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51 - J
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2015
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hronik
Pfarrer Jeller sehr geschätzt
wurde.
In den Ferien nach dem 1.
Schuljahr lebte Adelheid bei
der Großmutter und Tante
Paula im Widum, auch um
auszuprobieren, ob es für alle
Bewohner, besonders für sie
und den Pfarrer, doch „pas-
sen“ könnte. Zufällig gab es
auch Kontakt mit der Leh-
rerin, die ihr sehr zusagte,
sodass von Adelheids Seite
ein Ja zur Übersiedlung si-
cher war. Für Pfarrer Jeller
hätte der Bibelspruch „Wer
eines dieser Kinder auf-
nimmt, nimmt mich auf“ als
Entscheidungshilfe gedient.
Adelheid erzählte bei ihrem
Besuch, dass Pfarrer Jeller
mit ihr freudig Tonbandauf-
nahmen gemacht hätte, mit
Schul- und Kirchenliedern.
Zum Schmunzeln bringt fol-
gende Erzählung: Bischof
Rusch wurde bei der Visita-
tion in Untertilliach das Wi-
dum mit seinen Räumlich-
keiten gezeigt, u. a. auch das
Zimmer von Tante Paula und
Adelheid, worauf er recht er-
staunt gefragt hätte: „Hat sie
ein Kind?“
Als Adelheid 13 Jahre alt war,
übersiedelte sie mit Pfarrer
Jeller und Tante Paula Klam-
mer nach Grafendorf/Gaim-
berg, seinen zweiten und letz-
ten Pfarrerposten. Adelheid
absolvierte ihr letztes Schul-
jahr (8. Schulstufe) in Gaim-
berg und fühlte sich dort bald
sehr wohl.
Nun noch das Wichtigste zum
Friedhof und zur Kapelle:
In der Nähe des Lagerplatzes
der Kosaken wurden in 28
Gräbern etwa 300 Kosaken
zur ewigen Ruhe gebettet.
Schon seit den 70er-Jahren
gab es Pläne zur Errichtung
einer Kapelle auf diesem
Platz. Nun war es hauptsäch-
lich dem Schwarzen Kreuz,
mit Unterstützung von vielen
Seiten (auch der weltweit ver-
streuten Kosaken) gelungen,
diese orthodoxe Holzkapelle
zu errichten. Planung, Holz-
bauarbeiten und das Altarbild
aus Holz stammen aus Lem-
berg/Ukraine. Auch einheimi-
sche Firmen waren am Werk,
wovon die Fa. Frey besonders
lobend hervorgehoben wurde.
Weil es noch allerhand im
Zusammenhang mit den Ko-
saken zu berichten gibt, wird
es in den nächsten „Sonnsei-
ten“ noch eine kleinere Fort-
setzung geben; vor allem,
weil einer davon Jahrzehnte
in Gaimberg gelebt hat und
auch hier begraben wurde.
Über das Chaos nach dem
Krieg und zur britischen
Besatzung
(wieder z. T. aus
dem Buch „Osttirol - vom 1.
Weltkrieg bis zur Gegenwart“
von Dr. Martin Kofler)
Zu seinem 56. Geburtstag
am 20. April war Hitler in
der „Lienzer Zeitung“ noch
als „die größte Gestalt die-
ser Erde“ bezeichnet wor-
den. 10 Tage später beging
er in seinem „Führerbun-
ker“ in Berlin Selbstmord.
Während sich der Ring der
Roten Armee (Sowjetuni-
on) um Berlin immer enger
schloss, war zur gleichen Zeit
(27. April) in Wien mit dem
Einverständnis der Sowjets
eine provisorische Staatsre-
gierung unter Kanzler Karl
Renner gebildet worden. Tags
darauf gelangten die ersten
US-amerikanischen Truppen
nach Tirol (Außerfern) und
am 3. Mai nach Innsbruck.
Als Besatzer waren dann aber
für Vorarlberg und Tirol die
Franzosen zuständig und die
US-Amerikaner für Salzburg
und OÖ. Die Briten betraten
als letzte Besatzungsmacht
österreichischen Boden und
marschierten 5 Tage später
in Lienz und Klagenfurt ein.
Seitens Londons wünschte
man die Beibehaltung der
Gaugrenzen, auch wegen der
verkehrsmäßig abgelegenen
Lage Osttirols. Nicht nur im
Pustertal, durch das als Folge
der Kapitulation der deut-
schen Italienarmee Verbände
der Wehrmacht zogen und die
Bevölkerung verunsicherten,
sondern auch in Lienz ging
in diesen Tagen alles drunter
und drüber. Die nur aus weni-
gen Personen bestehende und
unter der Führung der NS-
Verfolgten Theodor Hibler
und Hermann Pedit gebildete
Widerstandsbewegung fand
nur mehr eine verlassene NS-
Kreisleitung und Gestapozen-
trale vor. Die dortigen Öfen
bargen jede Menge Asche
verbrannter
Unterlagen.
Noch am 4. Mai war Hiblers
Frau von der SS verhaftet
worden, weil sie zu früh eine
rotweißrote Fahne zur Begrü-
ßung der alliierten Befreier
gehisst hatte. Am selben Tag
erklärte NS-Bürgermeister
Emil Winkler Lienz zur „frei-
en Stadt“ und tat in der letz-
ten Ratsherrensitzung einen
Tag später kund, dass man
die Kosaken rasch durch den
„Kreis Lienz“ zu den Ameri-
kanern schleusen wolle. Auch
die erste neue Stadtverwal-
tung unter Bgm. Oberhueber
bat die Briten, Übergriffe
der Kosaken hintanzuhalten.
Schließlich hatte man durch
die Kriegsfolgen andere Sor-
gen genug. Allerdings war
das Thema Kosaken abseits
des Lienzer Talbodens nicht
so bedeutsam, zum anderen
war es auch für die betroffene
Bevölkerung eine zeitlich ge-
sehen sehr kurze Episode in-
mitten der sonstigen Verunsi-
cherung nach dem Überleben
des (Bomben-) Krieges.
Aus vielen Ländern waren
Kosaken gekommen.
Foto: Ortschronik
Chaos nach dem Krieg und britische Besatzung
Schäden des Bombenkrieges am Hotel Post beim neu be-
nannten „Hauptplatz“ (nicht mehr Adolf-Hitler-Platz).
Foto: Ortschronik