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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
12. MÄRZ 2018
CHRONIK
Bei der Ab Hof-Fachmesse in Wieselburg (NÖ) wurden die Aus-
zeichnungen „Speck-Kaiser“ und „Goldenes Stamperl“ vergeben.
Helmut Walter holte dabei in der Kategorie „Schinkenspeck ge-
räuchert“ einen „Speck-Kaiser“ nach Obervellach, Gabriela und
Erich Rohrer aus Lind erhielten diese Auszeichnung für ihren
„Seitenspeck“ in der Kategorie „Sonstige Rohpökel-Spezialitäten
vom Schwein“.
Bergbauernwelten im raschen Wandel
Arbeit und Leben der Bergbauern: Das war das große Thema für Erika Hubatschek
(1917-2010) und das ist auch ein ganz großes Thema ihrer Tochter, Irmtraud Hubatschek.
Mutter Erika trug als Fotogra-
fin und Volkskundlerin seit 1939
Tausende von Fotos aus der Welt
der Bergbauern zusammen und
schuf damit ein überaus wert-
volles Kulturdokument einer
entschwundenen Zeit. Irmtraud
hat sich nach ihrem Musikstudi-
um am Mozarteum für eine viel-
seitige künstlerische Tätigkeit
entschieden, sie ist Fotografin,
Filmemacherin, Schriftstellerin
und Verlegerin (Edition Hubat-
schek). Sie hat das große impo-
sante Werk ihrer Mutter fortge-
führt und auf kreative Weise er-
gänzt und bereichert. Auch ihr
zuzuhören ist eine große Freude.
Ihre Vorträge, so lebhaft wie in-
formativ, sind ein Genuss. Bilder
von einst, von ihrer Mutter foto-
grafiert, und ihre eigenen Bilder
hat sie in ihrem 364 Seiten
starken Buch „Auf den zweiten
Blick - Kärnten“ gegenüberge-
stellt. Der Leser wird darin von
Menschen, Höfen und Land-
schaften im Wandel gefangen
genommen. Es sind Bilder, die
Nähe, Unmittelbarkeit und
Menschlichkeit vermitteln, hin-
zu kommen Zeitzeugen-Inter-
views. Eine Reise durch die
Zeiten bietet auch das 232 Sei-
ten umfassende und ebenfalls
großformatige Bilder- und Lese-
buch „Das Lesachtal – Auf den
zweiten Blick“. Fotografien, die
Erika Hubatschek anno 1937
und zwischen 1959 und 1961
gemacht hat gemacht hat, einige
stammen sogar von 1940, sind
mit solchen, die Irmtraud Hubat-
schek zwischen 1999 und 2006,
2015 und 2017 von genau den
selben Motiven und Landschaf-
ten aufgenommen hat, gegen
übergestellt, hinzu kommen
Kurztexte von Zeitzeugen und
markanten sowie innovativen
Personen. Das eindrucksvolle
Buch macht deutlich, wie rasch
und grundlegend sich die alpine
Kulturlandschaft und mit ihr die
Lebensweise in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts ver-
ändert haben, wenngleich gerade
im Lesachtal diese Veränderung
mit Verzögerung und dadurch
ein wenig „langsamer“ als sonst-
wo erfolgt ist.
Unterschiedliche Kulturen
Hubatschek hatte so viel Ma-
terial über das Tal und eine
große Lust weiterzuarbeiten, da
sie so viele interessante Men-
schen kennenlernen konnte. Das
Lesachtal ist für sie als Autorin
und Fotografin etwas sehr Be-
sonderes, denn hier treffen un-
terschiedliche Kulturen zusam-
men (Südtirol/Osttirol/Kärnten),
so dass das Tal ein „tirolerisches
Kärnten“ oder ein „kärntne-
risches Tirol“ zu sein scheint.
Sie hat sich hier sehr wohl ge-
fühlt, ja sich ins Tal „verliebt“.
Wie Hubatschek erwähnt, hat sie
im Archiv ihrer Mutter eine
Sammlung von knapp 300 Fotos
des Lesachtals, vorgefunden,
was ihr diese Arbeit ermöglicht
hat. hat. „Im Lesachtal war es
besonders einfach für mich zu
arbeiten, nicht nur, weil man auf
den Bildern auf Grund der Berge
sehr gut sieht, wo es seinerzeit
aufgenommen ist, sondern auch
weil sich die Leut‘ vor Ort gut
auskennen, ihre Gegend kennen,
und ausgesprochen kooperativ
und hilfsbereit sind. Dann
macht’s besonders Freude, dort
zu arbeiten.“ Erst einmal musste
sie als Innsbruckerin (geboren
1960 in Klagenfurt) das Tal
gründlich kennenlernen. Kleine
Anekdote dazu: Als sie erst wie-
der im Sommer 2015 im Tal war
und sich eben noch überhaupt
nicht auskannte, hatte sie das
große Glück, dass ein Bauer, den
sie zufällig im Wirtshaus gese-
hen hatte, sein Mahdhüttl oben
auf der Mussen spontan ange
boten hat, fürs Wochenende hat
sie den Schlüssel bekommen.
Aber es herrschte Sauwetter, sie
war noch nie dort droben, und
wegen Nebels fand sie die kleine
Hütte nicht gleich. Schließlich
konnte sie dann dort doch ein
gutes Arbeitswochenende ver-
bringen und das Tal studieren.
Pseudotraditionell
Hubatschek meint, dass bei-
spielsweise Frauen, die von weit-
her kommen und hier einheira-
ten, auch eine wichtige Öffnung
bewirken können. Damit ginge
eine Öffnung ohne Verlust posi-
tiver Traditionen einher. Bei
Häusern etwa wäre es nicht
schön, einfach nur Fassaden den
früheren nachzubilden. Sie findet
es besser, Modernes zu präsen-
tieren und traditionelle Elemente
gut zu integrieren. Also lieber
modern als pseudotraditionell
bauen, weil das ehrlicher sei, so
Hubatschek, die damit auch dazu
plädiert, den Blick stets über den
eigenen Tellerrand zu heben.
Ihre Bücher sind sehr wichtige,
sehr ansprechende Dokumente
und auch solche, die etwas weh-
tun, weil vieles nicht mehr da ist,
auch altes Wissen ging verloren.
Hubatschek sieht sich als „Chro-
nistin", als jemand, der mit offe-
nen Augen und riesigem Interes-
se unterwegs ist und darüber
Aufzeichnungen macht. Fachlich
vorbelastet? Ganz klar, war ihre
Mutter Geografin, Fotografin,
Volkskundlerin und ihr Vater Ar-
chitekt. „Ich will auch solchen
Menschen eine Stimme geben,
die sonst nicht so gehört werden,
beispielsweise die eine oder an-
dere Bäuerin, die etwas abseits
leben und arbeiten.“
Ihr Interesse, ihr Einfühlungs-
vermögen, ihre künstlerischen
Begabungen sind enorm: sie
möchte möglichst viel von dieser
„alten Welt“, die ihr ja auch
noch von Kindesbeinen an ver-
traut ist, erfahren, wissen und er-
leben. Und, last not least bedeu-
tet es für sie eine ungeheure Be-
reicherung, solchen Menschen zu
begegnen, ihr Vertrauen zu ge-
winnen, und auch ihr „Sprach-
rohr“ sein zu dürfen. Das unter-
streichen auch ihre Werke, die
in der Edition Hubatschek (wel-
come@edition-hubatschek.at)
www.edition-hubatschek.atin
Innsbruck erschienen sind. Da
gibt es viele sehr interessante
Bücher, etwa über Mutter „Erika
Hubatschek – Ein Porträt im
Spiegel“, „Bauernwerk in den
Bergen“, „Auf den zweiten
Blick“ „Auf den zweiten Blick –
Kärnten“, „Das Lesachtal – Auf
den zweiten Blick“, „Vom Leben
am Steilhang“, „Bergbauern im
Stubai“, „Die Insel der Hirten“
(Korsika), u.a.m.
Karl Brunner
Irmtraud Hubatschek, sehr engagierte Autorin, Fotografin und Ver-
legerin, hatte zu Ehren ihrer verdienstvollen Mutter Erika die Erika-
Hubatschek-Ausstellung 2017 anlässlich des 100. Geburtstages in
der Innbrucker Hofburg kuratiert.
Foto: Joel Jenin