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44

I

Österreich vor 70 Jahren

Beschuss Feuer fingen und sich die

Flammen ausbreiteten, war der Talkessel

tagelang in dichte, schwarze Rauchwol-

ken gehüllt.

Obwohl Lienz im Dritten Reich weder

industriell noch in anderer Weise eine

größere Rolle gespielt hat, wurde es zum

„Gelegenheitsziel“ für Luftangriffe (so

steht‘s in US-Dokumenten). Am 19.

April warfen 68 Bomber ca. 150 Tonnen

Sprengstoff über dem Bahnhof ab – wie-

viel von ihm noch stehen blieb, zeigt das

Foto. Gleichzeitig brannte etwa ein Drit-

tel des Baumbestandes auf dem Rauch-

kofel nieder.

Eine Woche später (26. April) griffen 30

amerikanische Flugzeuge die Stadt an,

wodurch der Hauptplatz („Adolf-Hitler-

Platz“) und der Johannesplatz (damals:

Platz der Saarpfalz) arg in Mitleiden-

schaft gezogen wurden.

In Lienz waren 19 Häuser total zerstört,

etwa 70 trugen schwere bis „mittlere“

Schäden davon. Es gab 15 Tote zu be-

klagen, 13 starben in den einstürzenden

Bauten, 2 durch den Beschuss von Tief-

fliegern.

Um die Zahl der Bombenopfer zu ver-

vollständigen (im gesamten Bezirk 18),

muss der schreckliche Unfall in Kals am

Grgl. erwähnt werden – dort wurden am

20. Jänner drei Kinder auf dem Schul-

weg durch einen Notabwurf getötet.

Italien-Armee:

Nach der Kapitulation

zogen Ende April/Anfang Mai viele

deutsche Einheiten durch das Pustertal,

aber auch über den Staller Sattel in Rich-

tung Heimat. Es gab Einbrüche und

Plünderungen. Als SS-Verbände im

Iseltal auftauchten, entstanden die wil-

desten Gerüchte, dass hier versteckte

„Werwolf-Truppen“ Widerstand gegen

die Engländer leisten, also einen Partisa-

nenkrieg führen sollten.

Zum Glück nur Gerüchte, denn hätte

die Absicht tatsächlich bestanden, wäre

auch unsere Gegend zum Kampfgebiet

geworden.

8. Mai:

Als am Nachmittag Teile einer

britischen Brigade Lienz besetzten, war

von den einstigen Machthabern nichts

mehr zu sehen – ausgenommen die

Asche der verbrannten Unterlagen und

Dokumente in den Öfen ihrer Quar-

tiere.

Kosaken:

Jetzt nur die „Vorgeschichte“;

welche Umstände zur Tragödie führten,

wird in der Herbstausgabe dargelegt.

„Kosaken“ bedeutet in etwa „freie Krie-

ger“. Die Bezeichnung steht also nicht

für eine geschlossene Volksgruppe, son-

dern für Siedlungsgemeinschaften, die

vor allem an den großen Flüssen im

Süden Russlands und der Ukraine lebten

(Don, Wolga etc.).

In dem Namen ist ebenso enthalten,

dass sie von jeher kampfbereit sein muss-

ten. Nicht alle, doch die meisten Kosa-

kengruppen waren den jeweiligen Zaren

treu verbunden und gerieten deshalb

nach der Russischen Revolution (1917)

in den Gegensatz zum neuen, kommu-

nistischen Regime. Schon Lenin, beson-

ders aber Stalin, ließ sie als „Anti-Bol-

schewiki“ verfolgen und massenhaft hin-

Auf dem Lienzer Hauptplatz musste nach dem 26. April viel Schutt weggeräumt werden.