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Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

Pfarre

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Nummer 61 - Dezember

Die „Grüftlmutter“

Den früheren Generationen

war unsere kleine Gruftkapel-

le zur „Schmerzhaften Mut-

tergottes“ unter dieser Be-

zeichnung noch bekannt. Es

handelt sich dabei um die Ka-

pelle am Eingang zum Fried-

hof. Die Pfarrkirche zum Hl.

Bartholomäus in Grafendorf

wird erstmals 1411 erwähnt.

Auf dem Boden vom „Grüftl“

liegt unser ältester Grabstein

(Grabplatte). Seine Inschrift

lautet: „hie ligt pegraben

christof krell, anbman zue

graffendorf 1548“ und wur-

de den Schulanfängern als

„erstes Grab“ in unserem

Friedhof genannt. Besonders

beeindruckt hat uns die Le-

gende, dass von dieser Ka-

pelle aus ein unterirdischer

Gang zum Schloss Bruck ge-

führt hätte, in dem allerhand

geheimnisvolle Dinge pas-

siert und transportiert worden

sein sollen. Dieses G’schichtl

rief immer einen gewissen

Schauer hervor, da waren der

Schutz und die Anwesenheit

der „Grüftlmutter“ schon

beruhigender. Das heutige

Aussehen erhielt die Kapelle

im Laufe der Kirchenreno-

vierung in den 60er Jahren,

wobei ein Seitenaltar aus der

Kirche in die Kapelle ge-

bracht wurde, über dem sich

das Bild der „Schmerzhaften

Muttergottes“ befindet.

Ich kann mich erinnern, dass

bis zu dieser Renovierung

auch links und rechts eine

Reihe an Kniebänken (für je-

weils eine Person!) gestanden

hat, im Grüftl auch öfters eine

Hl. Messe gelesen wurde, be-

sonders wenn alle drei Altäre

in der Kirche durch „Messe-

lesende“ Priester „besetzt“

waren - ja, auch das gab es

noch in den 50er und 60er

Jahren - und dass dieser geist-

liche Ort so etwas wie einen

„Wallfahrtscharakter“ auf-

wies. Durch die Erzählungen

meiner Großtanten und deren

zahlreiche

Bekanntschaf-

ten im kirchlichen Umfeld

weiß ich um die Bedeutung

der Kapelle, besonders in

den Wirren der beiden Welt-

kriege. Wo ging „frau“ hin,

mit den Anliegen und Sorgen,

wissend um Mann und Söh-

ne im Feld, nicht wissend ob

man sie wiedersehen wird?

Der „Schmerzhaften Mutter“

wurden die Nöte und Ängste

anvertraut, bittend, vertrau-

end, hoffend und wohl auch

Wunder erwartend.

Ja, und es gab sie, die größe-

ren und kleineren „Wunder“,

als Gebetserhörungen in gro-

ßer Dankbarkeit und öfters

auch in ungläubigem Staunen

weitererzählt. Ein Zeitdoku-

ment stellt ein Brief von Pfr.

Josef Koller an den „Herrn

Gefreiten Peter Duregger

Fpm. 40, 395“ vom 12. XII.

42 dar, in dem die Frage nach

dem Befinden der „Gorele-

Brüder“ beantwortet wird. In

mehreren Briefen ist von An-

dachten zur „Grüftlmutter“

für unsere Soldaten die Rede,

es hätten solche bereits auch

von den Ortspfarrern in der

Zeit des 1. Weltkrieges gehal-

ten worden sein. Besonders

wenn wieder die Kunde von

einem „Gefallenen“ das Dorf

erreichte, fanden die betrof-

fenen Angehörigen Trost und

Ermutigung durch das ge-

meinsame Gebet im „Grüftl“.

Die „Freimann Ann“ erzählte

oft, dass besonders Pfarrer

Johann Burger sich der Sor-

gen und Anliegen der Frauen

und Mütter angenommen hat,

immer wieder Andachten zu

bestimmten Heiligen und an

besonderen Gedenktagen (z.

B. der „Schmerzfreitig“/Frei-

tag vor dem Palmsonntag!)

stattgefunden hätten, an de-

nen vor allem die Schulkinder

zur Teilnahme aufgefordert

waren („Kindergebet dringt

durch die Wolken“ - sei seine

„Botschaft“ gewesen).

Und es ist wohl als gelun-

genes „Timing“ anzusehen,

dass im Laufe des Sommers

2018

die gründliche

Sanie-

rung der Gruftkapelle

in

Angriff genommen - und

durch viele Spenden der Be-

völkerung - auch abgeschlos-

Die „Kalser Liese“ Frau Elisabeth Mayr dürfte den Maler durch ihre herben „leiddurch-

wobenen“ Gesichtszüge beeindruckt haben, sodass er sie der Muttergottes verlieh. Wer die

„Schusterbäuerin“ Aloisia Klaunzer noch in Erinnerung hat und ihre Kinder Mathilde und

Gertraud sich als Kleinkinder vorstellt, wird die Gruppe vorne rechts als solche erkennen. Im

alten Mann dahinter hat sich der Künstler selbst gemalt. Das Bübl hinten unter dem Schutz-

mantel sei wohl - lt. Anton Webhofer - der „Schuster Bartl“, damals 11 Jahre alt, der kniende

Mann davor verkörpert den „Wachtlechner Peter“. Bei den Frauen an der linken Seite des

Bildes ist man sich über die „Vorbilder“ nicht ganz sicher; es waren damals auch Frauen im

„Dörfl“ tätig, die nicht ständig hier lebten, sondern den Familien in bestimmten Situationen

einfach zu Dienste waren (bei den „Lehrerfamilien“ z. B.) Im alten Mann mit dem „Hirten-

stab“ entdeckt man eindeutig das Wesen des Ortspfarrers Leonhard Wiedemayr.

Foto: Georg Webhofer