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Seite 43

Gemeindezeitung Kartitsch

Februar 2015

ihn hinab in die höllenheißen, lärm-

durchtosten Stollen der giganti-

schen Ruhrzechen, um als einfacher

Kumpel und Grubenschlosser erst,

später als Berwerksmaler den ei-

genartig harten Typus des Berg-

mannes von innen her voll erleben

und gestalten zu können. So ent-

standen um den Kreis großer per-

sönlicher Opfer und härtester Arbeit

jene trefflichen Bildnisse, Figural-

kommpositionen, Bewegungsskiz-

zen und Ausdrucksstudien, die in

gleichem Maße Schüler und Er-

wachsene, Laien und Fachleute zu

fesseln vermochten: die routiniert

gemalte, psychologisch ausgezeich-

net erfasste Bildnisstudie eines jun-

gen Bergmannes vor allem oder

Bildnisse anderer Kumpeltypen

verschiedener Altersstufen, die per-

spektivisch originelle Komposition

„Vor der Seilfahrt―, die den Ein-

druck der endlosen Reihe der auf

den Förderkorb Wartenden wieder-

gibt oder die symbolische Gruppe

des Säers und des Bergmannes; be-

sonders interessant das unvollende-

te Selbstbildnis vor der Zeche Zel-

lern I. Den überraschend reifen

Bildnissen gleichwertig erscheinen-

de in ihrer dumpfen Farbigkeit so

melancholisch wirkenden Ruhr-

Landschaften, von denen die

„Vorfrühlingsstimmung― besonders

hervorgehoben zu werben verdient,

ebenso die das technisch raffinierte

Aquarell „Am Flussufer―. Schade,

dass der größte Teil des Bergwerk-

Oeuvres, das sich im Besitz des

Bergbaumuseums und der Direktio-

nen befindet, nicht gezeigt werden

konnte.

Innige Liebe zu Land und Leuten

der Heimat künden die Osttiroler

Gemälde, Studien und Skizzen, die

den frohen, hellen Ausgleich bilden

zu den Bildern aus dem Ruhrgebiet.

Einfache bäuerliche Menschen sind

es, denen der Künstler bluts- und

gefühlsmäßig nahe ist: Voll tiefer

Empfindungen das Bildnis seiner

lieben Mutter am Spinnrad; Mutter

und Schwester in Andacht versun-

ken, dem Subjekt nach an Wil-

helm Leibls „Frauen in der Kir-

che― erinnernd, farbig und formal

gleich gut komponiert, oder die

ausdrucksstarke Bleistiftstudie

des alten Vaters, nicht zuletzt

aber die Vielzahl der fabelhaft

sicheren, manchmal in ganz we-

nigen Strichen abstrahierten, bis-

weilen zu krauser Barockorna-

mentik aufblühenden Figuralskiz-

zen aus dem bäuerlichen Arbeits-

alltag. Gerade diese persönlich

geprägte „Handschrift― ist es, die

dem bequemen aber unerläßli-

chen Betrachter gar nichts, dem

Kenner und empfindsamen aber

alles sagt.

Dieselbe tiefe Einfühlung wie

dem Menschen gegenüber –

Kollreiders Bildnisse haben

„Seele― - bringt der Künstler der

Pflanze entgegen und dies er-

scheint uns in ihm ein besonders

liebenswerter Zug. Blumen-

stilleben von bester Modernität –

nicht „modern― im gewollten,

hohl modischen Sinne – strahlen

die fromme, stille Liebe zu die-

sen geduldigsten Geschöpfen der

Gottesnatur wider. So wird die

gemeine Wolldistel, Löwenzahn

und Rittersporn der edelsten Or-

chidee ebenbürtig; in diesen geni-

alen Ausschnitten aus der uner-

schöpflichen Farben- und For-

menfülle des Pflanzenreiches

wird uns durch das Werk des

Künstlers der Freudenquell Natur

von neuem aufgeschlossen.

Stilleben wie die „Wolldistel―

und „Hortensien― sind schlecht-

hin vollendet. Vom Mikrokosmos

der Blumen, Blätter und Gräser

schweift der Blick in die Weite

und Größe heimischer Land-

schaft; hier fällt besonders die

Schneelandschaft St. Oswald im

Winter mit ihren wunderschönen

farbigen Licht- und Schattenpar-

tien auf, ein heimatlich-helles

Gegenstück zu der dumpfen, äs-

thetisch ungemein reizvollen

Farbharmonie des „Vorfrühlings

am Weiher― aus dem Ruhrgebiet.

Es ist dieselbe fromme Gläubigkeit,

die Blumen und Madonnen mit der

gleichen Hingabe gestaltet. Gleich

dem Eingange gegenüber zogen

zwei große Kopien nach mittelal-

terlichen Marienplastiken aus Dort-

munder Kirchen den blick des Be-

suchers auf sich. Mit außerordentli-

cher Pinselführung das ausdrucks-

starke Wesen der gotischen Plasti-

ken wiederzugebende. Seine eige-

nen zeitnahen Madonnenschöpfun-

gen, die „Weihnachtsmadonna―

und die Studie zur „Madonna in

den Blüten― atmen den reinen Geist

tiefer Religiösität.

Die Ausstellung war in den elegan-

ten Ausstellungsräumen der Han-

delskammer vorbildlich aufge-

macht, die Bilder ausnahmslos mit

erlesenem Geschmack gerahmt und

gehängt; endlich verdient die gute

Idee des städtischen Kulturamtes

rühmlich verzeichnet zu werden,

eine – übrigens bestens gelungene –

allgemeine Führung zu veranstal-

ten.

Wie ihm Berufenere und Verständi-

gere herzliche Worte des Lobes und

der Anerkennung in das Gästebuch

schrieben, so sei Oswald Kollreider

von dieser Seite Dank gesagt für

sein Wagnis, sein bisheriges Werk

in dieser Form der Betrachtung zu-

gänglich zu machen; das Experi-

ment ist geglückt, wie der rege Be-

such, das Interesse weiter Kreise

und die zahlreichen Ankäufe be-

weisen. Besonderer Dank gilt ihm

auch für die liebenswürdige Art,

mit der er sein Publikum, insbeson-

dere auch die Schuljugend, in die

Welt seiner Themen und seines

Schaffens einführte.

So wollen wir unseren heimischen

Maler Oswald Kollreider wün-

schen, dass er weiterhin die rechten

Pfade, sucht und findet zu seinem

Ziel und rufen ihm nach gutem

Bergmannsbrauch „Glück auf!― zu.

Zur Verfügung gestellt von Ortschronik

Kartitsch, Hilda Außerlechner