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Am 2.1.1926 kam
Josef Niederwieser
beim Gartler in
Oberassling als zwei-
tes von acht Kindern
zur Welt. Von seinen
Geschwistern verlor
er drei im Kindesal-
ter. Sein älterer Bru-
der Lois verstarb mit
12 Jahren nach einer
Blinddarmoperation,
sein jüngerer Bruder
folgte ihm mit sechs
Jahren und eine klei-
ne Schwester starb
bereits im Säuglingsalter. Inzwischen sind auch seine Schwe-
ster Paula und heuer im Frühjahr seine Schwester Antonia von
Gott heimberufen worden.
Als Sepp 12 Jahre alt war, begann der zweite Weltkrieg und
sein Vater Josef musste einrücken. Damit begann eine schwe-
re Zeit zu Gartler, wo seine Mutter Anna mit dem Hof und den
kleinen Kindern zurechtzukommen musste. Und weil im gan-
zen Dorf die Männer fehlten, wurden auch dem jungen Sepp
schon verantwortungsvolle Aufgaben übertragen. Man ver-
traute dem Schulkind große Geldbeträge an, die er von einem
Ort zum andern brachte oder ließ ihn Nachrichten bis Bann-
berg oder Kristein übermitteln. Das prägte ihn zu dem gewis-
senhaften, verantwortungsbewussten Menschen, als den man
ihn kannte.
Endlich durfte Vater Josef 1944 aus dem Krieg heimkehren,
dafür bekam der erst 17-jährige Sepp die Einberufung.
Für den jungen Mann war das ein großes Erlebnis, er erzählte
gern von seiner Ausbildungszeit in Kärnten und seinen ersten
Einsätzen in Slowenien. Von den Leuten und den Dörfern
dort, die ihm genauso vorkamen, wie unsere auch. Gegen
Kriegsende wurde er nach Deutschland versetzt, wo er
schließlich von den Engländern gefangen genommen wurde.
Er wurde von ihnen aber besonders freundlich behandelt, weil
er so zart und schmächtig war, dass sie ihn für einen Schulbu-
ben hielten.
Zwei Jahre blieb er in Gefangenschaft. In dieser Zeit war er
einer Kohlemine in Belgien zugeteilt. Auch hier verdankte er
seiner schmalen Statur, dass er nicht die schwere Arbeit des
Hauers machen musste, sondern die Förderanlage bedienen
durfte. Immer wenn er die 1000 m in die Tiefe zu seiner
Arbeitsstelle fuhr, stellte er sich vor, es wäre ein Schacht, der
innen vom „Feuer am Bichl“ nach Thal ginge. Nach Ablauf
der Zeit, stellte man ihm frei, ob er bleiben oder lieber wieder
nach Hause wollte, und natürlich wählte er 1947 die Heim-
fahrt.
Er arbeitet wieder am elterlichen Hof, doch ein Jahr später
erkrankte sein Vater Josef und starb im Alter von 52 Jahren.
Mit nur 22 Jahren war Sepp nun der Familienerhalter. Gewis-
senhaft trug er diese Verantwortung und bemühte sich, seine
Familie zu ernähren. Die Erträge des kleinen Hofes reichten
dafür nicht aus, deshalb war er abwechselnd bei der Waldge-
nossenschaft Assling, dem Stadtamt Lienz als Forstarbeiter
und dem E-Werk Assling beschäftigt. Dann arbeitete er im
Sägewerk Theurl in Thal. Während dieser Zeit hatte er auch
manchmal im Haus des Peter Theurl zu tun, wo er Maria Weis
kennenlernte, die dort Hausangestellte war.
1954 heiratete er sein Moidele und nach und nach kamen sie-
ben Kinder zur Welt. Um für alle sorgen zu können, arbeitete
Sepp weiterhin bei verschiedenen Firmen, wie der Firma
Unterweger zum Latschenhacken, beim Stadtamt Lienz als
Forstarbeiter, beim Elektrowerk Assling, bei der Transalpinen
Ölleitung in Fragant und als Wegbauarbeiter bei der Gemein-
de Assling. Im Winter ging er stempeln, um die Zeit daheim in
der Landwirtschaft zu nutzen. Seinen Kindern ermöglichte er
eine gute Ausbildung, und er war stolz auf ihre schulischen
und auch sportlichen Erfolge. Als begeisterer Schifahrer sah er
ihnen gerne bei Schirennen zu und freute sich natürlich über
ihre Siege.
Als er 1986 in Pension ging, setzte er sich noch lange nicht zur
Ruhe. Jetzt hatte er Zeit, Quellen zu fassen und Wege anzule-
gen. Man bat ihn gern um Hilfe, weil er auf diesen Gebieten
Fachmann war. Auch als Milchmesser war er unterwegs, und
so hat er wohl in fast jedem Haus von Bannberg bis Kristein
einmal zu tun gehabt und jedem war der „Gartl Sepp“ ein
Begriff, entweder auf seinem Rapid-Schlepper unterwegs, mit
Pickel und Schaufel oder Sense, immer ein Schildkapperl über
seinem sonnengebräunten Gesicht und immer für ein Rat-
scherle zu haben.
Ein schwerer Schlag für ihn war, als seine Frau Moidele 1988
allzufrüh verstarb. Da freute ihn die Landwirtschaft nicht mehr
und er verkaufte seine Kühe und verpachtete das Feld. Nur der
Wald und das Holzmachen blieben seine Leidenschaft.
Pflichterfüllung und Gemeinschaft waren seine großen Werte.
Er war langjähriges Mitglied, später Kommandant der Feuer-
wehr Assling, hatte verschiedene Funktionen in den Agrar-
und Weggemeinschaften sowie dem Elektrowerk inne und
übernahm des Weiteren die Organisation der Grundzu-
sammenlegung und Entwässerung der Felder in Oberassling,
wo er auch tatkräftig Hand anlegte.
So wie werktags die Arbeit liebe Pflicht für ihn war, war ihm
der Sonntag heilig. Er legte großen Wert auf ein gepflegtes
Äußeres, zur Messe ging er nie ohne Krawatte. Anschließend
gehörte der Besuch beim Trojer zu seinen sonntäglichen
Gewohnheiten, ein Glasl Bier und seine Stammtischrunde, in
der über Gott und die Welt und vor allem über Politik disku-
tiert wurde.
Erst in den letzten Jahren wurde er ruhiger, die Last des Alters
machte sich bemerkbar. Doch immer noch war ihm ein geord-
neter Tagesablauf wichtig. Am Vormittag musste er seine
Tageszeitungen lesen und sich immer auf dem aktuellen Stand
halten, am Nachmittag machte er täglich seinen Spaziergang
durchs Dorf bis zum Platzl-Acker. Und immer freute er sich,
wenn er jemanden zum Reden fand.
So behalten wir ihn in Erinnerung, als einen Menschen, der
immer bemüht war, alles in Ordnung zu halten und zu tun, was
zu tun war. Und als er seine letzte große Reise antrat, verab-
schiedete er sich von der Welt mit den Worten: „Hez geh i,
und vergelt`s Gott für alles“.
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12/2016
Gedenken an Josef Niederwieser „Gartl Sepp“