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Seite 26

‘s Blatt‘l

Dezember 2016

Also ich beginne im Jahre 1887. Beim

Wastler gibt es eine Doppelhochzeit.

Der zweitälteste Sohn ist bereits seit

2 Jahren Bauer beim Wastler. Ei-

gentlich war es schon höchst an der

Zeit für eine Hofübergabe. Der Vater

war damals schon im 68. Lebens-

jahr. Die Braut vom Johann kommt

vom Tschelcher in Oberlienz, heißt

Franzisca Ragger und ist 24 Jahre

alt, also 5 Jahre jünger als ihr Bräuti-

gam. Und es ist eine wohlvorbereite-

te Ehegemeinschaft. Man hat bereits

vor einem Jahr einen Ehevertrag ab-

geschlossen – mit Brief und Siegel

natürlich.

Und der zweite im Bunde ist der jün-

gere Wastlersohn Tobias. Er ist 26

Jahre alt und heiratet die 20-jährige

Aloisia Gruber vom Außerkraß. Er

wird dann der Bauer beim sogenann-

ten Kleinkraßnig oder Christeler. Es

ist Montag, der 21. November 1887.

Hier wird immer montags geheiratet

und es ist eigentlich der letztmög-

liche Termin im Jahr für diese Dop-

pelhochzeit. Am kommenden Sonn-

tag beginnt nämlich der Advent. Bis

Freitag wird die Feierlichkeit schon

nicht dauern. Dann wäre nämlich der

Tanz einzustellen - „Kathrein stellt

den Tanz ein“! Eine kleine Heimlich-

keit darf ich euch aber schon noch

anvertrauen: Aloisia ist guter Hoff-

nung. Daher musste so kurzfristig

beim Pfarrer das Aufgebot bestellt

werden.

Wir lassen die Advent- und Weih-

nachtszeit hinter uns. Die nächste

Trauung in der Pfarrkirche Peter u.

Paul in Schlaiten steht an. Auch jetzt

ist wieder Eile geboten. Nicht wegen

anderer Umstände, sondern wegen

der sehr kurzen Faschingszeit. Es ist

ein kurzer Fasching. Der Fasching

hat hier eigentlich keine besondere

Bedeutung. Wegen der kirchlichen

Vorschriften musste die nächste

Hochzeit noch vor der Fastenzeit

untergebracht werden. Übermorgen

ist bereits Aschermittwoch und so

läuten heute, am Montag, 13. Feber

1888 wieder die Hochzeitsglocken.

Florian Brugger vom Albener in

Gantschach heiratet Maria Unter-

meßner, meine nächste Nachbarin

beim Guggenbichl. Florian ist 26

Jahre alt und das älteste von drei

Kindern beim Albener.

Florian war 6 Jahre alt, als sein Va-

ter Johann unten an der Isel verun-

glückte; Maria war fünf Jahre und

Chronik

Die Geschichte des Florian Brugger

Eintrag im Trauungsbuch der Pfarre Schlaiten betreffend die Hochzeit des Florian

Brugger und der Maria Untermeßner am 13. Feber 1888.

Ich bin der Guggnbichl, euer Schlaitner Hausbichl und zugleich eine Art Gemeindechronist in Schlaiten.

Bei mir laufen die Fäden zusammen. Teils sind die Informationen ohnehin so laut, dass sie jeder hören

kann und viele, viele kleine Wahrheiten, Halbwahrheiten und Unwahrheiten werden mir halt so zugetragen.

Alle sind sie geschwätzig, oben am Berg und auch bei mir im Mesnerdörfl. Aber es bringt schon Vorteile,

wenn man nur alle heiligen Zeiten einmal nach seiner Meinung gefragt wird. Dann kann man nämlich alles

weglassen, was nur Tratsch war. So bleiben kleine Geschichten übrig, wo niemand mehr beleidigt sein

darf. Und sollte trotzdem jemand von euch nicht damit einverstanden sein, dass ich „aus der Schule plau-

dere“, so fragt mich einfach in den nächsten hundert Jahren nicht mehr nach meiner Meinung.

Maria Untermeßner heiratete an ihrem

21. Geburtstag den ältesten Albener-

Sohn, Florian Brugger, der schon mit 20

Jahren den Hof übernahm.

Der Vater von Florian verunglückte, als

dieser 6 Jahre alt war. Die Mutter war

bei der Hochzeit des ältesten Sohnes

gerade einmal 30 Jahre alt.