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November 2013

Gemeindezeitung Kartitsch

Seite 36

Historisches • Historisches • Historisches • Historisches

Eine segensreiche Einrichtung -

Die Elektrifizierung im Kar-

titsch-Tilliachertal vor rund 80

Jahren

Die Errichtung der

Elektro-

stromversorgung

im

oberen

Osttiroler

Pustertal

und im

Kartitsch-Tilliachertal

führte

wie kaum eine andere Maßnahme

zu heftigen

Kontroversen

der

Bevölkerung zwischen Fortschritt

und Hebung des Lebensstandards

mit damit verbundenen Kosten

oder dem Bewahren altgewohn-

ter, traditioneller und sparsamer

Lebensweise.

Trotzdem man in größeren Orten,

etwa in Innichen oder Toblach (lt.

Franz Josef Kofler „Rauhe Sonn-

seite“) bereits bald nach der Jahr-

hundertwende die Annehmlich-

keiten elektrischen Lichtes nutzen

konnte und auch in Lienz ab 1909

zumindest einzelne Stadtteile

abends beleuchtet waren, musste

die Bevölkerung des Oberlandes

besonders während der Militärbe-

lagerung im Ersten Weltkrieg mit

einigem Neid die Stromversor-

gung verschiedener militärischer

Dienststellen durch provisorische

Kleinkraftwerke wahrnehmen.

Eine Ausnahme mag aber für Ab-

faltersbach gegolten haben. Be-

reits 1913 beantragte der Gastwirt

und Gutsbesitzer Hans Aigner die

Inbetriebnahme eines mit Was-

serrad angetriebenen „Elek-

trodynamos“ zur Stromerzeu-

gung für sein Sägewerk und ver-

mutlich wohl auch die Gastloka-

le, was betreffend Elektroener-

gie eine Vorreiterfunktion be-

deutete. (Gemeinderat -Pro-

tokolle Abfaltersbach)

In den

Nachkriegsjahren

gin-

gen einer befriedigenden

Elekt-

rostromversorgung

heiße Dis-

kussionen und

Auseinanderset-

zungen

besonders im Raum

Sil-

lian

voraus, die auch in wieder-

holten, oft polemischen Ortsbe-

richten in der Bezirkspresse

(Lienzer Nachrichten) ihren

Niederschlag fanden. In Eigen-

initiative konnten einige Haus-

halte und Bauernhöfe durch

pri-

vate Kleinkraftwerke

zumin-

dest zeitweise in den Genuss

elektrischen Lichtes kommen,

eine flächendeckende Stromver-

sorgung war aber durch viele

Jahre nicht zu realisieren. Auch

ein im Jahre 1924 mit Michael

Jesacher, Arnbach abgeschlos-

sener Stromlieferungsvertrag

befriedigte nicht und wurde von

der Tiroler Landesregierung ab-

gelehnt.

Schließlich fanden sich

um

1925

einige eher wohlhabende

Oberländer Bürger

, überwie-

gend aus dem Raum Sillian zu

einem Baukonsortium zur

Er-

richtung eines Wasserkraft-

werkes

im Lueg, nahe der

Luegsäge am

Villgratenbach

,

Gemeindegebiet Sillianberg,

zusammen. Dieses wurde

1926

erbaut

, im Spätherbst in Betrieb

genommen und am

16. Jänner

1927

mit einem großen Fest

fei-

erlich eröffnet

.

Mit diesem

„Oberpustertaler

Elektrizitätswerk“

, Drehstrom,

Turbinenleistung 350 PS und an-

gegebene Ausbaufähigkeit auf

rund 700 PS, konnte der Strom-

bedarf des ganzen Oberlandes

einschließlich der Seitentäler für

die nächsten Jahrzehnte gedeckt

werden.

Über ein Hochspannungs -

Leitungsnetz von rund elf Kilo-

meter bereits bei der Inbetrieb-

nahme wurden vorerst die Ge-

meinden

Sillian

,

Panzendorf

,

Abfaltersbach

und Teile von

Strassen

mit elektrischer Energie

versorgt, in der Folge sollte

Hollbruck und St. Oswald dazu-

kommen. Auf einer Marmortafel

im Maschinenraum des Krafthau-

ses am Lueg waren neben dem

Erbauer Germano Zeni

, Sillian

als Weitere genannt: Johann

Schönhuber, Sillian; Nikolaus

Atzwanger, Sillian; Alois Stall-

Über rd. 30 km erstreckte sich das

Stromnetz durch das Kartitsch-

Das 1926 erbaute Elektrizitätswerk

Turbinenhalle des neuen Elektrower-

kes 1927