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Seite 33

Gemeindezeitung Kartitsch

August 2014

Historisches • Historisches • Historisches • Historisches

Wie die ehemaligen KZ-

Mithäftlinge, der Bauer Vinzenz

Schaller aus Kalkstein und Hans

Unterweger aus Birnbaum im Le-

sachtal, unserem Vater berichtet

hatten, ist Bruder Gereon vermut-

lich am 13. Juni 1944 nach besti-

alischer Behandlung umgekom-

men. Hans Unterweger hat öfter

gesagt, dass er mit eigenen Augen

gesehen hat, wie ein Aufseher

Bruder Gereon auf dem Rücken

über eine Treppe gezogen und

dann die Wachhunde auf ihn ge-

hetzt hat

. Am nächsten Tag wur-

de offenkundig, dass Bruder Ge-

reon verstorben ist. Unterweger

betonte auch, dass die offizielle

Version „Tod durch Fliegeran-

griff“ nicht der Wahrheit ent-

spricht. Dies teilte mir auch der

nunmehr einundneunzigjährige,

geistig und körperlich noch äu-

ßerst rüstige Alois Geiler / Kar-

titsch in einem ausführlichen Ge-

spräch am 25. August 2013 mit.

Geiler war ja bei der Wehrmacht

und nach seiner Heimkehr aus

Rußland jahrelang Hirte auf der

Frohnalm im Lesachtal und hatte

dort auch Rinder des Bauern

Hans Unterweger vulgo Renner

aus Kornat/Birnbaum (gestorben

1966) zu betreuen. Bald nach

dem Almauftrieb hat der Bauer

Unterweger den Hirten Geiler

nach dessen Herkunft gefragt.

Als das Wort Kartitsch gefallen

ist, hat er ihm mitgeteilt, dass er

im KZ-Dachau den Wiltener

Klosterbruder Gereon aus Kar-

titsch und den Kalksteiner Bau-

ern Vinzenz Schaller kennenge-

lernt hat. Er hat u.a. miterleben

müssen, wie Bruder Gereon von

den Wächtern drangsaliert und

gequält wurde. Mehrmals hat

Unterweger dem Hirten Geiler

gegenüber betont, dass die offi-

zielle Mitteilung, Bruder Gereon

sei durch einen Fliegerangriff

umgekommen, eine reine Lüge

war. Vielmehr ist er nach äu-

ßerst grausamer Behandlung

schließlich an den Folgen des

„Treppensturzes“ und der Hun-

debisse umgekommen. Diese

Tatsache war offensichtlich dem

Autor und Wiltener Prämonstra-

tenser Heinrich Pregenzer nicht

bekannt, wenn er in „Die zweite

Aufhebung des Stiftes Wilten

(von 1938 bis 1945)“ schreibt:

„Bruder Gereon Außerlechner

starb als KZ- Häftling am 13.

Juni 1944, angeblich bei einem

Fliegerangriff.“

Die KZ-Verwaltung wollte unse-

rem Vater die Asche des Verstor-

benen zusenden, was dieser aber

ablehnte, da er überzeugt war,

dass sie nicht von seinem Bruder

stammen würde, zumal im offizi-

ellen Schriftverkehr aus Dachau

drei (!) verschiedene Todestage

angegeben waren.

Da sich heuer der Todestag von

Bruder Gereon zum 70. Male

jährt, feiert der Abt von Wilten,

Prälat Raimund Schreier, am

Sonntag, den 5. Oktober 2014,

um 9.00 Uhr

in der Pfar r kirche

Kartitsch einen Gedenkgottes-

dienst.

Alle sind dazu herzlich eingela-

den.

Hubert Außerlechner

Absender eines Briefes aus dem KZ“

Anerkennung den Alten – Ratschläge

den Jungen

1974:

Kartitscher Dorfbildungswoche schloss

mit einer Ehrung verdienter Gemeindebürger

und der Jungbürgerfeier für die Jahrgänge

1952/53/54 – Zufriedenstellender Besuch bei

den Vorträgen – Musikalische Umrahmung

Ähnlich einer Volksmission – sie galt allgemein

nur religiösen Zielen – ist heute die Dorfbil-

dungswoche als Standortorientierung zu sehen.

Die Gemeinde Kartitsch hat eine solche vom 4.

bis 7. Februar 1974 gehalten und dabei in Rede und

Diskussion überlegt, wie weit eine Weiterentwicklung

des Fremdenverkehrs möglich ist, wo heute die Land-

wirtschaft steht und wie das Dorf sein äußeres Gesicht

pflegen kann. Die drei Bildungsabende wurden jeweils

vom Kartitscher Quartett musikalisch umrahmt, der

Besuch war im allgemeinen zufriedenstellend und das

Interesse rege.

Der vierte Abend trug mehr Festcharakter: die noch im

Amt befindliche Gemeindeführung – einstimmiger Be-

schluss vom 16.3.1973 – überreichte acht verdienten

Gemeindebürgern das Ehrenzeichen in Gold und ge-

staltete die Jungbürgerfeier für die Jahre 1952/53/54.