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Stefan Mayr und die Luggiser Leute
März 2017
Stefan Mayr und die Luggiser Leute
Bei den Nachforschungen über Tho-
mas Mayr, Baumeister der Tristacher
Kirche, rückte kurzzeitig auch ein Stefan
Mayr ins Bild. Diese Spur erwies sich als
falsch, der Stefan Mayr aber als eine in-
teressante Persönlichkeit.
Ein echter Tausendsassa war Stefan
Mayr. Er wurde am 30. August 1840 in
Dienten im Pongau geboren. Als Fünfzig-
jähriger erwarb er das vorher oft den Be-
sitzer wechselnde „Luggissagut“, das in
Urkunden auch Lukasser oder Luggeser
genannt wird.
1894 heiratete er die 44jährige Ro-
sina Bachmann vom Flatscher.
Aus seinem Nachlass gibt es heute
noch Dinge, die auf ein bewegtes Le-
ben hindeuten. Er war nicht nur Bauer,
sondern vermutlich auch Tischler oder
Zimmermann. Davon geben eine um-
fangreiche Sammlung von Werkzeugen
mit seinem Monogramm Zeugnis, vor
allem Hobel in jeder Größe. Er mag auch
großen Wert auf schöne Dinge gelegt ha-
ben: eine lederne Brieftasche, reich be-
stickt, lässt das vermuten. Er kam „gel-
dig“ nach Tristach.
Um die vorige Jahrhundertwende,
als die großen Pilgerreisen der Tiroler
ins Heilige Land einen Höhepunkt er-
reichten, schloss sich Stefan Mayr im
Oktober 1901 einer solchen dreiwöchi-
gen Reise an. Allerdings war er nicht der
erste Tristacher, der eine Wallfahrt nach
Palästina unternommen hat. Der Lehrer
Johann Oberhuber, der Großvater unse-
res Organisten Klaus war schon 1898
im Hl. Land gewesen. Diese Wallfahrten
waren minuziös vorbereitet und bestens
organisiert. Je Reise waren mindestens
400 Teilnehmer gemeldet, überwiegend
Tiroler und Vorarlberger, aber auch Per-
sonen aus anderen Bundesländern und
aus München, Wien, Leipzig usw.
Pater Melchior Lechner, ein Franzis-
kaner beschreibt die Reisen vom Sep-
tember und Oktober 1901 bis ins kleins-
te Detail. Der Pilgerzug startete in Brixen.
Durch das Pustertal und das Drautal bis
zum Kärntnertor hatten Wallfahrer die
Möglichkeit zuzusteigen. Entlang der
Strecke wurden die Pilger begeistert
begrüßt. An den Bahnhöfen sammelten
sich Leute, jubelten den Wallfahrern zu
und gaben gute Wünsche mit, Musik
und Böllerschüsse begleiteten den Zug.
Abfaltersbach tat sich besonders hervor.
Der Bahnhof war verziert, die Häuser
beflaggt und „durch die Lüfte mischte
sich zitterndes Glockengeläute“.
Die Fahrt ging über Villach und Tar-
vis nach Triest und mit dem Schiff in
fünf Tagen nach Jaffa.
Der Pusterthaler Bote vom 4. Ok-
tober 1901 veröffentlichte eine Liste
der 100 Teilnehmer aus dem Pustertal.
Auch Matreier, Deferegger, Villgrater und
Tilliacher werden großzügig zum Puster-
tal gezählt. Die Pilger kamen aus allen
Gesellschaftsschichten. Unter den 100
„Pustertalern“ befanden sich ein Dekan,
zwei Pfarrer, zwei Patres, acht Coope-
ratoren, Schuster und Schneidermeister,
Buchhalter, Gemeindesekretäre, Bauern,
Wirte, Taglöhner und auffallend viele
Knechte. Das mag verwundern. Die Pil-
gerliteratur gibt auch darüber Auskunft:
So mancher Knecht, ledig und ohne
Nachkommen mag sein ganzes Erspar-
tes für diese Reise eingesetzt haben,
andere wurden von ihrem Bauern ge-
sponsert. (Wenn er so viele Jahre Arbeit,
Freud und Leid mit mir geteilt hat, soll er
jetzt auch das Glück haben, mit mir ins
Hl. Land zu ziehen.)
Erstaunlich liest sich auch die Ver-
pflegung der Pilger auf dem Schiff. Auf
der Corniolia, dem Schiff mit dem Ste-
fan Mayr reiste, waren zwei Ställe für
Öchslein, auf der Amphititre, dem Schiff
mit dem Oberhuber reiste, waren vier
Sterbebildchen
Das Werkzeug von Stefan Mayr
Die „berühmte“ Geldtasche