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Februar 2015

Gemeindezeitung Kartitsch

Seite 42

Ein Landstürmer von Kartitsch

schreibt uns jetzt nach dem Falle

von Przemysl über eine Kommu-

nionfeier in dieser Festung am 18

September 1914, an welcher er

selber teilnahm, Folgendes: Nach

mehreren Schlachten und fortwäh-

rendem Freilager kamen wir müde

– und viele krank – am 17. Sep-

tember in der Festung Przemysl

an. Da hieß es einen langen

Heustadel wohnbar machen, denn

er war bis unters Dach mit Garben

und Heu vollgestopft. Wie froh

waren wir, unter Dach zu sein, das

uns vor Regen und Kälte schützte.

Natürlich vergaßen wir auf unse-

ren alten Tirolerbrauch nicht. Es

wurde Rosenkranz gebetet und

kein einziger Mann hatte etwas

dagegen. Hernach kam unser Herr

Feldkaplan und sagte, morgen ist

hl. Messe und wer will, kann frü-

her zur heiligen Beichte kommen.

Nächsten Tag sah man bei Tages-

anbruch überall Soldaten herum-

suchen, denn die Herren Offiziere

und Kanzleien waren in mehreren

kleinen Häusern untergebracht

und wir wussten nicht, wo unser

Herr Kaplan wohnte. Endlich er-

fuhren wir es. Im Nu war der

Hausflur voll, denn jeder wollte

sich hineindrängen, ja in kurzer

Zeit war auch vor der Haustüre

weit herum der Raum belagert.

Unser Herr Kaplan war aber kein

Tiroler und wir mussten lange auf

ihn warten. Daß es uns ernst war

und wir uns nicht so leicht ab-

schrecken ließen, kann man daraus

ersehen: Einem wurde im Haus-

flur unwohl und er musste sich am

Boden niederlassen. Er ging aber

nicht weg, weil er fürchtete, aus

der Reihe zu kommen. Ein anderer

hatte die Ruhr und sollte in der

Früh zum Arzt gehen, von dem er

Medizin erhalten hätte. Er aber

verzichtete auf die ärztliche Hilfe,

um die hl. Kommunion empfan-

gen zu können. Viele sind bald

darauf von feindlichen Geschos-

sen zu Boden gestreckt worden

und es war für sie die letzte hl.

Kommunion. Im Kugelregen und

Kanonendonner ist unser Glaube

wieder lebendig geworden. Wir

wussten die Kraftmittel der Reli-

gion besser zu schätzen als in

ruhigen, stillen Tagen. Oft hörte

man, o, wenn ich noch das Glück

habe, nach Hause zu kommen –

ich werde ein ganz anderes Le-

ben führen -- Endlich öffnete

unser Herr Kaplan die Türe. Als

er so viel sah, sagte er, jetzt muß

es militärisch gehen. Für 7 Uhr

war die hl. Messe angesagt, aber

es regnete in Strömen. Was jetzt

anfangen? In der Freie kann nie-

mand sein. Dem Heustadel ge-

genüber war ein kleines Häu-

schen. Vorn war eine Stiege mit

einer Plattform. Dieser Platz wur-

de zurecht gerichtet. Ein Tisch,

ein Kreuz und zwei Kerzen. Lei-

der waren keine Leuchter vorhan-

den, aber wir stellten zwei Feld-

flaschen hinauf und steckten die

Kerzen hinein. Bei der Kommu-

nion des Priesters empfingen

auch wir die hl. Kommunion. Der

hochw. Herrn Kaplan ging mit

dem Allerheiligsten in den Haus-

flur hinein, wo fast der ganze Bo-

den mit militärischen Sachen be-

legt war. Das war aber ein Drän-

gen und Stoßen. Jeder wollte die

hl. Kommunion empfangen. Un-

ser Herr Kaplan ahnte es bald,

dass er viel zu wenig konsekrierte

Hostien hatte, er brach sie in klei-

ne Teile. Nicht gewaschen, nicht

rasiert, zerrissene, zerschossene

Kleider, voll Letten, Schmutz und

Läuse. Unser Herr Kaplan hielt

hernach eine recht schöne An-

sprache, vielen sah man die Tränen

über den grauen Bart herunter rol-

len, denn es waren alles Männer

von hoch 30 bis 43 Jahren und 80

Prozent waren verheiratet. Allen

wird dieser Kommuniontag unver-

gesslich bleiben, die das Glück ha-

ben, in ihr teures Heim wieder zu-

rückzukehren. (Verfasser unbe-

kannt)

Zur

Verfügung gestellt

von: Ludwig Wiedemayr

Erdbeben – 1924

Am 12. Dezember 1924 um 4.30

Uhr in der Früh wurde in Kartitsch

ein starkes Erdbeben in zwei auf-

einanderfolgenden Stößen in der

Richtung von Osten nach Westen

wahrgenommen. Die beiden Erd-

stöße dauerten ca. eine Minute und

waren so stark, dass die Leute vom

Schlafe geweckt wurden und die

Wände und Fester der Häuser stark

zitterten.

Aus Lienzer Nachrichten vom

18.12.1924 zur Verfügung gestellt

von: Ortschronik Kartitsch, Hilda

Außerlechner

Zur Ausstellung

Oswald Kollreider

(Bericht Osttiroler Bote

vom 28. Jänner 1954)

„Avez-vous bien travallé― -

„Haben Sie gut gearbeitet?― war

die Frage, mit der Auguste Robin

seine Freunde begrüßte.

Er hat gut gearbeitet, der junge

akademische Maler aus St. Oswald

bei Kartitsch. Das erstaunlich viel-

seitige und tiefgründige Werk

zweier entscheidender Schaffens-

jahre, in vornehmer Aufmachung

erstmalig der Öffentlichkeit vorge-

stellt, spricht ein ehrliches und

starkes „Ja―!

Sein fanatisches Suchen nach dem

wahren Wesenskern der Dinge zog

Historisches Historisches Historisches

Zeitungsbericht eines Kartitscher Landsturmsoldaten an der russischen Front in Galizien im Tiroler

Volksbote v. 31. März 1915