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August 2014

Gemeindezeitung Kartitsch

Seite 32

Josef Außerlechner – Bruder Gereon OPraem.

(geb. 1904 in Kartitsch, umgekommen 1944 in Dachau)

Als drittes von sieben Kindern

wurde Josef Außerlechner am 4.

September 1904 in St. Oswald zu

„Walser“ geboren. Nach dem Tod

der Mutter trat er am 19. Mai

1928 in das Prämonstratenserstift-

Wilten als Bruder ein, nahm den

Klosternamen Gereon an, arbeite-

te dort als verlässlicher Gärtner-

gehilfe und Essensaufträger für

die Mitbrüder und legte dann am

22. Mai 1932 die Ewige Profess

ab.

Bereits unmittelbar nach dem An-

schluss Österrreichs an das Deut-

sche Reich war eine großangeleg-

te Hetzkampagne gegen das Stift

angezettelt worden, wie es auch

das Mitglied der Historikerkom-

mission Dr. Johann Großruck in

„Aufhebung bzw. Zwangsverkauf

des PrämonstratenserstiftesWilten

in Innsbruck“ (Linz 2008) be-

schreibt.

Der Gauleiter Franz Hofer war

vom Ehrgeiz getrieben, den Gau

Tirol als ersten „klosterfrei“ zu

machen. In Folge dessen wurde

bereits am 24. August 1939 das

Stift Wilten aufgehoben, und es

mussten alle Konventualen das

Haus verlassen. Die Chorherren

gingen in die stiftseigenen Pfar-

reien und die Brüder auch oft zu

ihren Verwandten. So kam Br.

Gereon wieder nach Kartitsch,

wurde dort von seinem Bruder

Oswald aufgenommen und ver-

sorgt. Im Gasthaus Neuwirt ar-

beitete er als Hausdiener.

Wie

unser

Vater

(Oswald Außerlechner 1908 –

1995) immer betonte, waren

damals viele in Kartitsch wie

auch in anderen Orten Öster-

reichs hoch verschuldet. Des-

wegen sind dann die meisten

mit fliegenden Fahnen für Hitler

eingetreten, als dieser ihnen ei-

ne bessere Zukunft im Deut-

schen Reich versprach und sie

im

Zuge

der

„Höfeentschuldung“ entschul-

dete. So war etwa bei der Ab-

stimmung über den Anschluss

in Kartitsch nur eine (!) Gegen-

stimme. Der gesamte Wahlakt

existiert übrigens noch und wird

im Archiv des Gemeindeamtes

Kartitsch aufbewahrt.

Unser Vater selbst lebte

nach dem Wahlspruch „Treu zu

Gott, Kaiser und Vaterland“;

diese Überzeugung stempelte

ihn damals als „Gestrigen“ ab.

Selbst als einfacher Bürger er-

kannte er aber sofort, dass die

„neue Zeit“ kein Segen und

„Hitler nur ein Lump sei“, wie

er oft sagte. So hat er trotz der

großen Kinderschar jede Famili-

enunterstützung von Hitler ab-

gelehnt und vielfach Widerstand

gegen die damalige Zeitströ-

mung geleistet, was ihm viele

Unannehmlichkeiten und meh-

rere Verhöre bei der Gestapo in

Lienz einbrachte. Die Aufhe-

bung des Stiftes Wilten bereits

ein Jahr nach dem Anschluss

bestärkten ihn in seiner Haltung

als deklarierter Hitlergegner. So

war es für ihn selbstverständ-

lich, seinen Bruder Josef nach

der Vertreibung aus dem Stift

aufzunehmen und ihn in seiner

Haltung zur katholischen Kirche

zu unterstützen.

Einige Einheimische missgönn-

ten Bruder Gereon die Arbeit im

Gasthaus und betrachteten ihn

bald mit Argwohn; daraufhin

versteckte ihn unser Vater in der

„Mesner Soge“. Er und einige

Mitbürger versorgten Bruder Ge-

reon mit Lebensmitteln. Einige

Zeit ging das gut, bis diese Akti-

on einem deklarierten Nazi hint-

ertragen bzw. bekannt wurde.

Unter

dem

Vorwurf,

ein

„arbeitsscheuer Betbruder“ zu

sein, der nicht wie die anderen

Männer den Kriegsdienst für Hit-

ler leiste, wurde Br. Gereon ver-

haftet und am 3. März 1943 nach

Dachau gebracht. Offensichtlich

fürchteten die Nazis bei der Fest-

nahme eines einfachen Kloster-

bruders – im Gegensatz zu den

Klerikern – den Widerstand von

Seiten der Kirche nicht und hat-

ten mit ihrem Machtapparat ein

leichtes Spiel diesem wehrlosen

einfachen Menschen gegenüber.

Bruder Gereon kurz nach der Einklei-

dung“

„Bruder Gereon November 1939“