Previous Page  81 / 84 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 81 / 84 Next Page
Page Background

FODN - 69/02/2018

81

EPILOG

bei weitem nicht die einzigen, deren

Dialekt punktgenau eine Sache, ja gar

eine ganze Sachlage beschreibt! Leider

fallen mir in anderen Sprachen nur Aus-

drücke aus meiner Zeit in der Seefahrt

ein und sind daher überwiegend nicht

anständig genug um abgedruckt zu wer-

den. Wahrscheinlich ist meine heutige

Erörterung für die meisten von euch ge-

nau keine Erörterung wert und der Le-

serkreis wird sich wahrscheinlich schon

geschlechterspezifisch ungleich geteilt

haben, aber seit ich in Osttirol bin, ist

einfach die Konfrontation mit für mich

Atypischen Wörtern schon oft zum

Stolperstein geworden, und nicht nur

ich, auch so manch anderer Zugeraste

erzählte mir schon diverse Geschichten,

so heißt beispielsweise „ Auto onkehr´n“

keinesfalls es umzudrehen, sondern nur

den Motor anzulassen (für alle Leser,

die es auch nicht wussten

) und je-

mandem auf die Achsel zu klopfen bitte

sehr heißt nicht von unten nach oben in

die Beuge zwischen Brust und Oberarm

zu schlagen, nein, man braucht dem an-

deren gerade nur auf die Schulter klop-

fen! Ja so einfach, was? Auch meine

notorische Unpünktlichkeit führe ich

auf diverse Kommunikationsschwierig-

keiten zurück, viertel über… und viertel

vor… das ist einfach zuviel Verwirrung

für mich, in meinem Universum kann

eine Stunde zu viertel, zu halb und zu

dreiviertel voll sein.

Für meine Tochter hingegen sind

Zeiteinteilungen ohnehin noch in größe-

re Maßeinheiten unterteilt, wie oft man

für welches Ereignis noch zu schlafen

hat und ob eine Viertelstunde Flügel-

horn üben gleich lang ist wie eine Vier-

telstunde Baumhaus spielen („Jaaa, ist

gleich lang“ -„Warum ist dann die im

Baumhaus schneller fertig?“) aber dafür

nimmt sie es bei der Mengen- und Far-

benlehre etwas genauer, denn bei den

Gummibären tut sich schließlich men-

genmäßig ein gewaltiger Interpretati-

onsspielraum auf wenn es darum geht,

dem Papa der nach 5 Rosaroten gefragt

hat zu entgegnen; „Meinst du 5 von de-

nen in Beere und in Pink insgesamt oder

je-e?“ Leider kann ich jetzt den Tonfall

nicht in Worte fassen, denn genauso

wenig wie Geruchsfernsehen gibt es

Tonschrift, aber dass der Papa jeweils 5

also in Summe dann doch 10 Gummi-

beeren auf einmal erhalten soll, klingt

schon als sehr ungläubige Schwingung

in ihrer Gegenfrage mit. (´Wirklich 10

von diesen äußerst ungesunden Teilen,

Papa´??? ´Kann dein Gewissen das mit

sich vereinbaren? ´)

Nun ja, wenn es euch interessierte,

es konnte! Aber ich bin wieder abge-

schweift- jetzt hab ich eine ganze Men-

ge über Wörter und Ausdrücke philo-

sophiert und wer sorgfältig den Titel

gelesen hat, fragt sich nach all dem Ge-

schwafel immer noch wo denn jetzt die

groß angekündigte Erkenntnis bleibt!

Als die Sache ist die, dass egal welchen

Namen ich dem Kind gebe, am Ende ist

es doch immer das erste Gefühl dass ich

damit verbinde und es entscheidet (bei

den meisten zumindest) allein dieses,

ob ich dem positiv oder verhalten ge-

genüberstehe. So wie dem Herbst zum

Beispiel, der klingt golden und friedlich,

nach Kirchtag und Vogelbeeren, nach

Suppe und Linzer Schnitte und schon

ein bisschen nach Flanellbettwäsche –

für mich. Für manch andere, die in ihm

den Räuber des Sommers sehen fühlt er

sich nasskühl und nach Schneewind an,

er riecht dann nach modrigem Laub und

altem Kuhdreck in den Bergschuhen

und Wörter wie „Schule“ und „Pflicht“

hängen wie Kletten an ihm. Aber die

Erkenntnis ist die, dass ein Wort immer

mehr als nur einem Gefühl Ausdruck

schuldet und unser Zugang allein ent-

scheidet wie wichtig etwas ist und nicht

wie wichtig es klingt!

Willkommen im Herbst und danke,

dass ihr meinen Schmarren immer noch

lest!