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Virgen

Aktiv

38

I

Virgen im Ersten Weltkrieg

Zur Erinnerung: Diese Aufzeichnungen

in der Volksschulchronik verfasste

Schwester M. Kassiana Letzner. Sie sind

hier ohne Kommentare und Korrekturen,

aber mit ein paar Kürzungen wiederge-

geben. Von mir gemachte Ergänzungen

stehen zwischen eckigen Klammern [ ... ].

Die beigefügte Abbildung stammt natür-

lich aus einer anderen Quelle.

Otfried Pawlin

1916

Im März 1916 brach beim Schmidbauer

in Obermauer die Viehseuche aus. Sein

Haus wurde für den Verkehr amtlich ge-

schlossen. Anfangs April brach die Seuche

auch beim Neuwirt in Virgen, Valentin

Resinger aus. Die Seuche soll verschleppt

worden sein. Um die Seuche ja nicht

mehr weiter zu schleppen, wurden die

strengsten Maßregeln angeordnet. Sicher-

heitshalber wurde dann laut Gemeinde-

beschluß vom 9. April 1916 die Schule

geschlossen. Der k.k. Bezirksschulrat bil-

ligte zwar dieses Vorgehen durchaus

nicht, gab aber dem erneuten Bitten

u. Ansuchen der Gemeinde nach u. so

blieb die Schule geschlossen. Für die

Erstbeichtenden wurde vor Pfingsten

Wiederholungsunterricht u. die Festes-

feier der Ersten hl. Kommunion auf

Pfingsten verlegt.

Vom 30. April bis 7. Mai sollte über An-

ordnung der „Roten Kreuz Gesellschaft“

eine allgemeine Sammlung in ganz Öster-

reich-Ungarn stattfinden. Diese Samm-

lung sollte die Geldmittel, die durch die

lange Kriegsdauer ziemlich erschöpft

waren, wieder stärken. Zu diesem Zwecke

sollten die Schulkinder ... [gekürzt] Mit-

glieder für das „Rote Kreuz“ u. milde

Spenden sammeln. Aber infolge des vor-

zeitigen Schulschlusses in Virgen mußte

man von einer derartigen Sammlung ab-

sehen. ... [gekürzt] Die 2. Woll- und Kaut-

schuksammlung ergab nichts, da erst vor

einigen Wochen von zwei Händlern alles

derartige zusammengekauft wurde. Ebenso

ergab die Goldeinsammlung nichts, da die

Leute nichts haben. Das Jahr 1916 war

kein Flugjahr der Maikäfer, daher unter-

blieb diese Einsammlung ganz.

Im Mai 1916 war die Offensive in Ita-

lien glücklich; unsere Truppen unter

Führung unseres erlauchten Thronfol-

gers kamen auf ital. Boden. Doch bald

mußten die Truppen von hier wegge-

nommen werden, um dem östl. Feind

entschieden entgegen treten zu können.

Innichen u. Toblach wurden in den

Sommermonaten von den ital. Ge-

schossen hart mitgenommen. Viele

Leute mußten ihr geliebtes Heim verlas-

sen, um ihr Leben zu retten. Viele Ge-

bäude wurden arg zugerichtet, wenn

nicht ganz zerstört. Besonders abgesehen

hatte es der Feind auf die Bahnstrecke u.

Bahnhöfe, doch es gelang ihn nicht, an-

dauernde Störungen im Verkehr zu brin-

gen. Freilich bei Tag war die Bahnfahrt

fast eingestellt, aber Nachts verkehrten

regelmäßig die Züge. Mit Bewilligung

der k.k. Bezirkshauptmannschaft war

auch der Privatverkehr zulässig. Die

Züge kamen unbehelligt durch. Der ge-

fährlichste Teil der Pustertaler Linie

(v. Vierschach – Bruneck) wurden sämt-

liche Lichter ausgelöscht. In Innichen

Virgen im Ersten Weltkrieg

1916/17: Standschützen des Bataillons Lienz beimGottesdienst auf dem Cercen-Pass (Presanella-Gruppe, 3022 Meter Seehöhe)

Bildnachweis: Fotograf: Franz Schneeberger; Sammlung Stadtgemeinde Lienz, Archiv Museum Schloss Bruck - TAP