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Das ABC des Veidler Karl

Juni 2017

P

ferde:

Das Ross war der

Stolz des Bauern. War es bei

der Feld- und Waldarbeit ein

wertvoller Helfer, so waren Pferde bei

der Schneeräumung unverzichtbar. Der

Schneepflug stand beim Gemeindehaus

und zur Räumung mussten alle abwech-

selnd antreten. Je nach Schneelage wur-

den sechs bis acht Pferde vor den Pflug

gespannt. Bei sehr viel Schnee musste

ein Reiter voraus die Richtung angeben

Ab 1959 blieben die Pferde im Stall, ein

Traktor übernahm ihre Arbeit.

Q

uelle:

Eine Quelle der Freude

waren die Urlaube mit den

Kindern auf der Weißsteinhüt-

te. Von der Küche aus konnte man Gäm-

sen und Rehe beobachten. 1968 hatten

sich ein Dutzend Gleichgesinnter zusam-

mengetan, um die alte „Schafler-Hütte“

der Agrargemeinschaft zu renovieren und

wieder zu beleben. In unzähligen Arbeits-

stunden wurde ein Ferienparadies vor der

Haustüre geschaffen. Wir waren eine tolle

Gemeinschaft.

R

einigung:

Hygiene war in den

badlosen Häusern meiner

Kindheit ein Fremdwort. Man

wusch sich die Hände und das Gesicht,

Hals und Ohren und alles andere blieben

trocken. Mit den kurzen Hosen im Früh-

jahr kam es dann an den Tag. Ich rieb mir

beim Hüten am Seebachl mit Sand und

Schotter die „Printsche“ von den Knien ab

- Peeling auf tristacherisch.

S

port:

Sport wurde bei uns groß-

geschrieben. Von der Dolomi-

tenhütte zum Schrettis fand

jährlich ein Abfahrtslauf statt. Der Kersch-

baumer Lois und der Konrad Pepe über-

nahmen die Zeitnehmung und die Frau

Einhauer fungierte als Krankenschwester

und hatte immer einen Eisenfuß in ihrem

Gepäck, falls sich jemand das Bein bre-

chen sollte. Am Kahlerbichl hatten wir

eine Sprungschanze gebaut. Der Pfarrer

Sternbach fungierte als Weitenrichter. In

der Wastler Stube fand die Siegerehrung

statt.

T

homas:

Thomas war der Bruder

unseres Großvaters und lebte

im Winter bei uns. Im Sommer

war er Hirte in der Gastein und mehr als

30 Jahre in Tristach. Obwohl er selber

nicht viel Geld hatte, war er ein Weltmeis-

ter im Schenken. Zu unseren Geburts-

tagen kaufte er beim „Julius“ (Geschäft

beim Reiter) Fisch in Dosen und auch

sonst hin und wieder eine Kleinigkeit. Er

spendierte uns Geld zum Kinogehen und

dem Hans einmal sogar einen Hunderter

zum Ballgehen.

U

nfall:

Am 20. März 1966

hatte ich mir als Mitfahrer

bei einem Verkehrsunfall den

rechten Oberarm gebrochen. Der Arm

wurde operiert, doch der Arm blieb „tot“,

da heißt ich spürte überhaupt nichts und

konnte lange nicht arbeiten. Erst nach

etwa sechs Wochen kam langsam wieder

Gefühl in den Arm.

V

eidler Stube:

Die Veidler Stube

war eine Welt für sich. Jeden

Sonntag versammelten sich die

Bauern in unserer Stube vor dem Gottes-

dienst und nach dem Gottesdienst. Unter

den Männern wurde das Wann-Wer-Wo-

und-Wie der vergangenen und der kom-

menden Woche diskutiert. Man traf sich

zum Reden und Rauchen. Wer die Stube

vom Gang aus betrat, sah nur vom Bo-

den bis zu den Knien. Alles darüber war

von dicken Rauchschwaden vernebelt. Es

fand ein reger Meinungsaustausch unter

den Männern statt. Dabei wurde über-

haupt nichts konsumiert. Wir jüngeren

Brüder hockten unentdeckt in der Ofen-

höhle und lauschten. Bei Schönwetter

fanden die Diskussionen am Veidler-Platzl

statt.

W

ehrdienst:

Am 1.4.1965

musste ich zum Bundes-

heer nach Seebach einrü-

cken. Die Küche dort war abscheulich,

wenig und schlecht. Ich hatte in kürzester

Zeit viel abgenommen. Als das erste Mal

nach Hause durfte, fiel es sogar meinen

Nachbarn auf, wie schlecht ich aussah.

Ich bekam von zu Hause und vomWastler

Speck zum Mitnehmen. Diesen verzehrte

ich mit meinen Kameraden genüsslich.

Nur einen Steirer schlossen wir aus. Die-

ser bekam jede Woche von zu Hause ein

Fresspaket mit den köstlichsten Dingen

und gab den anderen nie etwas ab.

Später wurde ich nach Lienz versetzt

und kam zum Grenzschutz nach Innervill-

graten. Ich lebte wieder auf. Hier war die

Küche einmalig.

Z

ügenläuten:

Wenn im Dorf je-

mand starb, mussten wir das

Sterbeglöcklein läuten. Als ich

etwa 11 Jahre alt war, läutete ich das

erste Mal gemeinsam mit Wastler Klaus

(Stauder) das kleinste Glöcklein. Da Klaus

kleiner als ich war, musste ich ihn zuerst

in den Glockenstuhl hinaufheben und ich

kletterte nach. Es war ein schwieriges

und gefährliches Unternehmen. Wir wa-

ren beide stolz, als wir das Geläute un-

fallfrei überstanden hatten. Auch für das

Zwölfeläuten waren wir zuständig. Nach

dem Schiedungläuten versammelten sich

die Läuter auch in unserer Stube und

bekamen Stangenkäse, Weißbrot und

Schnaps.

Burgl Kofler

Karl und Lorenz Ortner, vulgo Draschlinger

Tristacher Skistars anno dazumal: Hubert Male, Siegfried Hofer, Lorenz Wendlinger

und Karl Oberhuber