Bürgermeister
Siegmund
Rainer zu meinem Vormund
bestimmt. Er nahm sich mei-
ner besonders an und ich
erhielt die Möglichkeit mit
16 Jahren die Haushaltungs-
schule in Schloss Lengberg
zu besuchen. Damals war
eine höhere Ausbildung noch
ein Privileg, das noch nicht
viele junge Osttirolerinnen
erhielten. Unterstützt wurde
ich auch von meinen älteren
Schwestern und so konnte
ich meine Ausbildung bis zur
Landwirtschaftslehrerin
in
Wien fortsetzen.
Ich erfuhr, dass in den 60er-
Jahren auch in Österreich
schon Missionare, jetzt Ent-
wicklungshelfer
genannt,
angeworben wurden. Man
musste eine abgeschlosse-
ne Berufsausbildung haben,
dann war man willkommen.
So meldete ich mich 1966
beim Österreichischen Ent-
wicklungshilfe Dienst, der
damals in Österreich noch in
den Anfängen war.
Die Ausbildung fand damals
noch in Deutschland statt.
Am Beginn stand ein halbjäh-
riges Seminar für Sozialarbeit
in Freiburg. Eine schöne Zeit
war das. Wir lebten in Wohn-
gemeinschaften in kleinen
Einheiten zusammen. Die
Frauen, die sich für den Ein-
satz vorbereiteten, kamen aus
dem ganzen deutschsprachi-
gen Raum. Wir wurden von
Theologen, ehemaligen Mis-
sionaren und verschiedenen
Spezialisten für den Einsatz
in der Entwicklungshilfe aus-
gebildet.
Am Ende dieser Ausbildung
wurden die Einsatzorte vor-
gestellt: Schulen, Missions-
stationen, Krankenstationen,
Werkstätten - Betriebe von
den verschiedensten Orden
und Organisationen in Tansa-
nia, Südafrika, Algerien, Bra-
silien, Neu Guinea uva.
Ich wurde einem Schulprojekt
in Neu Guinea zugeteilt. So
war auch der nächste Schritt
klar: Intensives Sprachstu-
dium in London im Frühjahr
1967.
Alle Entwicklungshelferin-
nen, die in englischsprachi-
ge Gebiete berufen wurden,
waren in englischen Famili-
en in London untergebracht.
Ich kam zu einer altösterrei-
chischen jüdischen Familie,
die Großmutter sprach gerne
Deutsch mit mir. Der 10jäh-
rige Sohn hatte eben seine
sehr späte Beschneidung er-
lebt (beim Fußballspielen im
Park war das natürlich eher
schmerzhaft). Und ob es eine
Prüfung meiner christlichen
Tugenden war, als ich aus-
gerechnet am Karfreitag ein
tolles Steak serviert bekam,
lässt sich heute nicht mehr
klären. Mein Beichtvater hat
mich von dieser Sünde frei-
gesprochen und mich gelobt,
dass ich in diesem Fall die
Gastfreundschaft nicht ver-
letzt und das Fleisch gegessen
habe.
Einmal traf ich dort auch
meinem Landsmann Peter
Webhofer im Missionshaus
Mill Hill bei London, der sich
dort auf seine Mission vorbe-
reitete.
Im Sommer kam schließlich
der Einsatzbefehl und so reis-
te ich am 7. September 1967
von Gaimberg ab. Ich bestieg
in Wien eine Propellerma-
schine der British Airways,
die mich zu meinem neuen
Wirkungsgebiet ans andere
Ende der Welt bringen sollte.
Bereits voraus - mit der Spe-
dition „Kühne und Nagel“
- reiste mein Tropenkoffer
- das war eine Blechkiste, in
der meine Habseligkeiten für
die kommenden drei Jahre
waren.
Es war kein Business-Class
Ticket, das unsere Reiselei-
ter für mich vorgesehen hat-
ten. In Wien wurde ich mit
Gruppen von Jugoslawen, die
Zur Aussendungsfeier am 3. September 1967 begrüßte Hw.
Pfarrer Jeller die Kandidatin mit ihren Angehörigen bereits
am Friedhofseingang. Bei der Abendmesse assistierten Ka-
plan Ortner und unser Diakon Peter Webhofer, der zur Zeit
in London studierte und auf den die Meßtexte als angehender
Missionar gleichfalls zutreffend waren. Die Aufnahme zeigt
Maria Neumair, begleitet von der KLJ-Dekanatsführerin M.
Oberwasserlechner und ihrer örtlichen Helferin Marianne
Frank, vlg. Votz. Im Hindergrund die Ackerer Mutter mit
Tochter Balbina.
Foto: Ortschronik